In Gedanken fabulierte ich schon darüber, dass im Fall der Liebfrauen-Pfarrei der Schwund wohl nicht nur die Gottesdienst-Besucher, sondern das Gotteshaus selbst erfasst hat. Dass dies allerdings ein großer Irrtum war, dafür brauchte es dann nicht vier Augen, die bekanntlich mehr sehen als zwei – es genügte schon der Blick mit einem einzigen Auge durch das Teleobjektiv: Während der kürzere Kreuzbalken mit einem Mond endet, reihen sich gegenüber drei Sterne aneinander; über allem thront die Sonne.

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Nun dokumentiert das kosmische Arrangement nicht etwa eine Schwäche der Waldshuter Katholiken für Astronomie; denn natürlich wissen die alle ganz genau, dass das Kreuz in Anlehnung an die Offenbarung des Johannes, Kapitel 12, geschmiedet worden ist. Dort heißt es unter Bezug auf die Gottesmutter: „Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt.“ Aber warum bringt es das Waldshuter Liebfrauen-Kreuz nur auf drei Sterne? Weshalb diese Bescheidenheit, wo sich doch schon viel kleinere Häuser als das Waldshuter Gotteshaus mit vier Sternen schmücken? Keiner konnt‘s mir sagen. Hoffen wir also auf Pfingsten, wo bekanntlich göttliche Erkenntnis in Form von Feuerzungen in die Menschen fahren soll. Ich tröste mich derweil mit Goethe: Wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt, der lasse sich begraben...