Sie bauen sich auf der Weide vor Kühen auf, zeigen immer die gleiche Choreographie und rennen irgendwann mit den Armen wedelnd auf die Tiere zu, die dann aufgeschreckt in alle Richtungen davonrennen. Dazu läuft der spanische Song „Kulikitaka“.
Solche Videos tauchten in den vergangenen Wochen immer wieder auf der Internet-Plattform TikTok auf. Sie sorgten für kontroverse Diskussionen und Fassungslosigkeit, denn von der Aktion geht sowohl für die Tiere als auch für die wagemutigen Tänzer eine erhebliche Gefahr aus.
Im Allgäu und in Österreich hatte die so genannte Challenge bereits teils tragische Konsequenzen. Landwirte warnten immer wieder vor den Folgen und davor, die Gefahr, die von panisch flüchtenden Kühen ausgeht, zu unterschätzen. Doch wie sieht es diesbezüglich in der Region aus?
Gefahr für Mensch und Tier beträchtlich
Am Hochrhein sei dieser Trend noch nicht angekommen, wie Oswald Tröndle, Kreisverbandsvorsitzender des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV) Waldshut, sagt. Ihm seien jedenfalls keine Fälle aus dem Landkreis Waldshut gemeldet worden.
Doch er weist auf die Gefahren einer solchen Aktion hin: „Die Leute müssen sich im Klaren sein, dass die Tiere sich auch wehren“, sagt der Landwirt aus Höchenschwand. „Ein Rind ist eigentlich ein Gemütstier, doch wenn es sich erschreckt, kann es durchaus auf Menschen zu rennen“, so Tröndle.
Der Landwirt verdeutlicht auch die Folgen für die Tiere. Demnach könne es etwa bei einer tragenden Kuh durchaus zu einer Fehlgeburt kommen. Doch jedes Tier reagiere unterschiedlich: „Das eine Tier rennt weg, das andere rennt auf einen zu.“
Keine Selfies mit den Kühen
Padraig Elsner, Pressesprecher des BLHV in Freiburg, kennt die Challenge, ihm sind aber auch keine Vorfälle in Südbaden bekannt. „Das ist eine selten dämliche Idee“, sagt er. „Es kann Leben kosten, das des Menschen, aber auch das der Tiere.“ Gerät eine Kuh in Panik, könne sie den Zaun auf jeden Fall durchbrechen und auf die Straße rennen und es könne zu einem Unfall kommen, so Elsner. Und dieser könnte dann noch weitere Menschenleben kosten, skizziert Elsner die weitreichenden nicht bedachten Folgen einer solchen Aktion.
Es brauche außerdem viel Erfahrung, um das Verhalten einer Kuh deuten zu können. Erst kürzlich habe der BLHV Hinweisschilder herausgebracht, auf denen unter anderem steht, dass man keine Selfies mit den Kühen machen soll.
Denn allein schon nah an Weidetiere heranzugehen, die wenig Kontakt mit Menschen haben, sei gefährlich. „Dann geht die Kuh in den Angriffsmodus über“, erklärt Elsner. Und auch, wenn sie eher ein ruhiges Gemüt hätte, wäre es gefährlich. „Denn bewegt eine Kuh mit Hörnern den Kopf schnell, kann das ein Auge kosten“, so Elsner.

Weiden dürfen in Deutschland wie auch in der Schweiz übrigens nicht betreten werden, es sei denn ein Wanderweg führt durch die Weide. Doch auch dann gelten klare Regeln.
Verärgerung auch in der Schweiz
Auch Sandra Helfenstein, Pressesprecherin des Schweizerischen Bauernverbands in Brugg hat bereits von der „Kulikitaka-Challenge“ gehört. Wie weit diese allerdings in der Schweiz verbreitet sei, könne sie nicht sagen. „Das ist Blödsinn und völlig leichtisinnig“, ärgert sie sich. „Es ist ein absolutes No-Go unschuldige Tiere zu erschrecken“, so Helfenstein weiter. Kühe, die sich bedroht fühlen, würden durchaus auch angreifen. „Man riskiert damit auch seine eigene Gesundheit“, so die Pressesprecherin.
Es sei aber auch eine große Gefahr für die Gesundheit der Tiere, die Angst bekämen. Fluchttiere wie Pferde – mit denen die Challenge übrigens auch durchgeführt wurde – würden weg rennen.
Immerhin: Inzwischen versucht das soziale Netzwerk TikTok dem lebensgefährlichen Trend Einhalt zu gebieten. Am Montag kündigte der Konzern an, dass entsprechende Videos systematisch gelöscht werden sollen. So soll der Spaß am gefährlichen Treiben auf den Weiden eingedämmt werden. Ob dies auch die erhoffte Wirkung zeigt, bleibt abzuwarten, denn andere Plattformen und Video-Dienste haben derartige Maßnahmen bisher noch nicht in Erwägung gezogen.