Bernhard Boll hat die Welt oft von weit oben gesehen. 22.000 Stunden verbrachte der pensionierte Berufspilot in der Luft und ist viel in der Welt herumgekommen. Auch heute noch zieht es ihn in ferne Länder, am liebsten nach Südamerika. Vor Ort macht der 69-Jährige Politik an der Basis, zunächst fünf Jahre als Vertreter der AfD im Gemeinderat von Waldshut-Tiengen, seit 2019 sitzt er für seine Partei im Waldshuter Kreistag.

Der studierte Maschinenbauingenieur, der wieder in seinem Geburtsort Aichen, einem Ortsteil von Waldshut-Tiengen, lebt, trat im Jahr 2013 in die AfD ein und hält seither das Fähnlein jener Partei im Landkreis Waldshut hoch, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Auf die Gründe für seine Kandidatur angesprochen, gibt er sich als Parteisoldat: „Der Wahlkreis muss besetzt sein.“ Gleichwohl mache er sich schon Hoffnung.

Um tatsächlich den Sprung in den Landtag zu schaffen, müsse seine Partei indes besser abschneiden, als noch vor fünf Jahren. Damals landete sie mit dem Wahlkreis 59 im Regierungsbezirk Freiburg auf Rang neun. „Dass wir dieses Mal nicht auf Platz neun landen, diese Hoffnung hege ich schon“, sagt er im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Denn reizen würde es ihn schon, aktiv Landespolitik zu machen – „sonst würde ich nicht antreten“.

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Der frühere Pilot hat dabei im Blick, wo die Schwachstellen in der Region liegen, wo die Politik ansetzen müsse. Bernhard Boll: „Wir haben einen enormen Rückstand was die Infrastruktur angeht.“ Dies gelte insbesondere für die Hochrhein-Autobahn, die Hochrhein-Bahn und eine zweite Rheinbrücke bei Waldshut-Tiengen. Dass die Bahnstrecke entlang des Rheins zwar elektrifiziert werde, der Streckenabschnitt zwischen Waldshut und Erzingen aber nicht zweigleisig ausgebaut werde, hält Boll für einen „Schildbürgerstreich“. Um den Ausbau des Schienennetzes voranzutreiben, fordert er, die CO2-Steuer gezielt für die Bahn zu nutzen. Denn: „Die Bahn muss funktionieren, dass sie akzeptiert wird.“

Das geplante Zentralkrankenhaus für den Landkreis Waldshut sieht er auf gutem Weg und sagt: „Ich habe hohes Vertrauen, dass die Sache läuft.“ Auch wenn das Backbone im Landkreis so gut wie fertiggestellt sei, „haben wir in Sachen Digitalisierung einen Nachholbedarf“. Das Gleiche gelte für die Bildungspolitik. Der Bildungspolitik der vergangenen Jahre stellt Boll ein schlechtes Zeugnis aus. Es habe zu viele Experimente gegeben, deshalb sei das Land im internationalen Pisa-Vergleich auch deutlich zurückgefallen.

„Ende der Ausgrenzeritis“

Der AfD-Kandidat, der sich selbst als Liberal-Konservativen bezeichnet, der 40 Jahre bei Wahlen der FDP seine Stimme gegeben habe, wünscht sich ein „Ende der Ausgrenzeritis“ seiner Partei. Auch wenn ihm klar sei, dass das Parteifreunde wie Bernd Höcke, Sprecher des rechtsnationalen Flügels, und der Kandidat aus dem Nachbarwahlkreis Freiburg das Gegenteil bewirkten. In Schutz nimmt Boll indes die, die einzelne Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie hinterfragen. „Nicht alle sind gleich Corona-Leugner.“ Grundsätzlich würde er sich zu diesem Thema „einen offeneren Diskurs“ wünschen. Zudem fehlten ihm Antworten auf die Frage „wo stehen wir, wenn alles vorbei ist?“.

Er empfiehlt auch zu einem Blick über den Tellerrand. Es imponiere ihm, was der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, mache. „Da ist mir die Parteibrille egal“, sagt Boll, der sich selbst impfen lassen möchte. Das Gleiche gilt für Bernhard Boll auch in Sachen Zuwanderung, die nicht „ungesteuert“ erfolgen dürfe, wie er eindringlich fordert: „Wir müssen uns die Leute aussuchen, die zu uns kommen.“

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