Mit 18 Jahren hat sich Selina Arnold (heute 30) schon in der Versicherungsbranche selbstständig gemacht. „Damals im Familienunternehmen mit meinen Eltern“, sagt die Inhaberin einer Signal-Iduna-Generalagentur im Kaitle. Doch 2023 verstarb ihr Vater Stefan Arnold an einer Krebserkrankung – und sie musste viel früher als erwartet auf eigenen Beinen stehen.

„Viele Zukunftsfragen musste ich mir bis dato nie stellen“, sagt Selina Arnold, „doch plötzlich Chefin zu sein, bringt nochmal ganz neue Herausforderungen mit sich!“ Als Mitglied der Wirtschaftsjunioren Hochrhein begann sie 2024 deshalb ein besonderes Angebot zu nutzen, „um mich persönlich und mein Unternehmen weiterzuentwickeln“, wie sie sagt.

Führungskräfte unterstützen den Nachwuchs

„MyMentor“ heißt das Mentorenprogramm der Wirtschaftsjunioren, bei dem erfahrene Führungskräfte (Mentoren) Nachwuchskräften (Mentees) kostenlos mit Rat und Tat zur Seite stehen. Und in Michael Fiechtner (39), Geschäftsführer der Dorow Clinic, fand Selina Arnold ihren Mentor. Fiechtner begann 2006 als Praktikant in der Waldshuter Zahn- und Schönheitsklinik, arbeitet sich mit Fleiß und Ehrgeiz immer ein Stückchen höher die Karriereleiter hinauf – und begleitete die Expansion in ganz Südbaden.

Heute ist der Wirtschaftsingenieur und Businessmanager als Geschäftsführer für alle mittlerweile acht Standorte mit rund 350 Mitarbeitenden zuständig. „Geschäftliches Wachstum und Personalgewinnung und -führung gehören sicher zu meinen Stärken“, sagt er, „dass Klinikgründer Andreas Dorow mir als mein Mentor stets viel zugetraut hat, hat mich stärker gemacht. Das möchte ich durch die Teilnahme am Mentorenprogramm weitergeben!“

Der Geschäftsführer weiß aus eigener Erfahrung: „In allen Menschen schlummert viel Potenzial – manchmal braucht es nur einen kleinen Funken von außen, um Möglichkeiten aufzuzeigen, Mut zu machen, und das gesamte Potenzial zu entfachen.“

Viele Hausaufgaben nach dem ersten Treffen

Bei einem Mittagessen haben sich Fiechtner und Arnold kennengelernt und sofort gemerkt, dass es menschlich passt. „Dann haben wir einen ganzen Tag lang intensiv gearbeitet, Zukunftsideen besprochen – und ich bekam ganz viele Hausaufgaben, um meine Wünsche, Ziele und Bedürfnisse mal ganz intensiv zu reflektieren“, erinnert sich Selina Arnold. Ihr großer Wunsch: „Meine Agentur durch mehrere spezialisierte Agenturpartner wachsen lassen!“ Obwohl ihr Vater diesen Zukunftsweg für die Agentur nicht gewählt hätte, weiß Selina Arnold heute: „Ich darf meinen eigenen Weg gehen!“

Mentoren-Duo: Michael Fiechtner (39), Geschäftsführer der Dorow Clinic, unterstützt Selina Arnold, Inhaberin der gleichnamigen ...
Mentoren-Duo: Michael Fiechtner (39), Geschäftsführer der Dorow Clinic, unterstützt Selina Arnold, Inhaberin der gleichnamigen Generalagentur für Versicherungsfragen, als Mentor. Beide profitieren vom Austausch – auf geschäftlicher und persönlicher Ebene. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Sowohl in Finanz-, Marketing- und Präsentations-Fragen als auch in persönlichen Angelegenheiten steht ihr Michael Fiechtner seither freundschaftlich beratend zur Seite. „Die Möglichkeit, jederzeit ungeniert Fragen stellen zu können, gibt mir viel mehr Selbstvertrauen. So fühle ich mich beispielsweise bei Social-Media-Posts zur Mitarbeiterfindung sicherer“, sagt sie.

Auch Chefs müssen auf sich achten

Und von Michael Fiechtner hat sie auch gelernt, dass sie ihre persönlichen Bedürfnisse trotz Selbstständigkeit und großer Verantwortung nicht vergessen darf: „Ich habe letztes Jahr zum ersten Mal nach fünf Jahren eine Woche Urlaub gemacht“, sagt Arnold, „das hat mir so viel Kraft gegeben, für neue Herausforderungen – und das möchte ich mir jetzt öfters gönnen, um eine bessere Chefin zu sein, die auf sich achtet!“

So ist das Mentorenprogramm enstanden

Initiatorinnen des MyMentor-Programms vor sechs Jahren waren Wirtschaftsjunioren-Mitglied Nicole Gut und Fördermitglied Monika Studinger. Sie ist überzeugt: „Wann immer Du Deine Erfahrungen teilst, verfestigst Du Dein Wissen und erweiterst Deine eigenen Erfahrungen.“ Sowohl auf der Ebene der Persönlichkeitsentwicklung als auch in Businessfragen sieht die Netzwerkerin aus Unteralpfen großen Potenzial in solchen Mentorenprogrammen, und zwar für alle Beteiligten.

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Auch der Mentor profitiert von dem Austausch

„Mentoren profitieren auch vom generationenübergreifenden Austausch, lernen ebenfalls andere Sichtweisen und Herangehensweisen kennenlernen“, sagt sie. Das sieht auch Michael Fiechtner so: „Selina Arnold ist etwas jünger, eine Frau, dazu komplett selbstständig in einer anderen Branche – die gemeinsame Arbeit hat auch mir viele neue Perspektiven auf Dinge gezeigt und ist sehr bereichernd“, sagt er, „zum Beispiel haben wir die Konkurrenzsituation in der Region nochmal ganz neu analysiert, weil Marktanalysen für Selina Arnold gerade ein Thema waren.“

Und als Fiechtner im vergangenen Jahr einen Ausbruch einer Autoimmunerkrankung hatte, hat ihm Arnold Mut gemacht: „Sie war schon in so jungen Jahren selbstständig, ist nach dem frühen Tod ihres Vaters wieder aufgestanden – dieser Mut und diese Kämpferinneneinstellung hat auch mir ganz viel Kraft gegeben, nicht den Kopf in den Sand zu stecken“, sagt er.

Weitere erfahrene Geschäftsleute davon überzeugen, dass sich ein Mentorenprogramm auch für den Mentor selbst lohnt, möchten einige gestandene Mentoren auf der Internetseite der Wirtschaftsjunioren: „Wer aufhört, besser zu werden, hat schon aufgehört gut zu sein“, schreibt dort etwa Timo Weber, geschäftsführender Gesellschafter bei Visco Jet Rührsysteme aus Küssaberg. Ein Tipp von Alexander Maas, Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Südwest lautet: „Immer neugierig bleiben und nie aufhören, Fragen zu stellen.“

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