Herr Weißenberger, wir trinken unseren Kaffee in neuen Räumen, warum ist Ihr Amt nach Tiengen umgezogen?

Die Räumlichkeiten in der Waldshuter Waldtorstraße passten schon länger nicht mehr zu unseren Bedürfnissen. In Tiengen im ehemaligen Sparkassengebäude auf dem Kirchplatz 2 haben wir modernere Räume, die wir baulich so verändern konnten, wie wir es brauchen. Hinzu kommt, dass die Anbindung sehr gut ist – für die Kunden und unsere Beschäftigten. Wir sind rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Etwa 40 weitere arbeiten auf unseren Entsorgungsanlagen, also den Deponien, Recyclinghöfen und der Grünkompostierungsanlage Ettikon.

Was sind die Kernaufgaben des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft?

Zuallererst ist unsere Aufgabe, den Müll, der im Landkreis anfällt, zu entsorgen. Dazu zählt der Hausmüll, Bioabfall sowie Sperrmüll/Möbelholz. Wir bieten eine kostenlose blaue Papiertonne an und koordinieren die Abholung der Gelben Säcke. Wertstoffe, unter anderem Schrott, Möbelholz, Gelbe Säcke, E-Schrott, Kühlgeräte, Hartkunststoffe können auf 23 Recyclinghöfen kostenlos angeliefert werden. Außerdem sorgen wir dafür, dass so viele Wertstoffe wie möglich wiederverwertet werden, um die Umwelt immer weniger zu belasten. Deshalb klären wir über die richtige Mülltrennung auf und setzen uns für eine möglichst klimaschonende Entsorgung der Abfälle ein.

Die Nutzung der blauen Papier- und Kartonagentonne, des Gelben Sacks, der braunen Bio- und schwarzen Restmülltonne ermöglicht ...
Die Nutzung der blauen Papier- und Kartonagentonne, des Gelben Sacks, der braunen Bio- und schwarzen Restmülltonne ermöglicht Mülltrennung und damit die Wiederverwertung vieler Abfallprodukte. | Bild: Landratsamt Waldshut

Wie viel Müll kann heute schon recycelt werden und was passiert mit dem Restmüll?

Stofflich zu 100 Prozent wiederverwertet werden können beispielsweise Schrott, Papier und Holz. Verpackungsmüll aus den Gelben Säcken kann nur zu etwa 60 Prozent recycelt werden, weil sie immer noch Müll enthalten, der nicht dorthin gehört, zum Beispiel Windeln. Wir sprechen dann von Störstoffen.

Wer sortiert die Gelben Säcke und was passiert mit dem Restmüll?

Die Firma Vogt Plastic in Rheinfelden sortiert die Störstoffe aus und übernimmt auch das Recycling. Aus den Kunststoffverpackungen werden Kunststoffschnipsel und Kunststoffgranulat, die in vielen Produkten wiederverwendet werden. Laut Vogt Plastic ist der Anteil an Störstoffen im Gelben Sack im Landkreis Waldshut übrigens niedriger als in anderen Gegenden – das ist ein schöner Erfolg. Den Restmüll lassen wir in den Kehrichtverbrennungsanlagen Buchs, ERZ Zürich und Turgi in der Schweiz verbrennen.

Welchen Stellenwert hat die Biotonne bei der Abfallverwertung?

Die Biotonne spielt eine große Rolle, weil organischer Abfall komplett recycelt und wiederverwertet werden kann, sogar die Wärme, die dabei entsteht. Deshalb wünschen wir uns auch, dass noch mehr Haushalte bei der Biotonne mitmachen. 2019 haben wir sie eingeführt. Für die Bürgerinnen und Bürger hat sie außerdem den Vorteil, dass sie nichts kostet und sogar Müllgebühren eingespart werden können. Rund 50 Prozent aller Haushalte im Landkreis nutzen die Biotonne, Tendenz steigend. Das bestätigt uns darin, dass es richtig war, bei ihrer Nutzung auf Freiwilligkeit zu setzen.

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Was passiert mit dem Bioabfall?

Er wird bei den Haushalten eingesammelt und auf unseren Deponien in Münchingen und Lachengraben bei Wehr angeliefert, dort vom Unternehmen Reterra abgeholt und in deren firmeneigener Bioabfallvergärungsanlage in Singen vergoren. Aus dem entstehenden Methangas wird Strom und Wärme gewonnen. Der Strom wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist und die Wärme wird zur Beheizung der Gebäude der Reterra genutzt. Aus dem Gärrest wird hochwertiger Kompost für die Landwirtschaft und den privaten Gebrauch hergestellt.

Liegt die Altkleiderentsorgung, die derzeit nicht ganz unproblematisch verläuft, auch in der Verantwortung des Landkreises?

Nein, der Landkreis hat damit nichts zu tun. Im Landkreis Waldshut, wie in ganz Deutschland auch, kümmern sich gewerbliche und karitative Sammler um die Altkleiderentsorgung.

Können Sie uns dennoch sagen, warum man immer wieder auf überfüllte Altkleidercontainer trifft?

Seit dem Krieg in der Ukraine und in Syrien ist der Altkleidermarkt zusammengebrochen. Hinzu kommt, dass es immer mehr günstige und minderwertige Kleidung gibt, die schneller kaputtgeht. All das sorgt für überfüllte Altkleiderlager und in der Folge für seltenere Leerungen und damit überfüllte Altkleidercontainer. Bis sich die Marktlage ändert, sollten deshalb Altkleider möglichst zuhause gelagert werden. Um dieses Problem langfristig zu entschärfen, sollte man sich immer gut überlegen, ob man wirklich ein neues Kleidungsstück braucht und wenn ja, auf hochwertige, langlebige Kleidung aus Naturmaterialien setzen. Fast-Fashion-Produkte können nicht oder nur schwer aufgearbeitet werden, weil sie häufig Materialien enthalten, die aus Erdöl gewonnen werden, wie etwa Polyester.

Sollten wir allgemein mehr Wert auf bewussten Konsum setzen?

Es ist in allen Bereichen gut für die Umwelt und das Klima, Müll zu vermeiden. Man kann zum Beispiel kaputte Gegenstände reparieren lassen oder weniger verpackte Lebensmittel kaufen. Es gibt einige Gemeinden im Kreis, die schon gute Anreize setzen. Das finde ich wichtig.

In der freien Natur sieht man aber immer wieder das Gegenteil von Müllvermeidung.

Ja, es landet leider auch Müll in der freien Natur. Wir appellieren, Wertstoffe auf den Recyclinghöfen zu entsorgen und Müll in der Restmülltonne. Illegale Müllentsorgung ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Umso lobenswerter ist das ehrenamtliche Engagement von Gruppen wie den Cleaners aus Klettgau, Küssaberg, Wutöschingen und andernorts.

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Was sind Meilensteine in der Abfallwirtschaft des Landkreises?

Umwelt- und Klimaschutz sind uns ein Anliegen. Deshalb investiert der Landkreis im Schnitt rund zwei Millionen jährlich in die Abfallwirtschaft. Dadurch haben wir in den vergangenen Jahren viel erreicht. Zu den Meilensteinen gehören die Einführung der Blauen Tonne für Papier, der Biotonne und wir haben „Sperrmüll auf Abruf“ etabliert. Drei unserer Deponien haben wir im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative mit Entgasungsanlagen ausgestattet, die das im Deponiekörper entstehende Methangas neutralisieren. 2024 wurde die Kreismülldeponie Lachengraben erneut mit dem EMAS-Zertifikat ausgezeichnet, das für einen hohen Standard beim Umweltschutz steht.

Wie sieht die optimale Abfallwirtschaft der Zukunft aus?

Es geht darum, immer besser Wertstoffe vom Restmüll zu trennen, damit sie recycelt werden können. Ziel ist es, dass die Bürgerinnen und Bürger den Müll noch besser trennen, damit der Restmüll sich stetig verringert und ein immer kleinerer Anteil übrigbleibt. Wir wollen noch mehr Menschen für den verantwortungsvollen Umgang mit Müll gewinnen.

Investieren Sie dafür auch in Öffentlichkeitsarbeit?

Ja, wir weiten sie sogar aus: Wir beraten hier am Standort, im Rahmen von Tagen der offenen Tür, geben Tipps über die Website, unsere kostenlose Abfall-App oder Social Media. In diesem Jahr gibt es zum Beispiel die Nacht der Recyclinghöfe. Auch dort informieren wir wieder. Ergänzend geht unsere Umweltpädagogin auch in Grundschulen und Kindergärten, um bereits die Kinder für Abfallthemen zu sensibilisieren.

Wie sieht es eigentlich in der Familie Weißenberger mit der Mülltrennung aus?

Als Insider habe ich natürlich einen anderen Blick auf die Mülltrennung und beachte diese in meinem Haushalt sehr strikt. Damit ist es mir und meiner Familie gelungen, unsere Restmüllmenge erheblich zu reduzieren. Wir nutzen die Biotonne und Papiertonne, vermeiden Störstoffe in den Gelben Säcken und sammeln das Altpapier für die Vereinssammlung.

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