Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim gegen die Ansiedlungspläne des Modeparks Röther, im Gewerbegebiet Horheim müssen die Nachbarkommunen Waldshut-Tiengen und Lauchringen viel Kritik einstecken. Das Gericht hatte ein erstinstanzliches Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg bestätigt, die erteilte Baugenehmigung für rechtswidrig erklärt hat und das Vorhaben damit bis auf Weiteres gestoppt. 

Aber worin besteht aus Sicht der Händler und Gewerbetreibenden in der Nachbarschaft eigentlich das Problem? Wir haben beim Werbe- und Förderungskreis Waldshut, der Aktionsgemeinschaft Tiengen und dem Lauchringer Handels- und Gewerbekreis nachgefragt.

Geltende Regeln und Verfahrensabläufe müssen eingehalten werden

„Wir als Gewerbevereine sehen den Schutz unserer Innenstädte als eine unserer wichtigsten Aufgaben.“Nikola Kögel, ...
„Wir als Gewerbevereine sehen den Schutz unserer Innenstädte als eine unserer wichtigsten Aufgaben.“Nikola Kögel, Aktionsgemeinschaft Tiengen | Bild: Ursula Freudig

„Uns ging es immer darum, dass im gesamten Verfahren gegen gesetzliche Normen verstoßen wurden, die für alle Gemeinden in Baden-Württemberg gelten.“ So fasst es die Vorsitzende des Lauchringer Handels- und Gewerbekreises, Stephanie Lovisi zusammen.

Insbesondere dienten diese Rechtsvorschriften der Verhinderung von „Wildwuchs“, was im Umkehrschluss auch Planungssicherheit für Einzelhändler und Investoren bedeute. „Daher haben wir die rechtlichen Schritte der Stadt Waldshut-Tiengen und der Gemeinde Lauchringen sehr begrüßt“, so Lovisi.

Auch er Vorsitzende des Werbe- und Förderungskreises Waldshut, Thomas Wartner, und die Geschäftsführerin der Aktionsgemeinschaft Tiengen, Nikola Kögel, verweisen in einer gemeinsamen Stellungnahme auf den Regionalplan, laut dem „der großflächige Einzelhandel den Mittelzentren vorbehalten bleiben“ solle.

Dadurch sollten die Innenstädte mit ihrer Vielfalt an kleinen und inhabergeführten Geschäften geschützt werden, betonen die beiden Gewerbevereinsvertreter. Daran habe längst nicht nur Waldshut-Tiengen ein Interesse, sondern alle Städte und Gemeinden mit derartigen Angeboten, betonen Wartner und Kögel.

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Konkurrenz auch unter normalen Umständen schon groß

Im Gespräch mit unserer Zeitung hatte Modepark-Geschäftsführer Michael Röther kürzlich argumentiert, eine Niederlassung seines Unternehmens im Landkreis Waldshut würde den Abfluss von Kaufkraft in andere Landkreise verhindern.

Eine derartige Auslegung halten die Gewerbetreibenden in Waldshut-Tiengen für „nicht plausibel und unverständlich“. Dies nicht zuletzt deswegen, weil sich für Kunden durch die Ansiedlung kaum ein Mehrwert ergebe: „Das Sortiment von Modepark Röther ist identisch mit dem bereits vorhandenen Angebot in unseren Innenstadtgeschäften“, beharren Wartner und Kögel. In der Regel besuche ein Modekunde nicht unbedingt mehrere Einkaufsorte mit demselben Angebot. Insofern sei vielmehr eine Verlagerung der Kaufkraft zu Ungunsten der Innenstädte zu erwarten, sollten solche Projekte auf der grünen Wiese realisiert werden.

„Unsere Mitgliedsbetriebe stehen ständig im Wettbewerb zum Onlinehandel oder auch zu anderen Einkaufsregionen. Das ist somit kein ...
„Unsere Mitgliedsbetriebe stehen ständig im Wettbewerb zum Onlinehandel oder auch zu anderen Einkaufsregionen. Das ist somit kein Argument für oder gegen ein Shoppingcenter in Wutöschingen.“Stephanie Lovisi, Lauchringer Handels- und Gewerbekreis | Bild: Neubert, Michael

Auch Lovisi hält die Röther‘sche Argumentation für eher fadenscheinig, zumal das Unternehmen schlicht wissen müsse, dass ein solches Projekt, wie es in Horheim geplant war, nur in Kommunen erlaubt sei, die eine Versorgungsfunktion besäßen.

Ohnehin: „Unsere Mitgliedsbetriebe stehen ständig im Wettbewerb zum Onlinehandel oder auch zu anderen Einkaufsregionen. Das ist somit kein Argument für oder gegen ein Shoppingcenter in Wutöschingen.“

Interessen der Mitgliedsbetriebe haben Priorität

„Das Sortiment von Modepark Röther ist identisch mit dem bereits vorhandenen Angebot in unseren Innenstadtgeschäften.“Thomas ...
„Das Sortiment von Modepark Röther ist identisch mit dem bereits vorhandenen Angebot in unseren Innenstadtgeschäften.“Thomas Wartner, Werbe- und Förderungskreis Waldshut | Bild: Holzwarth, Sandra

Gerade in den sozialen Medien mussten die Stadt Waldshut-Tiengen und die Gemeinde Lauchringen viel Kritik für ihr Vorgehen gegen das Einzelhandelsprojekt einstecken, das letztlich zu dem Urteil geführt hat.

Die Gewerbevereine der drei Kommunen reagieren darauf durchaus verständnisvoll. „Aber wir als Gewerbevereine sehen den Schutz unserer Innenstädte als eine unserer wichtigsten Aufgaben“, so Wartner und Kögel in ihrer Stellungnahme. Dabei gehe es um die Vielfalt an Angeboten, um kulturelle Zentren aber auch um die Innenstadt als Treffpunkt. „Daher ist es wichtig, dass auch die Kommunen gegen solch ein Projekt vorgehen.“

Stephanie Lovisi ist derweil froh, „dass unsere Position inzwischen nicht nur moralisch sondern jetzt auch höchstrichterlich in allen Punkten bestätigt wurde“, wie sie darstellt. Denn nicht zuletzt hätte dem Ganzen „ein sauberes und der Tragweite angemessenes Verfahren“ vorausgehen müssen – unter „partnerschaftlicher Abstimmung“ mit den Nachbarkommunen und Einbeziehung von Einzelhandelsverband Südbaden, Regionalverband Hochrhein und Regierungspräsidium. „Dann ist dies ein Verfahren, wie es jede andere Kommune bei der Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel durchlaufen muss“, so Lovisi.

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An konstruktiver Lösung interessiert, aber Transparenz ist Voraussetzung

Völlig vom Tisch ist das Vorhaben in Horheim aus Sicht des Modeparks Röther noch nicht. Das Unternehmen möchte am Ball bleiben und die Hauptsacheverhandlung abwarten, die womöglich erst in einigen Jahren stattfinden wird. Unterdessen möchte der Landkreis Waldshut als verantwortliche Genehmigungsbehörde Gespräche mit den Beteiligten in die Wege leiten. Dies nicht ganz ohne Hintergedanken, denn sollte das Projekt scheitern, könnten durchaus beträchtliche Schadensersatzforderungen seitens Röther erhoben werden. Waldshut-Tiengen und Lauchringen beharren trotzdem auf eine Aufhebung der Baugenehmigung.

„Sowohl Landkreis, Kommunen als auch wir Gewerbevereine sind durch dieses Projekt sensibilisiert worden. Wir werden die Gespräche kritisch weiterverfolgen“, erklären Kögel und Wartner dazu. Der Werbe- und Förderungskreis und die Aktionsgemeinschaft Tiengen werden dabei stets gemeinsam auftreten.

Der Lauchringer Handels- und Gewerbeverein hoffe unterdessen vor allem auf ein sauberes und transparentes Genehmigungsverfahren, bei dem alle betroffenen Gemeinden in der gebotenen Form eingebunden werden, stellt Stephanie Lovisi klar: „Es wird sicherlich eine angemessene und sinnvolle Nutzung der Flächen geben, gerade Gewerbeflächen werden im Kreis gesucht, und diese sehen wir auch in dem Gebiet.“

Aber eine gute und rechtzeitige Kommunikation sei das A und O: „Wir werden die Entwicklungen weiterhin sehr aktiv beobachten und setzen uns wie bisher gemeinsam mit den benachbarten Gewerbekreisen für eine starke Einkaufsregion am Hochrhein im Sinne unserer Mitgliedsbetriebe ein“, so Lovisi.

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