Das Bauvorhaben von Modepark Röther im Gewerbegebiet Horheim bleibt vorerst gestoppt – und ob es überhaupt noch realisiert werden kann, ist fraglich. In seiner aktuellen Entscheidung wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim den Widerspruch des Unternehmens gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg zurück. Dieses hatte einem Antrag der Stadt Waldshut-Tiengen und der Gemeinde Lauchringen stattgegeben, wonach die Baugenehmigung nicht rechtmäßig ist.
Infolge des Urteils mussten die Arbeiten eingestellt werden. Das Landratsamt als Genehmigungsbehörde versucht nun, eine Lösung zu finden. Die beiden klagenden Kommunen erteilen einem solchen Ansinnen aber eine klare Absage.
Nachbarn sehen viele Ansatzpunkte für Beschwerde
Konkret machen Waldshut-Tiengen und Lauchringen laut dem VGH-Beschluss, der unserer Zeitung vorliegt, jeweils drei Kritikpunkte deutlich, wobei es bei zweien Übereinstimmungen gibt: Zum einen verweisen die Kommunen auf eine fehlende rechtzeitige und vor allem angemessene Information über die Baugenehmigung, zum zweiten sehen sie die vorgesehene Gesamtverkaufsfläche von 4776 Quadratmeter, verteilt auf sechs Hallen, für ein Gewerbegebiet als zu groß an. Denn hier sei lediglich Einzelhandel mit einer Fläche von bis zu 800 Quadratmetern erlaubt.
Waldshut-Tiengen und Lauchringen befürchten Kaufkraftverlagerung
Nicht zuletzt sieht Waldshut-Tiengen durch das Vorhaben seine raumordnerische Funktion als Mittelzentrum gefährdet. Ebenso wie Lauchringen befürchtet die Stadt eine massive Kaufkraftverlagerung, die auf Kosten des Einzelhandels in den eigenen Ortskernen gehen könnte.
Das Verwaltungsgericht Freiburg war dieser Argumentation im Juli gefolgt und hatte den Beschwerden beider Kommunen stattgegeben, woraufhin die bereits laufenden Bauarbeiten gestoppt wurden. Dagegen war Modepark Röther vorgegangen und hatte Widerspruch am Verwaltungsgerichtshof eingereicht – letztlich aber ohne Erfolg.
VGH-Beschluss – ein Erfolg für Waldshut-Tiengen und Lauchringen
Die Entscheidung des VGH, den Widerspruch des Modeparks Röther als „berechtigt aber unbegründet“ abzuweisen, ist insbesondere eine Klatsche für das Landratsamt Waldshut, das die Baugenehmigung erteilt hatte. Denn im Kern weist auch der VGH darauf hin, dass ein derartiges Vorhaben wie ein Einkaufszentrum in einer Gemeinde von der Größe Wutöschingens gar nicht genehmigungsfähig gewesen wäre. Insbesondere verstoße das Vorhaben gegen den Landesentwicklungsplan, der Einkaufszentren in kleinen Gemeinden nicht zulasse.
Entgegen eines Verträglichkeitsgutachtens, dass die Firma Röther im August vorgelegt habe, sei sehr wohl davon auszugehen, dass die wirtschaftlichen Konsequenzen für die beiden Nachbarkommunen in Form von Kaufkraftabfluss und Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche, erheblich seien, urteilen die Richter.
Im Übrigen kritisiert das Gericht das Vorgehen bei der Genehmigung. So seien die Nachbarkommunen lediglich im Bebauungsplanverfahren gehört, nicht aber über das Projekt, dessen mögliche Folgen oder auch nur über die Erteilung einer Baugenehmigung informiert worden. Weder eine allgemein gehaltene Beschilderung noch Zeitungsartikel noch ein Telefonat wertet der VGH als adäquate Information über ein Vorhaben dieser Tragweite.
Waldshut-Tiengen und Lauchringen erwarten Widerruf der Baugenehmigung
Mit dem VGH-Beschluss verbunden ist, dass die seit Juli gestoppten Arbeiten bis auf weiteres nicht fortgesetzt werden können. Ob es überhaupt noch realisiert werden kann, steht derzeit in den Sternen, denn die beiden Kommunen planen keineswegs, ihren Widerstand gegen das Vorhaben aufzugeben, wie Oberbürgermeister Martin Gruner und Lauchringens Bürgermeister Schäuble in einer gemeinsamen Mitteilungen darstellen.
„Die Stadt Waldshut-Tiengen und die Gemeinde Lauchringen gehen nach dieser Entscheidung des VGH Mannheim nun davon aus, dass das Landratsamt Waldshut dem Widerspruch der Stadt Waldshut-Tiengen und der Gemeinde Lauchringen stattgeben und in der Folge auch die erteilte Baugenehmigung für den „Modepark Röther“ widerrufen wird.“ Damit erteilen sie auch dem Ansinnen des Landratsamts eine deutliche Absage, „mit den betroffenen Kommunen und dem Bauherrn nun das weitere Vorgehen in der Angelegenheit zu besprechen“, wie die Behörde in einer Mitteilung ankündigte.
Kommunen widersprechen Vorwürfen
Die beiden klagenden Kommunen verwahren sich in ihrer Stellungnahme insbesondere gegen Vorwürfe von Kommentatoren auf den sozialen Netzwerken, die als Reaktion auf die frühere Berichterstattung unserer Zeitung nicht mir Vorwürfen geizten. Der Widerspruch, so Gruner und Schäuble in ihrer Stellungnahme, sei damit begründet, „dass die Baugenehmigung für ein Einkaufszentrum rechtwidrig erteilt wurde.“ Die geltenden Bauvorschriften ließen eben einen großflächigen Einzelhandel nicht zu. Dies habe Modepark Röther zu umgehen versucht, indem die Verkaufsfläche auf sechs Gebäude verteilt worden seien. Damit liege „faktisch ein großflächiges Einkaufszentrum vor“, betonen die Rathaus-Chefs.
Obwohl das Landratsamt Waldshut den Bauherrn im April schriftlich darauf hingewiesen habe, „dass die Nutzung als Einkaufszentrum nicht durch die erteilte Baugenehmigung abgedeckt ist und das Vorhaben im Gewerbegebiet in Horheim unzulässig ist“, hätte dieser den Spatenstich vollzogen und somit die Nachbarkommunen zum Handeln veranlasst. Denn: „Jede Kommune hat ein Recht darauf, dass bei der Aufstellung von Bebauungsplänen oder bei der Erteilung von Baugenehmigungen die gleichen gesetzlichen Grundlagen für alle gelten.“
Gemeinde Wutöschingen hofft auf Zugeständnis
Die Gemeinde Wutöschingen sei zwar nicht direkt am Verfahren beteiligt, habe aber die gerichtliche Auseinandersetzung mit Interesse verfolgt, wie Bürgermeister Rainer Stoll im Gespräch mit unserer Zeitung sagte. Die Entscheidung des VGH habe ihn nicht überrascht, orientierte sie sich doch stark an der Argumentation des Verwaltungsgerichts Freiburg. „Wir nehmen gerne das Gesprächsangebot des Landratsamts an, und würden uns freuen, wenn eine Lösung gefunden werden kann.“
Nach wie vor gehe die Gemeinde Wutöschingen davon aus, dass wie geplant eine Einzelhandlungs-Bebauung auf dem Gelände erfolgen werde, die sich an den Plänen des Modeparks Röther orientiere, denn „das wäre ein tolles Projekt für uns alle“. Aber was genau letztlich möglich sei, werde stark von den Zugeständnissen Waldshut-Tiengens und Lauchringens abhängen.
Eine Stellungnahme des Unternehmens war bis Redaktionsschluss nicht zu erhalten.