Manfred Dietenberger

Der Gründer des Salvatorianer-Ordens, Pater Franziskus Maria vom Kreuze Jordan (1848-1918), wird am 15. Mai 2021 von Papst Franziskus in der Lateranbasilika in Rom seliggesprochen. Voraussetzung dafür war unter anderem die Anerkennung eines von ihm bewirkten Wunders: Ein brasilianisches Eltern Paar, das 2014 ein Baby erwartete, erfuhr von den Ärzten und Spezialisten, dass ihr ungeborenes Kind an einer unheilbaren Knochenerkrankung leiden würde. Als Mitglieder einer Gruppe von Laien-Salvatorianern begannen diese Eltern Pater Franziskus Jordan im Gebet um seine Fürsprache bei Gott anzurufen. Das Kind wurde völlig gesund am 8. September 2014, dem Todestag des Ordensgründers, geboren. Am 19. Juni 2020 erklärte Papst Franziskus, dass diese wunderbare Heilung auf die Fürsprache von Pater Franziskus Jordan von Gott gewirkt worden ist.

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Wer war dieser Pater Franziskus Jordan und was hat er mit unserer Region am Hochrhein/Bodensee zu tun? Johann Baptist Jordan wurde 1848 im Dorf Gurtweil nahe der Stadt Waldshut am 16. Juni 1848 mitten in eine unter ärmlichen Verhältnissen lebende Familie hinein geboren. Baptist war schon ihr zweites Kind. Sein erstgeborener Bruder Martin kam 1843 noch „unehelich“ zur Welt, da das junge Paar zu der Zeit zu arm war, um heiraten zu dürfen. Die Vermögensverhältnisse waren auch vor der Geburt ihres zweiten Sohnes nicht rosig. Baptists Vater Lorenz Jordan tat alles um halbwegs aus der Armut zu kommen. Dazu verdingte er sich als Tagelöhner für die verschiedensten Tätigkeiten in Gurtweil und oft auch als Pferdeknecht im Gasthaus „Engel“ in Rheinheim, wo er etliche Zeit zuvor die Magd Notburga Peter kennen und lieben lernte.

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Am 8. Juni 1848 heiraten Vater Lorenz Jordan und Mutter Notburga Peter (von Bühl) in der Pfarrkirche in Gurtweil. Mit sechs Jahren kam Baptist in die dortige Dorfschule. Ein Schuljahr begann an „Martini“ (11. November ) und dauerte bis „Georgie“ (13. April). Im Sommer war nur an drei Tagen der Woche Unterricht. Der Stundenplan beschränkte sich auf die Fächer Religion, Schreiben, Lesen und Rechnen. Wie dazumal auf dem Lande üblich, war es eine Einklass-Schule (mehrere Jahrgänge). 70 Mitschüler wurden in Gurtweil zusammen in einem Raum unterrichtet. Um unter solchen Umständen einen einigermaßen erfolgreich unterrichten zu können, setzten die Lehrer häufig ältere Schüler als Helfer ein. Baptist war oft einer davon. Trotzdem war er auch stets zu Streichen aufgelegt. Mitschüler berichten später, dass Baptist den Unterricht damit auflockerte, in dem er „während des Unterrichts eine mitgebrachte Hummel aus einem Schächtelchen fliegen ließ oder gar eine Ringelnatter mit in die Schule bracht. Gelegentlich schwänzte der kleine Baptist Jordan auch mal die Schule und ging stattdessen an die nahe Schlücht, um dort mit bloßen Händen zu fischen. „damit ernährte er seine Angehörigen in manchen Zeiten der Not“. Bisweilen beging Baptist „Mundraub“ und stibitzte ein paar Äpfel; einmal wurde er dabei erwischt und angezeigt und landete gar für wenige Stunden im Dorfarrest. Andererseits verspürte er seit dem Tag seiner Erstkommunion in sich, den immer stärker werdenden Drang Priester zu werden.

Am Ende seiner Dorfschulzeit an Ostern 1862 musste er sich aber zunächst gegen diesen Berufswunsch entscheiden. Im fehlte es zu diesem Zeitpunkt nicht nur einiges an schulischer Bildung, sondern vielmehr noch am dafür notwendigen Geld. Bei den gerade in nächster Nähe laufenden riesigen Streckenbauarbeiten für die neu zu errichtende Bahnlinie Waldshut – Konstanz herrschte große Nachfrage nach Arbeitskräften. Und so verdingt sich Baptist Jordan wie viele Gurtweiler auch als Hilfsarbeiter und arbeitete zweieinhalb Jahre mit beim Geleise verlegen, den großen Erdbewegungen, beim Anlegen von Dämmen und der Aushebung der für die Bahnstrecke nötigen Geländeeinschnitte. Als Jordan im Alb-Bote eine Annonce des Waldshuter Malermeisters Jakob Hildenbrand liest, in dem der ein Malerlehrling sucht, bewirbt sich Baptist Jordan.

Lehrstellen Angebot im Alb-Bote auf das sich Baptist Jordan bewarb
Lehrstellen Angebot im Alb-Bote auf das sich Baptist Jordan bewarb | Bild: Manfred Dietenberger

Hildenbrand war 1848 aktiver Teilnehmer der badischen, Revolution, Verfasser „aufrührerische Schriften“, was ihm in Folge sogar sechs Monate Haft einbrachte. Die Werkstatt von Baptists Lehrherrn war im Haus der heutigen Löwen-Apotheke in der Kaiserstraße 11 in Waldshut. Hildenbrand war „Maler und Vergolder, bei dem auch Goldleisten, Tapeten, Ölfarben und Firnisse zu haben“ waren, wie in einer Alb-Bote-Werbung zu lesen war. In der Lehrzeit besuchte Jordan auch die Gewerbeschule in Waldshut. Versehen mit einem guten Lehrzeugnis, einem gültigen Reisepass und dem Wanderbüchlein des katholischen Gesellenvereines Waldshut machte sich Baptist Jordan nach zweijähriger Lehrzeit als Geselle „auf die Walz“. Von der Walz zurück, stellte er sich am 20. Augst 1868 der Militärbehörde in Waldshut zur Musterung vor. Er wurde für tauglich befunden und der Kavallerie zugeteilt. Mit Jahresbeginn 1869 hieß es für Jordan in die Kaserne nach Konstanz zur Militärausbildung einzurücken. Auf Grund seiner angeschlagenen Gesundheit wurde er noch bevor in den Deutsch-Französischen-Krieg ziehen musste als „felduntauglich“ entlassen. Trotz seiner kurzen Militärzeit kam Jordan dennoch zu militärischen Ehren. Bei der Aufstellung des Waldshuter Kriegerdenkmals (1906) für die Teilnehmer des Feldzugs 1870/71 kam auch sein Name mit „Jordan B.“ als einer von 40 Namen auf die Bronzetafel an der Rückseite des Denkmals (siehe Foto). Ab da beginnt Jordan die Voraussetzung um Priester werden zu können zu schaffen.

KRIEGERDENKMAL, am Conrad Gröber-Platz. Die Stadt Waldshut den tapferen Kriegern 1870 – 1871
KRIEGERDENKMAL, am Conrad Gröber-Platz. Die Stadt Waldshut den tapferen Kriegern 1870 – 1871 | Bild: Manfred Dietenberger

Vom Frühjahr 1869 bis Herbst 1870 nahm Johann Baptist Jordan in Waldshut bei Kaplan Weber kostenlosen Privatunterricht in Latein und Französisch und bei Vikar Nägele in Griechisch und den naturwissenschaftlichen Fächer, um sich so auf den Besuch der oberen Klassen des Gymnasiums vorzubereiten. Danach ging er auf das Gymnasium nach Konstanz, um dort sein Abitur zu machen. Sein Aufenthalt in Konstanz war nur durch die Unterstützung mehrerer Wohltäter möglich. Kostenlos wohnen durfte er zum Beispiel im kleinen Häuschen der Messner-Familie der Schottenkapelle in der Vorstadt „Paradies“, auch „Im Schotten No 224“ genannt.

Zeitweise wohnte Jordan auch in einem Kämmerchen bei den Dominikanerinnen im Konstanzer Kloster Zoffingen. Jordan teilte das Los anderer armer Gymnasiasten und verbrachte die sogenannten „Kosttage“ im Reihum bei verschiedenen wohltätigen Familien. Jeder musste aber seinen eigenen Löffel mitbringen. Das brachte ihnen den Spitznahmen „Gymnasiallöffel“ bei den Konstanzern ein. Anschließend absolvierte Jordan sein Studium der Theologie in Freiburg und wurde dann am 21. Juli 1878 in St. Peter zum Priester geweiht. In Folge des damals auch in Baden herrschenden Kulturkampfs zwischen Staat und Kirche konnte Jordan seine Primiz weder in Gurtweil noch in Waldshut feiern, sondern in Döttingen im Kanton Aargau. Später zog Pater Baptist Jordan nach Rom und gründete dort den Orden der Salvatorianer.