Kliniken und Ärzte in ganz Deutschland schlagen seit Wochen Alarm: Das gehäufte Auftreten von Atemwegserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, insbesondere in Zusammenhang mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), bringt die Institutionen der Gesundheitsversorgung zunehmend in Bedrängnis. Aber wie sieht es diesbezüglich am Hochrhein aus?
Keine Fälle am Klinikum Hochrhein in Waldshut
Keine zusätzlichen Engpässe verursachen RSV-Fälle im Klinikum Hochrhein. Diese Aussage der Pressesprecherin Luisa Denz auf Anfrage überrascht zwar auf den ersten Blick. Allerdings: „Das liegt daran, dass wir am Klinikum keine Pädiatrie haben.“ Ob sich das ändert, wenn erst einmal das Zentralkrankenhaus in Albbruck gebaut wird, sei nach aktuellem Stand der Dinge eher fraglich, so Denz.
Entsprechend müssten Kinder und Jugendliche mit derartigen Erkrankungen in die Kliniken in den benachbarten Landkreisen ausweichen. Vornehmlich betreffe dies die Krankenhäuser in Singen und das St.-Elisabethen-Krankenhaus in Lörrach, so Denz: „Aber natürlich nehmen wir jederzeit Notfälle auf – unabhängig vom Alter.“
Lörrach: 20 Prozent der jungen Patienten aus dem Kreis Waldshut
Tatsächlich sei es kein Versäumnis eines einzelnen Landkreises, dass bestimmte Gesundheitsleistungen regional gebündelt werden, schildert Michael Meisterhans, Pflegedienstleiter am St.-Elisabethen-Krankenhaus in Lörrach: „Diese übergreifende Versorgung betrifft vermutlich jede Kinderklinik in Deutschland. Die Bündelung von Klinikleistungen auch auf Kosten der wohnortnahen Versorgung ist schon lange ein offen erklärtes Ziel der Entscheidungsträger in der Politik.“
Konkret heißt das für die Lörracher Kinderklinik, dass etwa ein Fünftel seiner Patienten pro Jahr aus dem Landkreis Waldshut stammen – also 20 Prozent. Dabei handle es sich laut Meisterhans sowohl um stationäre als auch um ambulante Fälle.
Natürlich brächten derartige Erwägungen gewisse Nachteile mit sich, gerade in Zeiten, in denen es regelrechte Infektionswellen gebe wie im Moment – wobei RSV nur eine von vielen Erkrankungen sei, die gerade auftreten, so Meisterhans weiter.
Wie sehr sich die Patientenzahlen dadurch konkret verändert hätten und wie viele Patienten derzeit ausschließlich wegen Atemwegserkrankungen behandelt werden, lasse sich aber momentan nicht genau sagen.
Trotz allem werde aber nicht nach Wohnort klassifiziert, wenn es um die Aufnahme von Patienten gehe, sondern anhand „festgelegter evidenzbasierter Kriterien“ entschieden, welche Fälle priorisiert zu behandeln seien.
Abweisung von Patienten wird möglichst vermieden
Generell versuchten gerade Kinderkliniken, die Abweisung von Patienten an andere Krankenhäuser möglichst zu vermeiden, um diesen Umstände zu ersparen. Das gelte auch in Situationen wie der gegenwärtigen, in denen einige Kliniken die Kapazitätsgrenzen erreichten, betont Meisterhans. Gerade die Kinder-Notaufnahme leiste in diesem Zusammenhang eine herausragende Arbeit.
Aus dem Versorgungsauftrag ergebe sich eben auch eine Verantwortung, skizziert Meisterhans: Im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie sei schon vor Jahren die Unterversorgung im Landkreis Waldshut wahrgenommen worden, „da wir auch von dort schon immer Kinder in Behandlung hatten“.
Daher sei im Zusammenwirken mit dem Landkreis Waldshut und mit großem Engagement der Gemeinde Lauchringen dort eine kinder- und jugendpsychiatrische Tagesklinik als Teil unserer vernetzten kinderklinischen Struktur aufgebaut worden. Diese Einrichtung ermögliche ein dringend benötigtes ambulantes Angebot.
Singen: Zehn Prozent Fälle aus dem Landkreis Waldshut
Auch im benachbarten Landkreis Konstanz bekommt man es mit jungen Patienten aus dem Landkreis Waldshut zu tun, etwa in der Singener Klinik für Kinder und Jugendliche, die sich in Trägerschaft des Gesundheitsverbunds des Landkreises Konstanz (GLKN) befindet.
Deren Chefarzt Andreas Trotter beziffert den Anteil der kleinen Patienten aus dem Landkreis Waldshut auf zehn Prozent am gesamten Patientenkollektiv in Singen.
Die Kaufmännische Direktorin des Hegau-Bodensee-Klinikums, Rebecca Sellmann, betont derweil: „Grundsätzlich weist der GLKN keine Kinder ab, die eine stationäre Behandlung benötigen. Haben wir keine Betten zu Verfügung, müssen auch wir in andere Kliniken verlegen.“ Aber eine Behandlung sei demnach immer gewährleistet.