Die Lage im Gesundheitswesen ist seit Jahren alles andere als rosig. Doch inzwischen haben sich die Rahmenbedingungen – vor allem auf der Kostenseite – derart verschlechtert, dass die Situation als prekär zu bezeichnen sei. So lautete die Kernbotschaft des Geschäftsführers des Klinikums Hochrhein, Hans-Peter Schlaudt, bei einem Besuch des gesundheitspolitischen Sprechers der FDP-Landtagsfraktion, Jochen Haußmann, und Vertretern der FDP-Kreistagsfraktion.

Besonders frustrierend aus Sicht Schlaudts: Ideen, wie sich die Lage in den Griff bekommen ließe, gäbe es durchaus. Es mangle aber an der Bereitschaft, Verantwortung an regionale Stellen zu delegieren.

Wo drückt der Schuh beim Klinikum Hochrhein?

Dass es im Gesundheitswesen an vielen Stellen harzt, ist nicht neu. Der Mangel an Fachkräften macht nicht nur dem Klinikum Hochrhein seit Jahren immens zu schaffen. Viele Mitarbeiter des Krankenhauses habe es in die Schweiz gezogen.

Ausbildungszahlen seien rückläufig, erschwerend komme hinzu, dass die eigentliche Pflege als Berufsinhalt der immer stärker um sich greifenden Akademisierung zum Opfer falle. Die Strategie, die entstehenden Lücken mit Kräften aus dem Ausland oder Leihkräften zu füllen, gehe nur bedingt auf, bedauert Schlaudt.

Bürokratische und formale Vorgaben binden den Pflegekräften außerdem zunehmend die Hände: „Das Gesundheitswesen ist zu einem regelrechten Misstrauenssystem geworden“, so Schlaudt. Die Anforderungen an Einrichtungen und deren Mitarbeiter hätten längst jedes realistische Maß überschritten.

Erschwerend komme hinzu, dass der Mangel an niedergelassenen Ärzten immer größer werde. Das Klinikum Hochrhein bekomme dies vor allem in der Notaufnahme zu spüren: „Wir laufen vor Patienten über, die gar keine Notfälle sind“, schildert der Klinik-Geschäftsführer.

Das könnte Sie auch interessieren

Schlaudt weiter: „Dass inzwischen jede größere Kommune dazu übergeht, ein eigenes MVZ aufzubauen, macht die Sache nicht einfacher. Denn diese Einrichtungen müssen ja erst einmal dauerhaft mit Leben gefüllt werden.“

Wie steht das Klinikum finanziell da?

„Die Kostenschere geht seit Jahren auseinander, Corona hat den Effekt noch verstärkt“, so Schlaudt. Die jährlichen Ausgaben seien von elf auf 17 Millionen Euro gestiegen.

Generell seien die Verantwortlichen gespannt, ob die Förderquoten des Landes für den Neubau des Krankenhauses in Albbruck mit der Kostenentwicklung mithalten könne, erklärte Schlaudt. Denn noch könne nicht genau beziffert werden, wie viele der zu erwartenden Kosten auch tatsächlich förderfähig seien.

Aber auch Jochen Haußmann betonte, dass nach seinem Dafürhalten angesichts der aktuellen Dynamik Nachbesserungen bei den Förderungen dringend angebracht wären.

Das könnte Sie auch interessieren

Denn bei alledem sind die drastisch gestiegenen Betriebskosten – gerade im Bereich Energie – noch gar nicht berücksichtigt. Allein für dieses Jahr beziffert Schlaudt die Mehrkosten im Bereich der Energieversorgung auf 1,8 Millionen Euro: „Aber die tatsächlichen Auswirkungen werden wir erst in den nächsten Jahren zu spüren bekommen.“

Dass das Klinikum bei der Erneuerung der Heizanlage auf einen Doppelbrenner gesetzt habe, könnte die Folgen etwas ausgleichen, denn es bestehe immerhin die Möglichkeit, im kommenden Jahr schwerpunktmäßig mit Öl zu heizen.

Das könnte Sie auch interessieren

Welche Lösungsansätze hält Schlaudt für zielführend?

„Wir brauchen mehr Freiheit, mehr Flexibilität und mehr Möglichkeit zur Vernetzung. Sonst schaffen wir die Pflege in der Fläche ab“, lautet Schlaudts schonungslose Einschätzung.

Insbesondere müssten die Akteure vor Ort mehr Kompetenzen bei Planung und Steuerung erhalten, anstatt alle wichtigen Entscheidungen an höhere Stellen zu verweisen. Regionale Aktionsgruppen mit einem Regionalbudget, mehr Kooperation statt Wettbewerb unter den Akteuren des Gesundheitswesens, Beseitigung von Mehrfachstrukturen, gezielte Weiterbildungsmaßnahmen und Entbürokratisierung der Pflege – das seien Maßnahmen die in anderen Ländern bereits erhebliche Verbesserungen mit sich gebracht hätten, schildert Schlaudt.

Und überhaupt: „Die ersten Corona-Monate haben deutlich gezeigt, dass dezentrale und pragmatische Lösungen in Absprache mit allen Beteiligten vor Ort möglich sind.“ Ansonsten hätten die damaligen Herausforderungen nicht bewältigt werden können.

Ein Bild von der Lage vor Ort machten sich die drei FDP-Kreisräte Harald Ebi, Carolin Welsch (von links) und Klaus Denzinger (rechts) ...
Ein Bild von der Lage vor Ort machten sich die drei FDP-Kreisräte Harald Ebi, Carolin Welsch (von links) und Klaus Denzinger (rechts) gemeinsam mit dem gesundheitspolitischen Sprecher der FDP im Landtag, Jochen Haußmann (Mitte), und Klinik-Geschäftsführer Hans-Peter Schlaudt. | Bild: Baier, Markus

Wie ist die Haltung der FDP-Vertreter?

„Wichtig aus unserer Sicht ist die Botschaft, dass in der Landesregierung die Sorgen und Nöte eines Krankenhauses im ländlichen Raum gesehen werden“, konstatierte FDP-Kreisrat Klaus Denzinger. Insbesondere sei ein Rettungsschirm notwendig, um diese Häuser zu erhalten. „Als Landkreis können wir die Defizite des Klinikums über den Kreishaushalt kompensieren“, so Denzinger weiter. Dies könne aber keine Dauerlösung sein.

Haußmann selbst versicherte, dass er dabei mitwirken wolle, Druck aufzubauen, um Verbesserungen herbeizuführen. Denn sehr klar stehe ihm vor Augen: „Wenn wir nicht jetzt gegensteuern, haben wir ein gewaltiges Problem.“

Das könnte Sie auch interessieren