Technische Störungen bei der digitalen Unterrichtsplattform Moodle haben am Montag auch am Hochrhein den Schulstart im Corona-Lockdown behindert. Um die Gefahr weiterer Infektionen mit dem Covid 19-Virus zu verringern, wurde der Präsenz-Unterricht auf Anordnung des Kultusministeriums bis auf Weiteres ausgesetzt, die Schüler sollen zuhause im Fernunterricht lernen. Dafür nutzen etwa die Hälfte aller Schulen mit zusammen 600.000 Schülern die digitale Lernplattform Moodle. Doch ein Teil der Schüler konnte sich am ersten Schultag nach den verlängerten Weihnachtsferien dort nicht einloggen oder die Lernplattform vollständig laden.
Von dem Problem waren in Baden-Württemberg laut Kultusministerium 200 der insgesamt 4500 Schulen betroffen, in den Landkreisen Waldshut und Lörrach nach Auskunft des Schulamts Lörrach fünf von 150 weiterführenden Schulen. Grund für die technischen Störungen sei die Überlastung des Systems durch zahlreiche zeitgleiche Zugriffe, erklärte das Kultusministerium auf seiner Homepage. Die Probleme sollten im Lauf des Tages durch die Nutzung zusätzlicher Pufferkapazitäten und leistungsfähigerer Server behoben werden.
Auch Laufenburg betroffen
Zu den fünf Schulen am Hochrhein, an denen die digitale Lernplattform nicht genutzt werden konnte, gehörte die Hans-Thoma-Schule in Laufenburg. Mehr als 650 Schüler besuchen die Verbundschule mit Grundschul-, Werkrealschul- und Realschulzweig. Die Schule nutzt Moodle schon lange und hat bisher gute Erfahrungen damit gemacht. „Zum Unterrichtsbeginn um 7.30 Uhr hatte ich den Eindruck, dass alles super läuft. Doch ab 10 Uhr haben die ersten Eltern angerufen und uns von den technischen Problemen ihrer Kinder daheim berichtet“, schildert Schulleiterin Janine Regel-Zachmann den Schulstart.
Wären nicht die Handwerker gewesen, die seit Juli in die Schulgebäude innen sanieren, – die Hans-Thoma-Schule wäre am ersten Unterrichtstag dieses Jahres fast menschenleer gewesen. Nicht nur praktisch alle Schüler blieben zu Hause, auch die Lehrkräfte werden in der nächsten Zeit von daheim aus arbeiten. Außer der Schulleiterin befanden sich am Montag nur die Schulsekretärin, die beiden Hausmeister, eine FSJ-Kraft und ein weiterer Lehrer vor Ort, er kümmerte sich um die gerade einmal vier Kinder aus unteren Klassenstufen, die von ihren Eltern für die Notbetreuung angemeldet wurden.
Für die allermeisten Schüler und Lehrer der Schulen am Hochrhein verlief der Schulstart im Fernunterricht aber ohne größere technische Probleme. Felicia Schlegel besucht das Hochrhein-Gymnasium in Waldshut. Die Achtklässlerin berichtet, dass „alles bestens“ zum Schulstart funktioniert habe. „Wir arbeiten nicht mit Moodle, sondern haben andere externe Plattformen, die unsere Lehrer an der Schule nutzen. So konnten wir am Montag beispielsweise den Matheunterricht ganz normal über Video abhalten. Wir haben dort Arbeitsblätter geteilt bekommen, über die wir dann unsere Aufgaben lösen mussten. Aber auch in allen anderen Fächern wie Französisch und Religion hat alles sehr gut funktioniert“, sagt die Waldshuterin.
Ähnliches berichtet Mutter Jana Bauer (41) aus Küssaberg. Ihre Kinder (11 und 13 Jahre) besuchen die Realschule Tiengen und das Gymnasium in Tiengen. „Beim Gymnasium hat alles gut geklappt. Die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern war sehr gut organisiert. Meine Tochter konnte vieles selbstständig bearbeiten“, sagt Bauer. Bei der Realschule sei hingegen das System zusammengebrochen, das habe alles etwas schwieriger gemacht, aber die Familie sei zum Glück gut vorbereitet gewesen. „Generell kann ich sagen, man merkt, dass doch einiges gegangen ist und das die Kinder mittlerweile sehr genau wissen, was zu tun ist. Tendenziell ist man beim zweiten Mal etwas entspannter“, sagt Jana Bauer.
Neben vielen anderen Schülern ist auch die 18-jährige Vanessa Heinrich aktuell wieder im Home-Schooling. In nur einem Jahr möchte sie ihre Fachhochschulreife an der Gewerbeschule in Bad-Säckingen erwerben, weshalb ihre Noten im derzeitigen Abschlussjahr besonders zählen. Vom ersten Tag im Home-Schooling zieht sie eine ernüchternde Bilanz: „Als der Unterricht um 7.45 Uhr beginnen sollte, waren die Server überlastet und keiner ist in das Portal reingekommen.“
Anstelle des digitalen Unterrichts mit einer Lehrkraft, sollten die Schüler dann jeder für sich Aufgaben bis zum Ende der Stunde erledigen. „Jeder Schüler hat sein individuelles Tempo, was bei digitalem Unterricht nicht berücksichtigt wird. Mir kommt es so vor, als würden die Lehrkräfte die Stunden mit Aufgaben einfach nur vollbekommen wollen“, erzählt sie. Zwar würden die Lehrkräfte immer wieder darauf hinweisen digitale Lerngruppen zu bilden, jedoch sei das laut der Schülerin schwierig, „wenn man seine Mitschüler gar nicht kennt, weil man nur in die Schule geht, um in die Schule zu gehen“. Sie hatte bis zuletzt Hoffnung auf Präsenzunterricht, gerade um den Stoff richtig verstehen zu können und Fragen stellen zu können.
Umgang mit Technik im ersten Lockdown gelernt
Schüler, Lehrer und Eltern haben seit dem ersten Lockdown gelernt, sich auf die Nutzung neuer technischer Hilfsmittel einzustellen. Vieles läuft deshalb inzwischen sehr viel reibungsloser. Die digitalen Lernplattformen hätten viele Vorteile, glaubt Hans-Joachim Friedemann, der Leiter des staatlichen Schulamts Lörrach: „Auch wenn wieder in Präsenz gelernt wird, werden wir Moodle und andere Plattformen gewinnbringend als Ergänzung nutzen können.“
Die verstärkte Nutzung digitaler Endgeräte im Unterricht bringt aber auch neue Probleme mit sich. Eines davon ist die Gefahr, das beim Erwerb von Wissen der finanzielle Hintergrund des Elternhauses wieder wichtiger werden könnte. Nicht jede Familie oder jeder Alleinerziehende können sich Laptops oder Notebooks für ihre Kinder leisten. Die Stadt Laufenburg zum Beispiel schafft deshalb für die Hans-Thoma-Schule mit Mitteln des von der Bundesregierung aufgelegten Digitalpakts 80 Endgeräte an, die Schüler auch Zuhause nutzen können.
Digitale Endgeräte sind wichtig, für ihren Einsatz wird aber eine leistungsfähige digitale Infrastruktur benötigt. Wie weit das selbsternannte High-Tech-Land Baden-Württemberg davon noch entfernt ist, zeigte die Moodle-Panne.