Am sechsten Verhandlungstag vor der dritten großen Strafkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen hat der vorsitzende Richter Martin Hauser das Urteil bekannt gegeben: Der Angeklagte muss für 8 Jahre und sechs Monate in Haft. Außerdem legte ihm das Gericht die Kosten für Auslagen der Nebenklägerin sowie die Verfahrenskosten auf.
Unterbringung in Psychiatrie stand im Raum
Noch vor und während des mehrtägigen Prozesses stand die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik im Raum. Doch schon die Plädoyers der Verfahrensbeteiligten schlossen diese Strafe aus, da diese aus rechtlicher Sicht nicht in Betracht gekommen sei. Die Unterbringung im Zentrum für Psychiatrie Reichenau wurde aufgehoben, der Haftbefehl entsprechend erlassen.
Mit seinen Ausführungen zur Begründung des Urteils der dritten großen Strafkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen lehnte sich der vorsitzende Richter Martin Hauser weiteste gehend an das an, was Oberstaatsanwalt Christian Lorenz in seinem Plädoyer bereits aufführte.
Der Blick auf das Opfer
Die Tat habe unumstritten ein „großes Maß an Tragik“, so Hauser. Positive Gefühle hätten einen großen Einfluss auf das Opfer gehabt, sodass die damals 58-jährige Frau am Angeklagten festgehalten und ihm am 16. September sogar Obdach gewährt habe. Und das, trotzdem die Beziehung zunehmen schwieriger geworden sei. Als die 58-Jährige dem Angeklagten am Mittag des 23. September nicht die alleinige Aufmerksamkeit geschenkt habe, sei die Situation schließlich eskaliert. Hauser sprach von einem „grandiosen Maß an Undankbarkeit.“
An der paranoiden Schizophrenie, unter der der Angeklagte seit mehreren Jahren leide, zweifelte auch die dritte große Strafkammer nicht. Zu eindeutig seien die vielen Aussagen der Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten gewesen. Auch das Gefühl des 48-Jährigen, todkrank zu sein, habe der psychologische Sachverständige überzeugend ausgeführt.
Richter rät Angebote im Vollzug zu nutzen
Zur Urteilsbildung habe auch das Nach-Tat-Verhalten, das geprägt von weiteren Straftaten, wie etwa der Unterschlagung eines Fahrzeugs, gewesen sei. Die von der Verteidigerin angesetzten sieben Jahre Freiheitsstrafe befand Martin Hauser als zu niedrig angesetzt, die elf Jahre der Staatsanwaltschaft zu hoch. Das Unbehagen, dass der Angeklagte sein Wahnsystem selbst nicht erkenne, habe auch den Richter beschäftigt. Immerhin erkenne er in diesem Krankheitsbild die Ursache für das, „was hier passiert ist.“
Seiner Erfahrung nach gebe es sozialtherapeutische Behandlung im Vollzug. Auch Berufsabschlüsse könne man in Haft nachholen. Die letzten Worte des vorsitzenden Richters: „Das braucht Zeit, aber die haben Sie ja jetzt. Ich rate Ihnen, die auch zu nutzen.“
So verlief der Prozess bisher
- Prozesstag 1: Mann soll Lebensgefährtin mit 25 Messerstichen getötet haben
- Prozesstag 2: Im Auto des Opfers finden Ermittler 16 Handys und die Tatwaffe
- Prozesstag 3: So verlief der dritte Prozesstag
- Prozesstag 4: Oberstaatsanwalt sieht die Gefahr einer „tickenden Zeitbombe“
- Prozesstag 5: Die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung