Gut vier Wochen sind nun seit der Entscheidung im sogenannten Ühlinger Ärztestreit um eine gescheiterte Praxisübernahme ins Land gezogen. Aber wie geht es nun weiter? Akzeptieren die beiden Parteien – der ansässige Hausarzt Ralf Berg und der einstige Kandidat für die Übernahme der Praxis, Mohamed Jafar, die Entscheidung?
Anwalt Müller: „Empfehle meinem Mandanten, Entscheidung zu akzeptieren“
Im Gespräch mit dem SÜDKURIER wertete Ralf Bergs Rechtsanwalt Olaf Müller das Urteil des Landgerichts auch namens seines Mandanten als Erfolg. Die Entscheidung sei sogar als „satte Klatsche“ für den Kontrahenten einzustufen, denn die Frage, ob die Praxis wirksam an Mohamed Jafar übertragen worden sei, werde darin ausdrücklich verneint.
Denn das Gericht stellt in seiner Urteilsbegründung fest, dass Berg am 10. Oktober 2021 wirksam von dem Vertrag zurückgetreten ist. Es werden sogar erhebliche Zweifel ausgemacht, ob der Vertrag überhaupt jemals Gültigkeit erlangt hatte, da wesentliche Aspekte nicht geklärt worden waren.
Ein Knackpunkt aus Sicht des Gerichts war freilich auch die im Vertrag festgelegte Übergabe von Patientendaten von Berg an Jafar. Hier geht es von einer Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Patienten und der ärztlichen Schweigepflicht aus. Denn ohne Einwilligung der Patienten, dürfe eine solche Übertragung nicht erfolgen.
Nach Einschätzung des Gerichts könnte der Vertrag auch schon bei Unterzeichnung aufgrund eines Gesetzesverstoßes in Bezug auf die Übertragung von Patientendaten unwirksam gewesen sein. Im Übrigen habe Berg auch nicht auf die Rückgabe von Patientendaten geklagt, „die er Jafar ohnehin zu keiner Zeit willentlich zur Verfügung gestellt hatte, sondern im Wege einer Widerklage unter anderem Vertragsstrafenansprüche gegen Jafar geltend gemacht“, schildert Rechtsanwalt Müller.
Aus Sicht des Rechtsanwalts sei daher der Fall klar: „Ich werde meinem Mandanten empfehlen, diese Entscheidung zu akzeptieren, denn sie beinhaltet den Kern unserer Forderungen, vor allem gewährleistet sie den Erhalt der Praxis“, so Müller weiter.
Anwalt Frank: „Werden Berufung einlegen“
Ganz anders verhält sich die Angelegenheit aus Sicht der Gegenpartei. Namens seines Mandanten Mohamed Jafar stellt Rechtsanwalt Stefan Frank klar: „Wir werden gegen das Urteil Berufung einlegen.“
Noch lässt es Frank offen, ob er gegen alle im Urteil angeführten Punkte oder nur gegen einzelne vorgehen werde. Als besonders problematisch wertet er jedoch, dass unter anderem der Kaufvertrag aufgrund von ungeklärten arbeitsrechtlichen Regelungen für ungültig erklärt worden sei.
„Das hat während der Verhandlung keine Rolle gespielt, wird aber im Urteil eng miteinander verknüpft“, so Frank weiter. Er vertrete aber die Ansicht, dass Kaufvertrag und Arbeitsvertrag sehr wohl unabhängig voneinander betrachtet werden müssten. „Immerhin hatte ich selbst einen Arbeitsvertrag ausgearbeitet und Herrn Berg zugestellt. Dieser hat aber nie darauf reagiert„, erklärt der Rechtsanwalt.
Insgesamt betrachtet habe das Urteil jedoch für seinen Mandanten keine nennenswerten Konsequenzen, erst recht nicht auf dessen beruflichen Lebensweg. Dieser sei am Standort Ühlingen bereits jetzt gesichert, die weiteren Perspektiven wertet Frank als „sehr gut“. Auch eine Auseinandersetzung mit seinem bisherigen Vermieter habe Jafar laut seinem Anwalt per Vergleich regeln können.