Weit über ein halbes Jahr lang lagerte 2022/2023 im Herrischrieder Ortsteil Wehrhalden auf einem Wanderparkplatz nur 120 Meter oberhalb der Murgquelle eine große Menge Straßenasphaltaufbruch, der teilweise gefährlichen Abfall darstellte. Im Mai 2023 hatte eine Gruppe Umweltschützer gewarnt, dass es sich bei dem Ende 2022 zwischengelagerten Material um stark PAK-haltigen Straßenaufbruch handele.
Ab 2100 Milligramm pro Kilo ist PAK als gefährlicher Abfall eingestuft
Doch erst zehn Monate später bestätigte das Landratsamt Waldshut nach mehrmaligen Nachfragen die Gefährlichkeit des Materials. Demnach waren an zwei Messpunkten Werte von über 200 Milligramm PAK pro Kilogramm gemessen worden, die Grenze ab der in Baden-Württemberg PAK-belastetes Material als gefährlicher Abfall eingestuft ist.
Der Straßenaufbruch stammte aus den Arbeiten zum Ausbau des Herrischrieder Breitbandnetzes. Für diesen wurden im gesamten Gemeindegebiet kilometerlang Straßen aufgefräst. Der ausgebaute Asphalt wurde an mehreren Stellen zwischengelagert, etwa 300 Kubikmeter davon im Ortsteil Wehrhalden auf dem sogenannten Bauwagen-Parkplatz, nahe der Murgquelle.
Dieter Berger wirft Behörden und Medien vor, das Problem zu vertuschen
Das zwischengelagerte Material rief Dieter Berger aus Riedichen bei Zell auf den Plan. Der pensionierte Tiefbau-Polier ist Mitglied des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und spürt im Südschwarzwald schon seit vielen Jahren unsachgemäß ausgebautem und deponiertem PAK-Straßenaufbruch nach. Er spricht von über 50 Fällen im Südschwarzwald. Den zuständigen Behörden und auch manchen Medien wirft Berger vor, das Problem zu verharmlosen und zu vertuschen.

Am 8. Dezember 2022 ließ Berger das Haufwerk auf dem Parkplatz bei der Murg-Quelle von einem von einem Münchner Labor beproben. Das Ergebnis: Das auf dem Parkplatz zu diesem Zeitpunkt noch ohne Abdeckung oder Bodenschutz gelagerte Material wies an einzelnen Stellen eine PAK-Belastung von bis zu 997 Milligramm pro Kilogramm auf. Das ist ein extrem hoher Wert.
„Die Werte waren unterschiedlich hoch“, lautet die Antwort auf eine konkrete Frage
Nachdem Dieter Berger Ende April unsere Zeitung über die in seinem Auftrag vor mehreren Monaten gemessenen PAK-Werte informiert hatte, fragte unsere Redaktion am 5. Mai 2023 beim Landratsamt nach, ob der zuständigen Umweltbehörde Erkenntnisse über das am Bauwagen-Parkplatz gelagerte Material vorlägen und welche Ergebnisse behördlich in Auftrag gegebene Beprobungen auf PAK ergeben hätten. „Die Werte waren unterschiedlich hoch“, so die lapidare Antwort am 9. Mai 2023. Einiges Material habe verwertet werden können, anderes habe entsorgt werden müssen.
Eine weitere Anfrage vom 24. Juli 2023 beantwortete das Landratsamt zunächst ebenfalls unbestimmt mit allgemeinen Hinweisen: „Jeglicher Straßenaufbruch enthält PAK, die Konzentration bestimmt über den Umgang und deshalb ist die generelle Lagerung von PAK-haltigem Straßenaufbruch nicht das Problem.“
Endlich nennt das Landratsamt einen Wert: Nur 0,055 Milligramm
Auf nochmaliges Insistieren, die im Haufwerk gemessenen PAK-Konzentrationen endlich zu nennen, teilte die Behörde am 26. Juli 2023 mit: „In Herrischried wurden dem Platz, auf dem mehrere Haufwerke lagerten, mehrere Proben entnommen. Dabei wurde eine maximale PAK-Belastung von 0,055 Milligramm pro Kilogramm festgestellt.“ Dieser Wert wurde in dem am 27. Juli 2023 erschienenen Bericht genannt und den im Auftrag der Umweltschützer ermittelten Wert von 997 Milligramm gegenübergestellt. Weder die Behörde noch die Umweltschützer reagierten.

In einem weiteren Bericht über die PAK-Problematik nannte unsere Zeitung am 23. Februar 2024 erneut den vom Landratsamt kommunizierten Wert von 0,055 Milligramm pro Kilogramm. Nun stellte Dieter Berger den Wert gegenüber der Redaktion infrage. Unsere Zeitung bat das Landratsamt um Erläuterung und erhielt am 27. März 2024 die Antwort: „Der von uns im Juli 2023 kommunizierte Wert von 0,055 Milligramm pro Kilogramm stammt aus einer Beprobung des Untergrundes nach Entfernung einer Zwischenlagerung von Asphaltfräsgut und ist absolut nicht zu verwechseln und nicht zu vergleichen mit einer Haufwerksbeprobung des eigentlichen Asphaltfräsguts.“ Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt der behördlich angeordneten Messung bereits PAK vom Haufwerk in den Untergrund gelangt war – allerdings in einer nur äußerst geringen Menge.
An zwei von sechs Punkten wurden mehr als 200 Milligramm gemessen
Erst am 5. April 2024 teilte das Landratsamt schließlich die genauen Ergebnisse der fast ein Jahr zuvor am 18. April 2023 vorgenommenen Beprobungen des Haufwerks mit. Demnach war an einem Messpunkt eine Spitzenbelastung von 296 Milligramm gemessen worden, an einem anderen die 203 Milligramm. An den anderen vier Messpunkten lagen die ermittelten Werte weit unter der kritischen Grenze.