Dramatische Szenen müssen sich nach der Bluttat in den Abendstunden des 26. März im Hohentengener Ortsteil Lienheim abgespielt haben. Das geht aus den bei der Rettungsleitstelle eingegangenen und dort mitgeschnittenen Notrufen hervor. Und das geht aus den Zeugenaussagen von Nachbarn jener Familie hervor, die drei Menschen verlor und aus der sich derzeit ein Angehöriger vor der ersten großen Jugendkammer des Landgerichts Waldshut wegen dreifachen Totschlags und eines versuchten Totschlags verantworten muss. Vor Gericht beschrieben die Nachbarn die Familie als normal und weitgehend unauffällig. Enge Kontakte gab es aber offenbar nicht.

Als die Kinder klein waren, sei der heutige Beschuldigte einmal zum Kindergeburtstag eingeladen gewesen, erinnert sich ein Nachbar. Ein anderer bestätigt, dass die Kinder häufig und gerne vor den Häusern miteinander gespielt hätten. Man habe sich immer freundlich gegrüßt und ein paar Worte miteinander gewechselt, sagte ein anderer. Wieder eine andere Zeugin hat die getöteten Eltern des Beschuldigten in Erinnerung als sehr liebevoll und fürsorgend ihren Kindern gegenüber. Manchmal etwas zu fürsorglich meinte ein anderer.

Nichts deutete offensichtlich darauf hin, dass er seinen Bruder und die Eltern töten würde. Als Grund für seine grausame Tat nannte er am ersten Prozesstag, dass seine Angehörigen vom Teufel besessen seien, eine Mission Gottes habe ihm dies gesagt. Die Staatsanwaltschaft strebt eine Unterbringung des Beschuldigten in ein psychiatrisches Krankenhaus an.

Beschuldigter war ein junger Rabauke

Der Beschuldigte sei in jungen Jahren wild gewesen, ein Rabauke eben. Von seinen Eltern sei er dafür trotz Intervention anderer Eltern nicht zur Rede gestellt worden. Dass der Beschuldigte, dessen getöteter 34-jährige Bruder und ein weiterer Mann aus der Straße regelmäßig Rauschgift konsumierten, sei in der Straße bekannt gewesen, meinte einer. Der Bitte, mit Rücksicht auf die Kinder nicht in unmittelbarer Nähe der Häuser zu kiffen, sei das Trio verständnisvoll nachgekommen.

Fortan habe es sich auf einem Bänkchen an einer Wegkreuzung auf einer Wiese etwa 500 Meter oberhalb der Häuser getroffen. „Kifferwiese“, so sagte der Zeuge, habe man familienintern die Gegend um das Bänkchen fortan nur noch bezeichnet.

Nachbarin traf 19-Jährigen am Tattag

Dort und unweit von dem Bänkchen entfernt hat eigenen Angaben zufolge eine Nachbarin den Beschuldigten am Tag der Bluttat gegen 11 Uhr und gegen 14 Uhr angetroffen. Er sei nur da gesessen; Drogen hat die Frau eigenen Angaben zufolge bei beiden Spaziergängen mit ihren Hunden nicht gesehen.

Als geradezu väterlich-fürsorgend bezeichnete ein Nachbar das Verhältnis des Beschuldigten zu seinen jüngeren Neffen und Nichten. Ähnlich so, wie der Beschuldigte selbst Jahre zuvor von seinem 15 Jahre älteren Bruder beschützt worden sei. Später aber, so meint der Nachbar, sei es dem Beschuldigten besser gegangen, wenn sein älterer Bruder nicht in der Nähe gewesen sei.

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Nachbar nahm blutüberströmte Schwester auf

Lob und Anerkennung von Oberstaatsanwalt Christian Lorenz gab es für einen 17-Jährigen, der die schwer verletzte und blutüberströmte Schwester des Beschuldigten bei sich aufnahm und einen Notruf absetzte. Später wurde die 36-Jährige in der Tiefgarage von einem weiteren Nachbarn erstversorgt. Eintreffende Rettungssanitäter kümmerten sich dann um sie.

Der Rettungswagen musste aber weiter, weil der 34 Jahre alte Bruder der 36-Jährigen in einem anderen Häuserflur zu verbluten drohte. Dort hatte er Hilfe gesucht und auch gefunden. Sein Leben konnte aber nicht mehr gerettet werden. Er starb später im Krankenhaus. Die 36-Jährige wurde mit dem Rettungshubschrauber in eine Klinik geflogen.

Alle Informationen zur Bluttat von Lienheim:

Hinter dieser Fassade ereignete sich die Familientragödie. Das Bild entstand direkt nach der Tat.
Hinter dieser Fassade ereignete sich die Familientragödie. Das Bild entstand direkt nach der Tat. | Bild: Baier, Markus

Der 19 Jahre alte Beschuldigte saß beziehungsweise lag derweil außer Atem vor dem Eingang des Mehrfamilienhauses, in welchem die Familie lebte und wartete darauf, von der Polizei festgenommen und mitgenommen zu werden. Das geschah dann wenig später auch. Widerstandslos ließ sich der junge Mann mitnehmen. Er habe erschöpft auf dem Rücken gelegen.

Mehr sei ihm am Tatverdächtigen nicht aufgefallen, als er aus dem Haus kam, sagte der 17 Jahre alte Zeuge auf Frage von Rechtsanwältin Christine Küpfer, die die drei Töchter der Familie als Nebenklägerin vertritt.

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