Die Digitalisierung macht auch vor der Arbeit des Schornsteinfegers nicht halt. Neben Kehrbesen und Kelle gehören längst hochsensible Messgeräte zur Arbeitsausstattung. Doch bei allem Wandel ist ein alter Brauch unverändert. Und das schon seit Jahrhunderten. Denn der Mann in schwarz gilt nach wie vor als der Glücksbringer schlechthin.

Und das nicht nur in Tagen wie diesen. Auch fernab des Jahreswechsels „freuen sich die Leute, meine Kollegen oder mich zu sehen“, sagt Marc-Philipp Hoffmann. Der 28-Jährige aus Waldshut-Tiengen muss es wissen, betreut er als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger doch etwa 2000 Anlagen in seinem Bezirk.

Mit Zylinder und Tuch: Koller heißt die traditionelle Arbeitskleidung der Schornsteinfeger, hier gezeigt vom bevollmächtigten ...
Mit Zylinder und Tuch: Koller heißt die traditionelle Arbeitskleidung der Schornsteinfeger, hier gezeigt vom bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger Marc-Philipp Hoffmann aus Waldshut-Tiengen. Zum Koller gehören Zylinder, Halstuch sowie die schwarze lederbesetzte Jacke, schwarze Hose und schwarze Schuhe. | Bild: privat, Hoffmann Schornsteinfegermeister

Das Ritual ist in der Regel stets dasselbe: „Die Leute streichen mit der Hand über unsere Schulter“, erklärt Hoffmann. Ziel des Akts ist es, dass die Hand dabei zumindest ein wenig schwarz wird. Und wer jetzt denkt, dass der alt hergebrachte Brauch ein wenig aus der Zeit gefallen ist, der irrt. Und zwar gewaltig. Es seien mitnichten nur Menschen im gesetzten Alter, die sich durch die Berührung des Koller, also der Arbeitskleidung des Schornsteinfegers, Glück erhoffen. Auch junge Leute kennen und nutzen die Tradition gerne, weiß Marc-Philipp Hoffmann.

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Und er ergänzt: „Wir werden sofort als Glückbringer erkannt.“ Die Resonanz sei groß und „die Leute freuen sich, wenn sie einen von uns sehen“. Der Glaube könne halt noch immer Berge versetzen, sagt der Schornsteinfegermeister und Energieberater mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen.

Nicht ohne Computer: Marc-Philipp Hoffmann, bevollmächtigtet Bezirksschornsteinfeger, in seinem Büro in Waldshut.
Nicht ohne Computer: Marc-Philipp Hoffmann, bevollmächtigtet Bezirksschornsteinfeger, in seinem Büro in Waldshut. | Bild: Oldenburg, Kai

Hoffmann, der bereits mit 20 Jahren seine Meisterprüfung ablegte, trägt nicht mehr jeden Tag den Koller, bestehend aus Zylinder, Halstuch sowie schwarzer lederbesetzter Jacke und schwarzer Hose. Verwaltungsaufgaben binden ihn zusehends an seinen Schreibtisch mit Blick auf die Waldshuter Rheinstraße.

Gleichwohl kennen ihn viele seiner Kunden in Rheinfelden, Schwörstadt, Niederdossenbach und Dossenbach auch als Mann in schwarz, als klassischen Schornsteinfeger. Denn ganz kann er von der eigentlichen Arbeit eines Schornsteinfegers nicht lassen. Auch wenn inzwischen drei Schornsteinfeger und zwei Teilzeitkräfte im Büro für ihn tätig sind. Aber: „Es kann ruhig hin und wieder nochmal schmutzig werden.“

Der Ursprung des Glücks

Doch woher kommt eigentlich der Glaube, dass die Berührung eines Kaminfeger Glück bringt? Um das Herauszufinden, muss man den Blick tief in die Vergangenheit richten. Den Anfang datiert Marc-Philipp Hoffmann in die Zeit, als Häuser oft nicht mehr als aus einem Raum bestanden und die Brandgefahr durch offenes Feuer groß war. Die Kaminfeger jener Zeit seien noch von Haus zu Haus gelaufen und die Gebäude mit einem gereinigten Schornstein seien wohl seltener von Bränden heimgesucht worden. Daher stamme wohl auch der Spruch: „Du hattest Glück, bei Dir war der Schornsteinfeger.“

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Die Wurzeln seines Berufsstandes lägen in Italien und nicht wie oftmals vermutet in England, weiß Hoffmann. Seit Mitte des 14. Jahrhunderts gäbe es steinerne Kamine, die erste Wiener Feuerverordnung stammt aus dem Jahr 1454. Damit auch heute noch alles reibungslost läuft und der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger alle neuen Verordnungen kennt und anwenden kann, stehen pro Jahr zehn bis zwölf Weiterbildungen pro Jahr an. Viele davon seien eintägig, manche dauerten aber auch vier Tage.

Der Beruf im Wandel

Die Zeiten, als die Arbeit eines Schornsteinfegers überwiegend aus Reinigungsarbeiten, wie dem Entrußen eines Kamins bestanden, haben sich stark verändert. Inzwischen geht es immer mehr um die Betriebs- und Brandsicherheit von Heizanlagen und natürlich um den Umweltschutz. Viele Geräte in den Heizräumen würden inzwischen deutlich rückstandsärmer verbrennen als dies früher der Fall gewesen sei, erklärt der 28 Jahre alte Schornsteinfegermeister im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Tradition und Moderne: Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger Marc-Philipp Hoffmann aus Waldshut-Tiengen mit modernen Messgeräten ...
Tradition und Moderne: Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger Marc-Philipp Hoffmann aus Waldshut-Tiengen mit modernen Messgeräten und dem Koller (links), der traditionellen Arbeitskleidung der Schornsteinfeger. | Bild: privat, Hoffmann Schornsteinfegermeister

Oder anders ausgedrückt: „Es gibt eine signifikante Änderung in unserem Kerngeschäft.“ Allerdings müssten seinen Mitarbeiter und hin und wieder er selbst natürlich auch noch Anlagen und Kamine reinigen, vor allem dann wenn mit Holz geheizt würde. Und solche Anlagen seien insbesondere im Südschwarzwald noch stark verbreitet. Ein Umstand, den der Vater eines neun Monate alten Sohnes nur zu gerne begrüßt. Schließlich sei das Heizen mit Holze wegen der CO2-Neutralität gut für die Umwelt.

Nichts desto trotz muss sich Marc-Philipp Hoffmann, wie seine Kollegen auch, stets neuen Heraus- und Anforderungen stellen. So tritt beispielsweise zum 1. Januar 2022 eine neue Ableitungsverordnung in Kraft.

Trotz aller Bürokratie und sich verändernden Rahmenbedingung hat Hoffmann sichtlich Spaß an seinem Beruf, der mit der Ausbildung zum Schornsteinfeger im Jahr 2009 begann. Nach einem Gesellenjahr, der Meisterschule und einer vierjährigen Tätigkeit in der Schweiz, zog es ihn vor drei Jahren auf die deutsche Seite des Hochrhein – auch der Liebe wegen. Wohnhaft in Weilheim, hat er den Firmensitz in Waldshut aufgeschlagen. Bis zum 31. Dezember 2021 war er für den Bezirk Lörrach 9 verantwortlich, als für Teile Rheinfeldens, Schwörstadt, Niederdossenbach und Dossenbach. Zum 1. Januar 2022 hat er den Bezirk Waldshut 8 übernommen. Zu ihm gehören Görwihl, Herrischried und Teile von Albbruck.

Mittler zwischen Politik und Bürgern

Im Zug der immer strenger werdenden Gesetze sieht sich Hoffmann auch als Mittler zwischen der Politik auf der einen und den Bürgern auf der anderen Seite. „Ein wichtiger Baustein unserer Arbeit ist es, neue Gesetze und Verordnungen zu vermitteln.“ Schließlich „befinden wir uns mitten in der Wärmewände“. Und er sieht sich auch in der Verantwortung, den besten Lösungsweg für seine Kunde zu erarbeiten, wenn diese beispielsweise vor der Entscheidung stehen, für welche Art der Heizung sie sich entscheiden sollen. Marc-Philipp Hoffmann: „Wir sind dann der Ansprechpartner ohne Lobby und Eigeninteressen.“ Deshalb rät er, bei einem geplanten Austausch der Heizungsanlage unbedingt den Rat eines Schornsteinfegers einzuholen.

Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger

Seine eigenen Zukunft sieht der aus der Pfalz stammende, aber längst am Hochrhein heimisch gewordene Marc-Philipp Hoffmann in einem breit aufgestellten Tätigkeitsfeld. Dazu zählt er unter anderem den Brandschutz, die Reinigung von Zwangsentlüftungen in Wohnungen und Häusern sowie die Energieberatung. Das alles vor dem Hintergrund, dass in seinem neuen Bezirk die klassische Tätigkeit wohl eher zunehmen werde. Denn: „Im Hotzenwald werden Öl- oft durch Holzpellet-Heizungen ersetzt.“ Deshalb ist dem Mann, der sich mit Kraft- und Ausdauersport fit hält, beim Blick nach vorne auch nicht bange. Er plant deshalb einen Azubi einzustellen, auch um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Moderne Technik: Ohne moderne, hochsensible Messgeräte lässt sich die Arbeit eines bevollmächtigen Bezirksschornsteinfegers nicht mehr ...
Moderne Technik: Ohne moderne, hochsensible Messgeräte lässt sich die Arbeit eines bevollmächtigen Bezirksschornsteinfegers nicht mehr ausüben. | Bild: privat, Hoffmann Schornsteinfegermeister

Marc-Philipp Hoffmann sagt abschließend auch, man müsse anpassungsfähig sein, „um unter Berücksichtigung der traditionellen Werte neue Wege beschreiten zu können“.

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