Jeder Tag recherchieren die SÜDKURIER-Reporter am Hochrhein und um Südschwarzwald interessante Themen und treffen die unterschiedlichsten Gesprächspartner. Für die Autoren ist das eigentlich Alltag. Doch immer wieder gibt es auch ganz besondere Themen, die ihr oder ihm lange in Erinnerung bleiben. In allen Fällen sind es aber Geschichten wie diese, die unsere Leser besonders schätzen und die uns Journalisten immer wieder aufs Neue in unserem Einsatz für unsere Leser bestätigen.
Geschmackloser Brief taucht im Wahlkampf auf
von Juliane Schlichter
Im Laufe meiner mehrjährigen Arbeit als Redakteurin habe ich über schöne und lustige Themen berichtet, traurige und rührende Geschichten niedergeschrieben und den ein oder anderen Skandal zu Papier gebracht. Über einen geschmacklosen Vorfall hatte ich – soweit ich mich erinnere – jedoch noch keinen Artikel verfasst. Bis zum Sommer dieses Jahres. Denn anders als geschmacklos kann man den anonymen Brief, der Ende August in Umlauf geriet, nicht bezeichnen.

Ein bis heute unbekannter Verfasser hatte rund einen Monat vor der Bundestagswahl ein Schreiben an Gemeinderäte, Vereinsvorsitzende und Amtsträger in und um Lauchringen geschickt. Das Makabere daran: Als Absender wurde der 2016 verstorbene Alt-Bürgermeister Bertold Schmidt genannt. In dem Brief leugnete der anonyme Verfasser die Existenz von Corona und listete vermeintliche Verfehlungen der CDU bei der Pandemie-Bekämpfung auf. Zudem ging er mit lokalen Parteivertretern wie Felix Schreiner und Lauchringens Bürgermeister Thomas Schäuble hart ins Gericht.
Ich habe Bertold Schmidt nicht persönlich kennengelernt. Ich kann jedoch die Gefühle nachvollziehen, die diejenigen, die ihn gut kannten, und insbesondere seine Familie empfunden haben müssen, als das Schreiben in Umlauf geriet. Denn es ist völlig pietäts- und respektlos, einen Verstorbenen für seine Zwecke zu missbrauchen und Politiker auf diese Weise zu verunglimpfen. Wenn man eine andere Meinung vertritt, sollte man diese auch öffentlich äußern und mit seinem eigenen Gesicht und Namen dazu stehen. Wer das nicht kann, sollte schweigen.
Zum ersten Mal durch den neuen A98-Tunnel
von Justus Obermeyer
Es ist schon ein ganz besonderer Moment, wenn mal als erster „Normalsterblicher“ durch einen nagelneuen Autobahntunnel fahren darf. Wenige Monate vor der offiziellen Inbetriebnahme hatte ich im Juni die Gelegenheit, das neue A98-Teilstück bei Rheinfelden zu besichtigen und dabei auch den Herrschaftsbucktunnel zu durchqueren.
Dort wo nun täglich bis zu 20.000 Autos durchheizen, durfte ich sogar anhalten und mir in aller Ruhe das Innenleben des Bauwerks ansehen. Durch den Sicherheitsstollen führte mich der Projektleiter Udo Gütle von der Autobahn GmbH von einer Tunnelröhre zur anderen und zeigte mir die Sicherheitseinrichtungen, die hoffentlich nie gebraucht werden.

Aus dem Inneren des Tunnels ging es sogar in die Luft: Mit einer Drohe überflog ich den neuen Autobahnabschnitt, um einzigartige Luftaufnahmen von der fast fertigen Baustelle machen. Auch das ein besonderes Privileg für mich, denn unter Verkehr ist das Überfliegen von Autobahnen natürlich streng verboten.
Zwölf Jahre wurde an dem 2,8 Kilometer langen Teilstück gearbeitet. Es war das letzte im Bau befindliche A98-Stück. Am 20. Dezember war die lange ersehnte Verkehrsfreigabe. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass es die letzte Einweihung eines A98-Abschnitts in diesem Jahrzehnt sein wird.
Er schenkt Menschen neuen Lebensmut
von Verena Wehrle
Welche meiner Geschichten hat mich selbst am meisten berührt? Schwierige Frage. Das Jahr war erneut geprägt von der Pandemie und so habe ich immer wieder über Corona, die Verordnungen und Auswirkungen geschrieben. Doch mich haben gerade Geschichten abseits dieses Themas bewegt.
Vor allem ein Artikel fällt mir da ein: Björn Kelz, der selbst seit seiner Jugend im Rollstuhl sitzt, gibt Menschen mit Handicap eine Chance und bietet ihnen ein Sprungbrett ins Berufsleben. Beeindruckt hat mich die Selbstverständlichkeit, mit der er anderen hilft – und das so gut wie ehrenamtlich. Beeindruckt hat mich aber auch die Bescheidenheit, mit der er das macht. Und ganz besonders die Leidenschaft, die dahintersteckt. Leidenschaft dafür, etwas an andere weiter zu geben. Wie er Menschen aus der Einsamkeit herausholt, ihnen ihren Glauben an sich selbst zurückgibt, ihnen Perspektiven bietet und damit neuen Lebensmut schenkt. Unfassbar schön.

Mit seinem Projekt zeigt er eben, dass Menschen mit Handicap weitaus mehr leisten können als viele von ihnen erwarten mögen. Auch die Reaktionen auf diesen Artikel waren durchweg positiv. Für mich sind es genau diese Geschichten über Menschen, die wiederum andere motivieren, die für mich meinen Beruf so wertvoll machen. Und bei dieser Geschichte kam noch hinzu: Dass es nach einer langen Phase zuhause im Homeoffice endlich mal wieder ein persönliches Treffen war. Und noch dazu mit einer ganz besonderen und sehr herzlichen und offenen Persönlichkeit. Doch lesen Sie selbst.
Ein geplagter Bahnfahrer – wie andere auch
von Markus Vonberg
Eine der goldenen Regeln des Journalismus lautet: Berichte nicht über dich selbst. Und so ärgerte ich mich zwar, als ich am 17. Oktober bei Heimreise mit dem Zug vom Bodensee an den Hochrhein mal wieder mitten ins Bahnchaos geriet. Aber ich war mir auch darüber im Klaren, dass ich nicht darüber schreiben würde. Nicht darüber, dass der IRE trotz der am Sonntagabend in der Regel besonders großen Zahl an Reisenden mal wieder in verkürzter Wagenformation in Friedrichshafen einfuhr. Nicht darüber, dass er selbstredend verspätet losfuhr. Nicht darüber, dass ich bis Singen eingezwängt zwischen anderen Passagieren stehend reiste. Nicht darüber, dass der Anschlusszug in Bad Säckingen ausfiel, und auch nicht darüber, dass der nachfolgende Zug verspätet war. Es ist ja auch alles nichts Besonderes, wie man als regelmäßiger Bahnfahrer leider weiß.

Doch als ich am Montag am Rechner die über das Wochenende an die Redaktion eingegangenen E-Mails durchsah, stieß ich auf Beschwerden anderer Bahnfahrer. Da schilderte Brigitte Kunzelmann aus Rotzel, wie es ihrem zehnjährigen Sohn Benjamin oft genug geht, wenn er morgens von Laufenburg den Zug nach Bad Säckingen zur Schule nimmt. Oliver Schwarz-Roosmann beschrieb die fast schon normalen Zustände am Haltepunkt Dogern. Die Erfahrungen gleichen sich: Züge fallen aus, kommen verspätet an, fahren total überfüllt.
Ich griff das Thema auf. In meinem Bericht ließ ich betroffene Bahnpassagiere zu Wort kommen, bat den Waldshuter Tarifverband, die Nahverkehrsgesellschaft des Landes und natürlich auch die Deutsche Bahn um Stellungnahmen. Und auch über meine Rückreise am Abend des 17. Oktober schrieb ich. Denn die wichtigste Regel des Journalismus lautet: Schreiben, was ist.
Hier geht es um Menschen, nicht um Zahlen
von Susanne Eschbach
In die Suchtmedizinische Tagesklinik sollte ich gehen und Bilanz ziehen. So lautete der Auftrag aus der Redaktion. Denn vor genau fünf Jahren hat sich die Außenstelle des Zentrums für Psychiatrie in Reichenau, auf dem Gelände des Gesundheitscampus in Bad Säckingen angesiedelt, die sich um Suchterkrankungen jeglicher Art im Landkreis kümmert. Vorbereitet auf eine Flut von Zahlen und Statistiken, war ich pünktlich beim Pressegespräch. Nach zwei Stunden stand ich tief berührt wieder vor der Klinik. Berührt davon, dass mir – ohne mich wirklich zu kennen – so viel Vertrauen geschenkt worden ist. Denn statt nüchterner Zahlen, hat das Klinikpersonal Menschen sprechen lassen.

Sie haben über ihren Alltag erzählt, bei dem sich alles nur um die Sucht gedreht hat. Wie sie befriedigt werden kann und dass es niemand merkt. Sie haben mir über die Verzweiflung ihrer Angehörigen erzählt, die nicht mehr weiter wussten und die eindringliche Bitte, sich endlich helfen zu lassen. Und auch darüber, dass mit der Hilfe der Kampf noch lange nicht zu Ende ist. Im Gegenteil: Jetzt erst richtig begonnen hat.
Plötzlich war jedes Familienfest oder jeder Geburtstag, sogar jeder Tag eine Herausforderung für sie. Denn jetzt mussten sie mit, zum Teil jahrelangen, gewohnten Abläufen brechen und Alternativen suchen. Plötzlich war jeder Spaziergang und der Gesang der Vögel ein Erlebnis, dass sie nicht wieder verlieren möchten. Sie erzählten mir von ihren Ängsten, wieder zu versagen und die Anstrengung nach einem Rückfall, sich wieder Hilfe zu holen.
Trotzdem bin ich mit einem guten Gefühl nach Hause. Denn diese Menschen haben es geschafft, sind mit ihren Aufgaben gewachsen und haben erkannt, ersichtlich, dass auch auf sie ein schönes Leben wartet und eine Zukunft. Ich werde diese Begegnung wohl immer in Erinnerung behalten. In meiner Geschichte habe ich sie Felix, Anne und Alexander genannt. Und dass sie mir dieses große Vertrauen entgegen gebracht haben, war das größte Geschenk für mich, nicht nur zu Weihnachten. Bleibt weiter stark!
Endlich ein großer Wurf bei der A98
von Markus Baier
Endlich wieder Bewegung in Sachen Autobahn-Lückenschluss – das war mein Thema des Jahres. Vor gut zehn Jahren war ich bereits mit von der Partie, als die Konsens-Trasse vorgestellt wurde, und eine bis dahin nicht für möglich gehaltene Variante für die Streckenführung der A98 zwischen Wehr und Murg entworfen hat.
Doch nachdem auch dieser Vorschlag – wie so viele zuvor – versandet war, wurde in diesem Sommer, genau gesagt am 14. Juli, mit der Vorzugsvariante eine Planung vorgelegt, die mithin viele damals unbeantwortete Fragen bereits berücksichtigt. Es ist der große Wurf, auf den die Region nun wiederum viele Jahre warten musste – und es gibt sogar endlich so etwas wie eine zeitliche Planung.
Sicher: Noch sind viele Hürden zu nehmen, es gibt viel Störfeuer, und gerade die vorgesehene Tunnelumfahrung von Bad Säckingen macht das Ganze bestimmt extrem teuer. Aber es ist auch jeden Fall ein gutes und wichtiges Zeichen, dass neues Leben in die Autobahn-Debatte gekommen ist und zudem ein Planwerk vorgelegt wurde, das bei den Kommunen Begeisterung hervorruft und hinter dem sich auch schlagkräftige Mehrheiten der politischen Gremien in der Region vereinigen lassen.
Denn es zeigt sich auch, dass die Notwendigkeit einer durchgehenden, leistungsstarken Verbindung, inklusive der Umfahrung der Ortsdurchfahrten, noch dringlicher ist als früher. Experten erwarten gar eine annähernde Verdoppelung des Verkehrsaufkommens in den nächsten zwei Jahrzehnten. Insofern ist es zu begrüßen, dass es für dieses sich anbahnende Problem bereits einen Lösungsansatz gibt.
Beeindruckende Testfahrt im selbstfahrenden Auto
von Michael Neubert
Ein Auto, das ganz alleine fährt, ohne das Zutun eines Fahrers? Über selbstfahrende Vehikel gibt es in den Medien vieles zu sehen und zu lesen. Dass die Entwickler längst an solchen Fahrzeugen tüfteln, war mir bekannt. Doch in einem Auto zu sitzen, dass sich selbst steuert, diese Erfahrung habe im Herbst bei einer Präsentation auf dem Areal der Stahlgießerei in Schaffhausen machen dürfen. Für mich eine beeindruckende Premiere.

Zugegeben: Irgendwie hatte ich keine richtige Vorstellung davon, und als ich den auf den ersten Blick ganz normalen Neunsitzer betrachtete, kam ich erst mal nicht auf die Idee, dass dieses Fahrzeug sich tatsächlich selbst lenkt. Dann entdeckte ich aber die Sensoren auf dem Dach. Tatsächlich scheint an diesem Auto etwas anders zu sein. Mit anderen Medienleuten setzte ich mich rein. Ich staunte über das große Display mit dem Abbild des Geländes. Das Auto fuhr los und rollte gemächlich, wie von Geisterhand gelenkt durch den Stadtgarten. Der Fahrer, „Sicherheitsfahrer“, hatte seine Hände in den Schoß gelegt, die Füße von den Pedalen genommen. Das Lenkrad drehte sich selbstständig, das Fahrzeug bremste an Hindernissen. Es geht tatsächlich.
Im Frühjahr wird es sich zeigen, wie sich der Neunsitzer als „Linie 13“ im Verkehr bewährt. Dann soll er Menschen vom Bahnhof in Schaffhausen in die Stahlgießerei, in den neuen Stadtteil, und in umgekehrter Richtung chauffieren. Noch ist ein Sicherheitsfahrer dabei. In Zukunft sollen sie nicht mehr gebraucht werden. Wann solche autonom fahrenden Busse tatsächlich Menschen transportieren, ist ungewiss. Ich jedenfalls war beeindruckt von dieser Demonstration und bin überzeugt davon, dass die Technologie irgendwann salonfähig wird. Ich stelle mir vor, wie ich ins Auto sitze, den Startbefehl gebe, die Zeitung lese und mich von meinem Auto ans Ziel bringen lasse, ohne dass ich einen Finger krumm mache.
Neues Glücksspielgesetz: Viele Spielhallen am Hochrhein vor dem Aus
von Gerald Edinger
Dingen auf den Grund zu gehen, neugierig sein, nachzufragen, warum etwas so und nicht anders entschieden wurde und welche Auswirkungen das für die Menschen haben kann. Das war und ist mein Antrieb, wenn ich für Reportagen mit einer Recherche beginne. Eine meiner umfangreichsten Nachforschungen war die zum neuen Glücksspielgesetz, das zum 1. Juli in Kraft trat. Den Betreibern von Spielotheken wurde damit das Leben erschwert bis unmöglich gemacht, einige mussten schließen, weil sie die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllen konnten, dafür wurden Online-Glücksspiele legalisiert.
Meine Fragen richteten sich an die zuständigen Ministerien in Stuttgart, Betreiber von Spielotheken, ich sprach mit Bürgermeister von Kommunen, in denen Einnahmen aus der Vergnügungssteuer wegbrachen und ich wollte wissen, welches Suchtpotenzial in den Wohnzimmern schlummert, wenn bequem zu Hause gezockt werden darf – und das völlig legal.
Was ich feststellen konnte: Die Konsequenzen von Gesetzesänderungen werden offenbar nicht bei allen Beteiligten bis ins letzte Detail bedacht. Für die Politik ist das Ziel, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken. Bürgermeister befürchten nun allerdings den Verlust sozialer Kontrolle und die Fachstelle Sucht sieht ein hohes Suchtpotenzial, befürchtet gar die Erweiterung der Zielgruppen durch legale Werbung.
Dieser Mann stottert – ist aber immer bereit zu sprechen
von Mario Wössner
Mit seinen vermeintlichen Schwächen leben und sie akzeptieren: Das ist wohl für niemanden leicht. Umso beeindruckender ist es, wenn jemand so offen damit umgeht wie Fred Thelen. Der Wallbacher Ortsvorsteher stottert seit seiner Kindheit – und war dennoch immer bereit zu sprechen: In der Schule, im Beruf und heute in der Kommunalpolitik als Fraktionssprecher.

Im Gespräch hat er mir anlässlich des Weltstottertages offen von seinem Leben mit der Krankheit erzählt – von den Höhen und Tiefen, von Vorurteilen, Ängsten und Erfolgen. Durch diese Geschichte habe ich versucht, das Augenmerk der Leser auf eine unterschätzte, oft verschwiegene und mit Scham behaftete Krankheit zu lenken und durch ein emotionales und persönliches Porträt über das Thema zu informieren – was ich als Journalist sehr wichtig finde. Vielleicht ist es mir sogar gelungen, dass Fred Thelen für Betroffene ein Vorbild sein und ihnen Mut geben kann, da er sich durch seine Krankheit nie von seinen Zielen hat abbringen lassen.
Aber auch ich selbst habe durch die interessante Recherche einiges gelernt: Wie man mit Schwächen umgeht, wie man Hindernisse überwindet und wie man so persönliche Themen ansprechen kann. Daher ist meine Geschichte des Jahres die Reportage zum Thema Stottern mit dem Wallbacher Ortsvorsteher Fred Thelen.
Gewerbekanal bleibt in Erinnerung
von Julia Becker
Manchmal sind es die kleinen und versteckten Dinge, die einen nicht loslassen. Für mich ist der Wehrer Gewerbekanal ein solches Thema. Kaum sichtbar im Alltag taucht der Kanal auch in der Zeitung nur immer mal kurz auf – in den Erzählungen älterer Wehrer Bürger über das bunte Abwasser der Färbereien, zum Jubiläum der Papierfabrik Lenz und in den Geschichten über die Textilindustrie. Und auch im Gespräch mit den Fischern, welche die hohe Wasserentnahme aus der Wehra reklamierten.

In diesem Jahr wurde der Kanal trocken gelegt. Ich habe die Männer vom Angelsportverein im Januar dabei begleitet, wie sie die letzten Fische aus dem langsam leerlaufenden Kanal gefangen haben. Mit hohen Gummistiefeln ging es in den 1600 Meter langen dunklen Tunnel, vom Wehraareal bis hinunter zum Rathaus und Ludingarten. Nach gut drei Stunden waren alle Fische in die Wehra umgesiedelt und der Gewerbekanal Geschichte.
Aber losgelassen hat mich das Thema trotzdem nicht. Das Kraftwerk der Papierfabrik mit Fischaufstieg ist im Bau, im Gemeinderat wurde der Abbruch des Kanals zugunsten von Wohnraum an einer Stelle und dem Erhalt dieses Stücks Stadtgeschichte an anderer Stelle diskutiert. „Ohne diesen Kanal hätte es kein Eisenwerk gegeben, ohne das keine Textilindustrie und ohne diese wäre Wehr nicht was es jetzt ist,“ sagte mir der Bürgermeister kürzlich. Ich bin mir darum sicher, dieses Thema wird mich weiter begleiten.
Eine starke Frau
von Nico Talenta
Die Nähe zu anderen Menschen und ihrer individuellen Persönlichkeit – das ist es, was ich an meinem Beruf lieben gelernt habe. Gerade Lebensgeschichten, die an Tabuthemen der Gesellschaft geknüpft sind, sind beeindruckend, denn es erfordert Mut, über solch persönliche Angelegenheiten zu sprechen.
Der Artikel über Sigrun Peschels Alkoholsucht wird mir persönlich noch lange in Erinnerung bleiben. Sie hat es geschafft und ist seit mehreren Jahren trocken. Im Detail sprach sie darüber, wie sie überhaupt in die Abhängigkeit geriet und was der ausschlaggebende Punkt war, sich dagegen zu wehren. Etwa vier Wochen nach Veröffentlichung des Textes saß ich gerührt vor meinem Computer. Sie schilderte in einer E-Mail neben weiteren positiven Erlebnissen, dass der Kontakt zu ihrem Bruder seit der Veröffentlichung des Artikels wieder besteht.
Ich habe es mit meinem Artikel geschafft, zwei Geschwister näher zusammenzubringen – Erlebnisse wie dieses spornen mich an, nah an den Menschen zu bleiben.