„Die Moral von der Geschicht‘“, sagt Hansjörg Ketterer, Kommandant der Bonndorfer Gesamtfeuerwehr, die sei das Folgende: „Verscherz es dir mit Schneeräumdienst und Feuerwehr nicht.“ Ziemlich schlechte Witze mit Hansjörg Ketterer und den Kameraden der Bonndorfer Wehr hat aus deren Sicht der Lebensmittel-Discounter Lidl gemacht. Der mit 12.000 Filialen wahrscheinlich größte Supermarkt-Konzern der Welt betreibt seit Anfang der 2000er-Jahre eine seiner Niederlassungen in der Bonndorfer Rothausstraße. Das Grundstück hat Lidl von der Stadt erworben, zuvor war es offenbar als Parkplatz genutzt worden. Direkt daneben liegt das Feuerwehrhaus der Bonndorfer Feuerwehr.
Bisher war das Parken kein Problem
Lange Zeit gab es kein Problem unter den Nachbarn. Feuerwehrleute, die zu einem Einsatz kamen, parkten auf dem Lidl-Parkplatz. Genauso handhabten es die Musiker der Bonndorfer Stadtmusik, die für ihre regelmäßigen Proben ebenfalls Räume im Gebäude der Feuerwehr nutzen. Mit dem komfortablen Parken nebenan ist es jedoch vorbei: Seit einigen Wochen hat Lidl die Regeln für das Parken vor seiner Bonndorfer Filiale geändert. Während bis vor Kurzem jeder, nicht nur Feuerwehrleute und Musiker, den Lidl-Parkplatz jederzeit benutzen konnte, beschränkt das Unternehmen jetzt die zulässige Parkzeit auf 90 Minuten – das gilt an sieben Tagen der Woche und rund um die Uhr.
Das wird den Parkenden auf mehreren Schildern unübersehbar verkündet. Zugleich werden die Kunden informiert, dass beim Überschreiten der Parkzeit eine Vertragsstrafe von 35 Euro fällig wird. Überwacht wird das mittels einer Kamera, die die Kennzeichen der ein- und ausfahrenden Fahrzeuge samt Uhrzeit erfasst. Ein Bewirtschaftungsunternehmen ermittelt bei Vertragsverstößen den Halter und stellt ihm eine Zahlungsaufforderung zu. „Leider werden unsere Parkplätze immer wieder durch Fremdparker blockiert und sind dadurch nicht ausreichend für unsere Kunden verfügbar“, schreibt das Unternehmen Lidl auf Nachfrage dieser Zeitung. „Zu diesem Zweck halten wir entsprechend gekennzeichnete Parkplätze für eben diese frei.“
Dieses Vorgehen sei rechtens, sagt der Allgemeine Deutsche Automobilclub ADAC. „Falschparken auf Privatgrund gilt rechtlich als Besitzstörung“, schreiben die ADAC-Juristen auf der Internetseite des Klubs über derartige Fälle, dagegen dürfe der Grundstückseigentümer vorgehen. Wer sein Auto auf einem Kundenparkplatz abstellt, schließe einen Vertrag mit dem Eigentümer und akzeptiere die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Diese enthalten Vertragsstrafen bei Verstößen, wie eben einer zu langen Parkzeit.
Macht es sich Lidl zu einfach?
Die neue Parkregelung gilt auch für Feuerwehr und Stadtmusik. Dort glaubt man aber, dass Lidl es sich zu einfach macht. Die Feuerwehr habe Parkfläche an Lidl abgegeben, sagt Hansjörg Ketterer. Im Gegenzug habe die Stadt mit dem Markt die Übereinkunft getroffen, dass der Feuerwehr und der Stadtmusik der Lidl-Parkplatz zur Verfügung steht. Das sagt auch Felix Schüle, der Vorsitzende der Stadtmusik. Sein Amtsvorgänger habe ihm diese Information gegeben. Schriftlich finde sich darüber allerdings nichts in den Akten, stellt Bonndorfs Hauptamtsleiter Harald Heini fest. Das Bauamt habe nach einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Discounter gesucht, sei jedoch nicht fündig geworden. Das Unternehmen Lidl will sich zu diesem Vorgang nicht äußern.
Kategorisch tut das jedoch Bonndorfs früherer Bürgermeister Michael Scharf. „Eine solche Vereinbarung hat es nie gegeben“, antwortet Scharf dieser Zeitung, er muss dafür nicht lange überlegen. Laut Scharf gab es dafür gar keinen Grund: Die Feuerwehr habe keine Parkplätze abgeben müssen, die Aufteilung der Grundstücke sei so gewesen wie heute. „Gut möglich, dass die Marktleiter von Lidl das Parken der Feuerwehrleute bei Einsätzen damals einfach geduldet haben“, sagt Scharf.
Frust bei der Feuerwehr
Die Feuerwehrleute seien sehr verärgert, berichtet deren Kommandant Hansjörg Ketterer, einige hätten gedroht, die Uniform abzugeben, wenn sie jemals ein Knöllchen von Lidl bekommen. Sie parken jetzt wie die Stadtmusik hinter dem Feuerwehrhaus auf dem Studer-Areal. Das Gelände ist allerdings nur notdürftig geschottert und könnte im Winter schwierig zu begehen sein. „Das verlängert jedenfalls unsere Ausrückzeiten“, warnt Hansjörg Ketterer, mitunter gehe es dabei schließlich um jede Minute. Besonders problematisch könnte es werden, wenn Feuerwehrleute zum Einsatz kommen, während gerade ein Lastwagen die Altglas-Container hinter dem Gerätehaus leert und die Einfahrt versperrt.
Prinzipiell habe Lidl wenig Grund, sich mit der Feuerwehr anzulegen, fährt Ketterer fort. Schließlich hätten die Kameraden mehr als einmal das Dach des Supermarkts vom Schnee befreit, falsch alarmierende Rauchmelder ausgeschaltet und immer wieder Wache gestanden, wenn ein Mitarbeiter des Markts vergessen hatte, die Alarmanlage einzuschalten. Ob die Feuerwehr dem Lidl-Markt diese Hilfe auch künftig leisten werde, lässt Ketterer offen. Man solle es sich mit der Feuerwehr jedenfalls nicht verscherzen.