Als Reporter bin ich viel im gesamten Landkreis Waldshut unterwegs. Dennoch sitze ich wenig selbst am Steuer. Zu Presseterminen reise ich mit Bus und Bahn – als Waldshuter bin ich in dieser Hinsicht privilegiert, da fast der ganze Landkreis von der Großen Kreisstadt aus mit dem ÖPNV erreichbar ist.
Aber eben nur fast der ganze Landkreis. Manchmal verlangt der ländliche Raum auch mir eine Autofahrt ab – denn Busfahrten nach Stühlingen-Grimmelshofen oder Jestetten-Altenburg dürfen mit Fug und Recht als regelrechte Reisen bezeichnet werden.
Alltag ohne Auto
Doch ich besitze selbst kein Auto und gedenke auch nicht, mir eines zu kaufen. Ich scheine also wie gemacht zu sein für das Carsharing-Angebot, das in den vergangenen Jahren in der Region entstanden ist. Das Prinzip ist simpel: Ein Auto wird für eine Gruppe von Menschen zur gelegentlichen Nutzung zur Verfügung gestellt.
Zwar bin ich grundsätzlich materialistisch veranlagt und habe mir als Kind lieber Bücher selbst gekauft, anstatt sie in der Bibliothek auszuleihen. Auf ein eigenes Autos lege ich trotzdem keinen Wert. Ohne Auto zu leben ist in meinem Job in dieser Region aber auch nur umständlich möglich. Vielleicht könnte Carsharing mein Leben ein bisschen einfacher machen?
Voraussetzungen für Carsharing
Um einen der elektrisch betriebenen Carsharing-Wagen zu testen, benötige ich aber zunächst ein Konto bei „my-e-car.de“. Das Unternehmen versorgt den gesamten südbadischen Raum mit E-Autos fürs Carsharing. Auf der Website können nicht nur die 17 Renault Zoe im Landkreis Waldshut gebucht werden, sondern auch die Carsharing-Autos von Partnerunternehmen beispielsweise in Freiburg und Tübingen.
„In nur drei Schritten zum Carsharing“ heißt es auf der Website. Also gut, dann lege ich ein Konto an. Neben meinen persönlichen Daten muss ich auch die Nummer meines Personalausweis sowie verschiedene Daten meines Führerscheins eintragen. Nachdem ich alle Daten auf der Website bestätigt habe, wird mir eine E-Mail mit einem Link zur Registrierung meiner Kreditkarte zugeschickt.
Die Hürde: Carsharing nur mit Kreditkarte
Kreditkarte? Ich hatte eigentlich erwartet, mit dem Online-Zahlungsdienst Paypal bezahlen zu können – eine Kreditkarte besitze ich nicht. Netterweise hilft mir ein Arbeitskollege für meinen Erfahrungsbericht aus und stellt mir seine private Kreditkarte für die Anmeldung zur Verfügung.
Ich rechne damit, dass die Registrierung mit der Eingabe und Bestätigung der Kreditkartendaten abgeschlossen ist – doch ich erhalte den Hinweis, dass ein Fehler bei der Registrierung aufgetreten sei. Den Link aus der Mail kann ich nicht erneut anwählen. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als die ganze Anmeldung mühselig erneut vorzunehmen.
So wiederholt sich das Spiel einige Male, bis ich einsehe, dass die Website die Kreditkarte nicht akzeptiert. Zum Test probiere ich die Anmeldung erneut mit der Kreditkarte einer weiteren Kollegin – doch wieder Fehlanzeige.
Schwierigkeiten bei der Buchung
Also rufe ich bei der Hotline von „Stadtmobil Carsharing Südbaden“ in Lörrach an. Die Dame im Kundenservice erklärt, dass dieses Problem auch bei anderen Kunden in den vergangenen Tagen oft vorgekommen sei. Sie versichert, mich anzurufen, sobald das Problem behoben ist.
Der Anruf kommt noch am selben Vormittag – es handle sich doch nicht um einen Fehler im System. Der externe Kreditkartenbetreiber, über welchen der Zahlungsverkehr online abgewickelt wird, akzeptiert anscheinend nur Kreditkarten, die „3D-secure“ sind – ein Wort, das ich zum ersten Mal höre – und scheinbar seien die bislang genutzten Kreditkarten eben nicht „3D secure“.
Die Dame versucht noch, mich von einem anderen Tarif zu überzeugen: Bei diesem müsste ich allerdings nicht fünf Euro Anmeldegebühr zahlen wie auf der Website „my-e-car.de“, sondern allein 25 Euro für die Anmeldung und dann monatlich noch mal sechs Euro. Ein Angebot für regelmäßige Nutzer also, das für meinen Test nicht infrage kommt.
Dieser Erfahrungsbericht könnte also an dieser Stelle beendet sein und ich könnte frustriert über die Unsinnigkeit des singulären Zahlungsprozesses schreiben. Ich könnte mein Fazit ziehen, dass es kein Wunder ist, dass Carsharing nicht flächendeckend angenommen wird, wenn die Anmeldung so umständlich ist – während die Nutzung dieser nervigen E-Rollern in Großstädten in zwei Klicks per App möglich ist.
Diesmal klappt es – doch die Registrierung ist noch nicht abgeschlossen
Doch mehr aus Zufall probiere ich mich noch einmal mit einer dritten Kreditkarte einer Kollegin an der Anmeldung – diesmal Visa und nicht MasterCard. Und siehe da: Es funktioniert. Endlich!
Doch losfahren kann ich immer noch nicht: Eine E-Mail landet in meinem Postfach und klärt mich darüber auf, dass ich noch persönlich bei einer Registrierungsstelle – Rathaus, Landratsamt, Tourist-Info beispielsweise – vorbei kommen muss, um meine Zugangskarte zu erhalten. Gesagt, getan. Ich erhalte eine Chip-Karte und kann nun endlich meine Fahrt buchen.
Einmal angemeldet, ist das Buchungssystem tatsächlich so einfach wie bei den E-Rollern. Auf einer Karte ist erkennbar, wo in der Nähe Carsharing-Autos stehen, wie weit ihre Reichweite ist und wann diese Autos bereits gebucht wurden und somit nicht verfügbar sind.
Ich wähle einen dreistündigen Zeitraum aus und mir wird vorgerechnet, dass der Zeitpreis hierfür zwölf Euro beträgt. Hinzu kommt der Kilometerpreis, der am Ende der Fahrt aufgeschlagen wird und dann automatisch von der Kreditkarte abgebucht wird – die fünf Euro Anmeldegebühr sollen vom Endbetrag der ersten Buchung abgezogen werden.
Endlich im Auto!
Meine Testfahrt findet einen Tag später statt. Das Auto in Waldshut lässt sich tatsächlich mit der Chip-Karte öffnen.
Die Testfahrt verbinde ich mit einem Termin für einen anderen Artikel in Lauchringen. Doch mir ist klar, dass ich nicht einfach auf der Stelle losfahren kann, ohne mich über die Nutzung zu informieren – entsprechend viel Zeit habe ich mir eingeräumt. Im Handschuhfach finde ich eine Bedienungsanleitung und den Autoschlüssel.
Die Bedienungsanleitung ist verständlich geschrieben und mit vielen Bildern ausgestattet. Mir ist bereits aufgefallen, dass das Auto noch an der nahen Ladesäule angeschlossen ist. Ich folge der Bedienungsanleitung, um das Ladekabel aus der „Steckdose“ im Renault-Logo des Autos zu entfernen. Da es sich um ein mobiles Ladekabel handelt, muss ich es noch aus der Ladesäule entfernen und verstaue es schließlich im Kofferraum.
Es dauert eine Weile, bis ich herausfinde, wie ich das Auto zum Laufen bringe. In der Anleitung ist die Rede davon, die „Keycard“ in den dafür vorgesehenen Schlitz zu schieben. Besagte Keycard ist allerdings nicht die Chip-Karte, mit welcher ich das Auto geöffnet habe, sondern der Autoschlüssel. Im Nachhinein lese ich in einer Google-Bewertung, dass ich nicht der einzige bin, den diese Verwechslung vor Herausforderungen stellt.
An dieser Stelle sei erwähnt: Der Renault Zoe ist ein Automatikauto. Ich bin bislang erst einmal Automatik gefahren – das allerdings problemlos. Dennoch schüchtert mich der Automatik-Schalthebel ein.
Die Fahrt geht los
Beim Rückwärtsausparken merke ich sofort: Dieses Auto hat die wohl empfindlichste Bremse, die ich je bedient habe. Ich stottere mich aus der Parklücke und zur nächsten Ampel. Statt leicht bremsend an die Ampel heranzurollen, lege ich eine Vollbremsung hin – zum Glück habe ich kein anderes Auto hinter mir. Mindestens genauso froh bin ich, dass mir keine schaulustigen Passanten zusehen.
Die Bremse ist gewöhnungsbedürftig, so ganz anfreunden kann ich mich auf der ganzen Fahrt nicht mit ihr. Entsprechend unsicher ist mein Fahrgefühl, auch wenn das Beschleunigen ohne Schaltung natürlich angenehm ist. Jedenfalls habe ich das starke Bedürfnis, ein Kreuzzeichen zu machen, als ich aus dem Auto aussteige.
Doch beim Parken des Autos wartet die nächste Herausforderung: Ich muss das Kabel wieder an den Strom anschließen – meine Fahrkünste haben den Batteriestand von 90 auf 79 Prozent reduziert. Ich folge wieder den Schritten in der Bedienungsanleitung.
Herausforderung Ladekabel
Doch irgendwie klappt das mit dem Einstecken des mobilen Ladekabels in die Ladesäule nicht ganz. Nach etwas Rumgefummel und Hin-und-Herdrehen scheint das Kabel in der Säule zu stecken. Ich muss mit dem Badge am Autoschlüssel noch den Ladeprozess an der Säule starten. Doch das Display hinter dem Lenkrad des Autos zeigt keinen Ladefortschritt an. Ob das Auto nun lädt oder nicht – ich weiß es nicht. Der Nutzer nach mir wird sich freuen, wenn die Batterie leer ist.
Kann ich nach einer Fahrt mit einem Carsharing-Service nun bereits ein belastbares Fazit ziehen? Nein, sicher kein allgemeingültiges. Vielleicht sollte ich generell überdenken, die Bremse nicht so stark durchzudrücken. Doch gerade der umständliche Anmeldeprozess könnte mindestens um andere Zahlungsmethoden ergänzt werden.
Noch ist nicht klar, was die Testfahrt tatsächlich insgesamt gekostet hat. Das wird sich erst mit der Kreditkartenabrechnung zeigen. Ich persönlich werde allerdings weiterhin dem ÖPNV treu bleiben.