Droht nach Schließung vieler kassenärztlichen Notfallpraxen während der bevorstehenden Feiertage endgültig das Chaos in den Notaufnahmen im Land? Ganz so drastisch sind die Prognosen von Experten zwar nicht. Dennoch geht aus einer Umfrage des Marburger Bundes unter Medizinern in Notaufnahmen hervor, dass durchaus gewisse Engpässe und vor allem lange Wartezeiten für all jene zu erwarten sein werden, die nicht als akute Notfallpatienten ein Krankenhaus aufsuchen. Wie es diesbezüglich in den Kreisen Waldshut und Lörrach aussieht, und welche Vorkehrungen getroffen werden? Wir haben bei den Kliniken und der Kassenärztlichen Vereinigung nachgefragt.
Wie sieht es aktuell aus?
Bekanntlich wurde Ende Oktober mit dem Urteil des Bundessozialgerichts der Einsatz von Poolärzten in der kassenärztlichen Notfallversorgung in bisheriger Form untersagt. Dies führte zur Schließung mehrerer Notfallpraxen, die außerhalb der regulären Öffnungszeiten von Arztpraxen die Versorgung von Patienten übernommen haben. Betroffen davon waren auch die Notfallpraxen in Bad Säckingen und Schopfheim.
Parallel verzeichnen die Notaufnahmen in Waldshut und Lörrach erheblich mehr Patientenzulauf, verbunden mit längere Wartezeiten für all jene, die nicht als akute Notfälle eingestuft werden – wobei sich nicht konkret sagen lasse, inwiefern dies saisonale Gründe hat oder tatsächlich unmittelbare Folge des Wegfalls der KV-Notfallpraxen sei, wie die Kliniken darstellen.
Dass dieses Problem während der Feiertage zunehmen könnten, gilt als wahrscheinlich, wenngleich die Krankenhäuser in der Region eine angemessene Personalplanung vorgenommen hätten.
Klinikum Hochrhein: „Mit minderschweren Fällen lieber zur Notfallpraxis“
Stefan Kortüm, Chefarzt Notaufnahme im Klinikum Hochrhein, rechnet damit, dass sich der Zustrom an Patienten nach dem Wegfall der Notfallpraxen in Bad Säckingen und Schopfheim erheblich erhöhen wird, wie er auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt. „Im vergangenen Jahr wurden wir über die Weihnachtstage bei hohem Krankenstand seitens Personal komplett überrannt. Mehrheitlich kamen die Patienten mit Erkältungen oder Beschwerden, die sie schon länger hatten, in unsere Notaufnahme“, so Kortüm. Dies habe den laufenden Betrieb stark beeinflusst.
Er rät daher in diesem Jahr umso mehr dazu, nur mit echten Notfällen die Notaufnahme eines Krankenhauses aufzusuchen. Alle übrigen Erkrankungen seien ein Fall für den Hausarzt respektive für die KV-Notfallpraxis. Über die Rufnummer 116 117 erfahren die Bürger, welche Notfallpraxis über die Feiertage geöffnet ist.
Die Besetzung in der Notaufnahme des Klinikums Hochrhein an den Weihnachtsfeiertagen entspreche derweil der Personalbesetzung an den Wochenenden.
Kreiskliniken Lörrach: „Längere Wartezeiten für minderschwere Fälle“

Samuel Hemmerling, Chefarzt Klinik für Akut- und Notfallmedizin bei den Kreiskliniken Lörrach, konstatiert: „Momentan erleben wir ein hohes Patientenaufkommen in der Notaufnahme. Dieses ist zwar aufgrund der Jahreszeit nicht ungewöhnlich, jedoch erleben wir im längerfristigen Trend eine zunehmende Inanspruchnahme unserer Notaufnahme.“
Eine personelle Aufstockung über die Feiertage sei in der Notaufnahme jedoch nicht vorgesehen: „Da echte Notfälle sich nicht an Feiertage halten, ist bei diesen nicht mit einem erhöhten Aufkommen zu rechnen.“
Alle anderen, die lediglich mit leichten Beschwerden die Notaufnahme aufsuchen, müssten eben mit verlängerten Warte- und Behandlungszeiten rechnen, so Hemmerling weiter. Daher sollten alle, deren Beschwerden in einer Hausarztpraxis zu versorgen seien, die verbliebenen Notfallpraxen der KV aufsuchen.
Kassenärztliche Vereinigung: „Die Lage ist unter Kontrolle“
„Die aktuellen Erkenntnisse in Bezug auf die Versorgung der Bevölkerung lassen keinen Hinweis darauf erkennen, dass es hier über die Feiertage zu Problemen kommen wird“, betont Kai Sonntag, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung auf Nachfrage. Die Notfallpraxen in Waldshut und Lörrach könnten das Patientenaufkommen bewältigen.
Beide Notfallpraxen wie auch die Kindernotfallpraxis in Lörrach seien über die Feiertage „ganz normal geöffnet wie an jedem anderen Wochenende“, so Sonntag. Auch der Fahrdienst, der die medizinisch erforderlichen Hausbesuche vornimmt, sei regulär im Dienst. „Wichtig wäre uns, dass die Patienten sich an die Öffnungszeiten der Notfallpraxen halten, damit kein zusätzlicher Aufwand für die Notaufnahmen anfällt“, so Sonntag weiter.
„Wir arbeiten aktuell noch an der künftigen Struktur. Sobald wir so weit sind, würden wir auch die Öffentlichkeit darüber informieren“, kündigt Sonntag an. Bekanntlich hatten unter anderem der Waldshuter Landrat Martin Kistler und einige Bürgermeister die Wiedereröffnung der geschlossenen Notfallpraxen eingefordert. Laut Darstellung von Ärzten wäre deren Betrieb ohne Poolärzte möglich.