Betriebsrat und Mitarbeiter der Lauchringer Textilfabrik Lauffenmühle luden zu einem Tag der offenen Tür ein, bevor sich die Tore des Unternehmens zum 31. Juli 2019 für immer schließen werden.
Die Beschäftigten haben mittlerweile die Kündigungen auf dem Tisch. Letzte Hoffnungen, dass sich vielleicht doch noch einmal alles zum Guten wenden könnte, erfüllten sich nicht. Die Suche nach einem verlässlichen Investor blieb erfolglos.
Fünfte Insolvenz ist nun die finale
Die Tatsache, dass die mittlerweile fünfte Insolvenz nun tatsächlich die finale sein könnte, zog zahlreiche Besucher an. Über 1000 Interessierte aus der Bevölkerung folgten der Einladung zum Tag der offenen Tür und besichtigten ein letztes Mal die Spinnerei und Weberei der Lauchringer Traditionsfirma mit 185-jähriger Geschichte.
Die Ausproduktion läuft im Moment noch auf vollen Touren im Drei-Schicht-Betrieb in der Spinnerei (von Montag bis Samstag) und in der Weberei sogar im Vier-Schicht-Betrieb, rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche.
Spannend war für die Besucher der Rundgang bei laufenden Maschinen, der mit der Besichtigung der Rohware begann. Weiter ging es zur Kardiermaschine, die die Fasern parallelisiert und dann über mehrere Schritte zu Garn verspinnt. Qualitativ hochwertiges Garn läuft hier durch die Spinnmaschinen, je nach Garnart werden so 150 bis 380 Meter in der Minute produziert.
76 Webstühle sind hier im Einsatz
Über 30 verschiedene Qualitäten werden an den 76 Webstühlen gleichzeitig verwebt, dabei schießt der Faden bis zu 950 Mal pro Minute durch das Kettgewebe. Da unter dieser Leistung ein Geräuschpegel von 95 bis 110 Dezibel entsteht, müssen Mitarbeiter sowie Besucher mit Gehörschutz ausgerüstet werden. Auf der anderen Seite der Webstühle werden die fertigen Mischgewebe mit hoher Reib- und Reißfestigkeit aufgerollt, aus denen später Arbeits- und Schutzbekleidung entsteht. „Das ist ein sehr langlebiges Gewebe“, erklärt Betriebsleiter Gerhard Grabow.

Gefordert sei, dass die Arbeitsbekleidung mindestens 50 Industriewäschen übersteht – die Gewebe der Lauffenmühle überstünden problemlos über 100 Wäschen. Sichtlich beeindruckt zeigte sich auch Rita Schwarzelühr-Sutter, SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin aus Lauchringen, beim Rundgang durch die Produktion: „Man kann sich gar nicht vorstellen, dass es all das nicht mehr geben soll.“
Proteste gegen die Werksschließung, die Anfang April bekannt wurde, waren vergeblich geblieben.
Das von den Mitarbeitern zum Tag der offenen Tür bereitete Kuchenbuffet mit Getränken kam gut an, und unter den Gästen wurden Geschichten über die Lauffenmühle ausgetauscht. Hermann Kipper aus Waldshut hatte sogar einen echten Lauffenmühlen-Schatz dabei. Es handelte sich dabei um einen originalen Brief aus Kempten an die Lauffenmühle aus dem Jahr 1853, bei dem es um einen Auftrag ging.
Auch seine Partnerin Lydia Frisolda hat gute Erinnerungen an die Laufenmühle. In ihrer aktiven Zeit als Lehrerin hatte sie oft mit Schulklassen die Produktion besichtigt. Aus dem Fundus wurden Bekleidung, Kappen und Taschen an die Besucher verkauft. Der Erlös dieses Tages soll dem Förderverein für krebskranke Kinder in Freiburg zugute kommen.
Einst unter den Größten
- Die Lauffenmühle GmbH & Co. KG ist Hersteller von Garnen und Geweben für die Produktion von Arbeits- und Schutzbekleidung.
- Bis 1991 gehörte die Lauffenmühle noch zu den größten Stofferzeugern Europas mit fünf Werken und 2240 Mitarbeitern.
- Mit der Öffnung zum Welthandel durch den europäischen Binnenmarkt steigt der Preisdruck. Im Jahr 1993 muss das Unternehmen zum ersten Mal Insolvenz anmelden.
- Durch defizitäre Produktionsbereiche folgt 1996 die nächste Insolvenz.
- 1997 übernimmt Textilunternehmer Claas Daun die Lauffenmühle. Darauf folgte eine langjährige Umstrukturierung.
- 2009 musste wieder Insolvenz angemeldet werden, die aber fünf Monate später aufgehoben werden konnte. Das Werk in Blumberg wurde geschlossen und eine Spezialisierung auf Arbeits- und Sicherheitskleidung folgte.
- Das Unternehmen stellt 2015 zum vierten Mal einen Antrag auf ein Insolvenzverfahren. Durch einen Vergleich mit den Gläubigern sollte das Werk wieder fit gemacht werden, doch die Pläne scheiterten, und so kam es zum fünften Insolvenzverfahren im Januar 2019.
- Die Lauffenmühle befindet sich aktuell in Ausproduktion und wird am 31. Juli 2019 geschlossen. Den 240 Mitarbeitern wurde letzte Woche gekündigt.