Nachdem zweieinhalb Monate lang der Kulturbetrieb völlig eingestellt war, sind seit 1. Juni Veranstaltungen bis 100 Personen unter strengen Regelungen wieder erlaubt. Eine neue Situation ergibt sich für Kultureinrichtungen und Vereine durch das aktuelle Impulsprogramm des Landes Baden-Württemberg „Kultur Sommer 2020“, bei dem mittelfristig kleinere Veranstaltungen zwischen dem 15. Juni und 15. September gefördert werden.
Diese neuen Aspekte in der Lockerungsphase ändern aber nicht viel daran, dass in Laufenburg bereits Kulturtermine für den Sommer abgesagt wurden, die Kirchenmusik bis Herbst Pause macht und Theatergruppen auf das Jahr 2021 hoffen. Die Planungsunsicherheit für die Veranstalter bleibt bis in die Herbstsaison hinein.
Laufenburger Kulturtage abgesagt! Das hat es in der 20-jährigen Geschichte der grenzüberschreitenden Kulturkommission noch nie gegeben. Auch wenn die Grenzen zur Schweiz Mitte Juni wieder öffnen, sind die Kulturtage im August komplett ins nächste Jahr verschoben worden. Die Künstler, denen man jetzt absagen musste, hätten 2021 freie Termine gehabt, „alle freuen sich sehr, nächstes Jahr mitzumachen,“ beruhigt Renata Vogt, Vorsitzende der Kulturkommission, die Kulturfreunde.

Eine „Kulturtage light“-Notausgabe wird es nicht geben, es sei zu riskant, so Vogt, schließlich wisse man nicht, was komme.
Veranstaltungen nicht finanzierbar
Zu dieser großen Unsicherheit komme noch hinzu, dass Veranstaltungen unter 100 Besuchern nicht finanzierbar seien. Vieles rechne sich nur, wenn man normal bestuhlen könne und der Saal voll sei. Auch Tangokurse, Milonga und Tangofrühstück fallen in diesem Sommer flach, bedauert Vogt, „so nah darf man sich nicht kommen.“
Etwas Kultur für Sommer
Aber einen völlig kulturlosen Sommer wird es in Laufenburg wahrscheinlich nicht geben. Renata Vogt hat die Idee, etwas spontan auf die Beine zu stellen. Sie denkt an ein grenzüberschreitendes Projekt in der Mitte der Brücke mit regionalen Künstlern, um die Verbundenheit der beiden Städte hervorzuheben. Von Mitte Juli bis Mitte August könnte man verschiedene kleine Konzerte machen, Klassisches oder Rockiges. Da kleinere Veranstaltungen wieder erlaubt sind und einzelne Projekte in den Sommermonaten sogar vom Land gefördert werden, „würde das recht gut passen für mein Ansinnen“, so Vogt.
Das Halbjahresprogramm der „Brücke“ steht ab September fest. Während des Lockdown mussten zwei Veranstaltungen ausfallen. Das Konzert mit „Chanson Noir“ der Chansonniere Magdalena Ganter, einer Wahlberlinerin aus dem Schwarzwald, die den Baden-Württembergischen Kleinkunstpreis 2020 erhalten hat, konnte auf den 20. November im Schlössle verschoben werden, während ein Ausweichtermin für die Lesung mit dem bekannten Schauspieler und ehemaligen Tatort-Kommissar Charles Brauer noch nicht feststeht. Am 17. September soll der Südtiroler Akkordeonist Herbert Pixner auf seiner Jubiläumstour mit progressiver Alpenweltmusik in die Stadthalle nach Laufenburg/Schweiz kommen, und am 25. Oktober ist das regionale Blasorchester Lure angesagt.
Innerhalb der Kulturtage hätte die „Junge Klassik“ als kleines Festival im Festival stattfinden sollen. Zwei Konzerte im Schlössle hatte Initiatorin Natalia Dauer dafür in Planung, darunter eines mit Tangos und das Kinderkonzert „Der kleine Prinz“. Was daraus wird, ist noch offen.
Bei den Mary Codman Classics im Schlössle musste das Duokonzert „Saitenpower“ in die nächste Saison verschoben werden. Vorgesehen ist jedoch am 9. August eine Matinee im Schlössle mit dem Münchner Pianisten Dinis Schemann, die ursprünglich unter dem Dach der „Fließenden Grenzen“ gelaufen wäre. Gabriela Fahnenstiel, die künstlerische Leiterin, wird am 1. November aus New York erwartet zu einem Treffen mit dem Goldmund Streichquartett. „Wenn dann noch Abstandsregeln gelten, wird es im Schlössle eng“, gibt Maria-Theresia Rist vom Verein Kultur im Schlössle zu bedenken, denn die Konzerte müssten kostendeckend finanziert werden. Was bei 35 Zuhörern und 1,50 Meter Abstand wohl schwer realisierbar wäre.
Stark betroffen von dem coronabedingten Veranstaltungsstopp war die Hotzenwälder Kleinkunstbühne im populären Oberhofer Musiklokal „Café Verkehrt“, die sonst jährlich zwölf Veranstaltungen durchführt. „Wir wissen nicht, wie es sich entwickelt“, sagt Vereinsmitglied Till Erb, der als Tontechniker bei allen Veranstaltungen dabei ist.

Die Kleinkunstbühne, die es seit 32 Jahren gibt und 100 Vereinsmitglieder hat, musste im Frühjahrsprogramm fünf Konzerte absagen. Was möglich war, wurde in die nächste Saison verschoben. Gecancelt wurde der Klezmerabend mit „Chotsch“ im Mai, auch „Stimmen on Tour“, ein Ableger des Lörracher Stimmenfestivals, fällt im Juli aus. Solomon Hicks aus Harlem musste seine Tour aufgrund der Corona-Situation absagen. Die Jubiläumstour 25 Jahre Stefan Hiss und Band konnte auf März nächsten Jahres verlegt werden. Für die Gospelsängerin Grace Love ist der Ersatztermin noch unbekannt.
„Mir tun die Künstler sehr leid“, sagt Cafébetreiber Peter Maier, Beisitzer im Vorstandsteam der Kleinkunstbühne, „denn sie sind doch auf Live-Auftritte angewiesen. Sie leiden am meisten unter allem.“ Auch im Café „Verkehrt“ sind die Abstandsregeln das größte Problem aus räumlichen Gründen. So lange diese nicht aufgehoben seien, wären Konzerte schwer machbar und würden sich nicht rechnen. Für die zweite Jahreshälfte sind die Termine jedoch schon abgemacht, das gesamte Herbstprogramm steht. Nach den Sommerferien soll es am 3. Oktober mit dem Kabarettisten Holger Paetz losgehen. Weiter geplant sind Gypsy-Jazz, Soul- und Blues-Bands. Hinter manchem Gastspiel steht noch ein Fragezeichen, weil die Veranstalter nicht wissen, ob die Künstler überhaupt herfliegen können. Deshalb mache es auch keinen Sinn, so Till Erb, einen Flyer fürs Herbstprogramm aufzulegen. „Wir müssen erst sehen, wie es nach der Sommerpause aussieht.“
In der Kultschüür im schweizerischen Laufenburg waren ein gutes Dutzend Veranstaltungsausfälle zu beklagen. Die Lesung aus dem neuen Schwabenkrimi von Ulrich Land fiel ebenso Corona zum Opfer wie Konzerte und Theaterstücke, die teilweise im Herbst oder im nächsten Frühling nachgeholt werden. Die Kultschüür mit ihren 60 Plätzen sei halt relativ klein, und so werde man nach der Sommerpause im September am ehesten noch Filmabende durchführen können.

Obwohl es ziemlich schwierig im Moment sei, ist Betriebsleiter Martin Willi dennoch „vorsichtig optimistisch“ mit seiner Prognose für den Herbst. Das von dem Theaterpädagogen geleitete Hausensemble Theater Wiwa, ein fester Bestandteil des Vereins Kultschüür, konnte für sein neues Stück noch nicht mit Proben beginnen, weil im Ensemble mehr Akteure aus dem Badischen als Schweizer mitspielen und die Grenzen erst am 15. Juni wieder ganz öffnen.