Ingrid Böhm

Rheinfelden – Wie erfolgreiche soziale Quartiersarbeit aussieht, zeigt sich in Oberrheinfelden. Dort engagieren sich Menschen verschiedener Kulturen und jeden Alters für gemeinsame Projekte. Bürgermeisterin Diana Stöcker hält große Stücke auf dieses strategische Steuerungselement zur Teilhabe. Deshalb soll es auch in anderen Quartieren angewendet werden. Um in der Sozialraumgestaltung voranzukommen, wird die Stadt das Quartiersmanagement selbst in die Hand nehmen. Im Rahmen eines Förderprogramms werden bereits Gebietsstrukturen analysiert, als Erstes in Warmbach.

Im weitesten Sinne geht es bei der neuen Ausrichtung um Prävention. Allerdings nicht, weil es erkennbare Brennpunkte gibt in Warmbach oder rund um den Fécampring oder dem vor weiterer Verdichtung stehenden Wohnquartier Römerstraße, sondern weil dort immer mehr Menschen anonym leben, die in die Zuzugsregion kommen, ohne hier verwurzelt zu sein. Dass es in den Quartieren „ruhig“ sei genüge nicht dem Anspruch an Integration und Teilhabe, hieß es beim Pressegespräch am Dienstag.

Zum Start eine Analyse

„Wenn sich Menschen identifizieren mit ihrer Umgebung, gestalten sie mit“. Darauf beziehen sich Stöcker, Amtsleiter Armin Zimmermann (Jugend, Familie, Soziales) und SAK-Geschäftsführer Jürgen Rausch anhand der Erfahrungen gerade in Oberrheinfelden. Dort ist die Stadt seit Anfang der 2000er Jahre mit dem freien Wohlfahrtsträger SAK rund um den Spielplatz Schwedenstraße aktiv. Wo ein Nachbar den anderen nicht kennt, aber fühlen sich nach Zimmermanns Einschätzung Menschen „schnell abgehängt“. Wie sich die Bewohner der drei großen Quartiere mobilisieren lassen, ermittelt im Moment ein Lenkungsausschuss, an dem auch der Sozialwissenschaftler Jürgen Rausch mitwirkt.

Zunächst geht es darum, herauszufinden, wie die Ausgangssituation aussieht oder wie Zimmermann sagt: „Wer wohnt denn da?“ Die Altersstrukturen und sozialen Verhältnisse werden bei der Bestandsaufnahme ausgewertet. Dazu gehören Daten aus anonymisierte Statistiken auch zum Alter, Interviews, Ortstermine und Wohnumfeld. Von Interesse ist auch, wie es in den Quartieren mit bis zu 3000 Menschen bei der Infrastruktur aussieht. Gibt es Restaurants, Läden, Schule und welche Vereine agieren?

Das soziale Miteinander in Gang bringen, wie es sich bis heute in den Ortsteilen bewährt, gilt für Stöcker als Schlüssel zum Erfolg. „Es braucht Orte der Begegnung“, stellt Armin Zimmermann fest. Der Spielplatz Schwedenstraße habe sich als Kristallisationspunkt bestens bewährt. Damit sich etwas entwickelt, braucht es ein Konzept, aber auch Personal.

Stadt übernimmt SAK-Leute

Das wird vom Januar 2020 an die Stadt stellen. Nachdem Günther Schmidt und Christine Tortomasi seit Jahren beim SAK als Quartiersmanager beste Erfolge erzielen, wo sie mit weiteren Projekten verbunden sind, übernimmt sie die Stadt. Dabei soll sich laut Stöcker lediglich die finanzielle Verbuchungsart verändern, die Summen werden deckungsgleich bleiben: Statt Sachkosten ans SAK zahlt die Stadt dann Personalkosten.

Jürgen Rausch (SAK) sieht dies mit einem „lachenden und weinenden Auge“. Denn es gehöre zu den zentralen Aufgaben des Freien Wohlfahrtsträgers, mit sozialen Maßnahmen Lebensqualität zu verbessern und zur Eigeninitiative zu führen. Rausch kann sich dennoch mit der kommenden Lösung anfreunden, weil es darum gehe, „der Stadt Bestes“ zu leisten, was auch eine städtebauliche Aufgabe mit einschließe. Die aber übersteige die Kompetenzen beim SAK. Rausch geht davon aus, dass es „höhere Effizienz unter dem Dach der Stadtverwaltung bei der Steuerung“ geben wird als beim Sozialträger.

Die Förderung

Bis ins Jahr 2020 wird die Stadt nach Information der Verwaltung noch im Förderprogramm der nichtinvestiven Städtebauförderung und NIS (Integrationshelfer) mit jeweils 50 000 Euro unterstützt. Fördermittel, um soziale Konzepte umzusetzen, hat es in der Vergangenheit fortlaufend gegeben. Weil gute Erfolge verbucht wurden und die Quartiersarbeit nachweislich wirkt, hat die Stadt einen Antrag für die neuen Quartiersimpulse gestellt. Im Juni hat das Sozialministerium grünes Licht dafür gegeben. Somit wird die Stadt 70 000 Euro bis Ende November 2020 erhalten, um die Quartiersarbeit auszubauen. Die Fördergelder werden laut Stöcker vor allem für die derzeit laufenden Analysen verwendet.

Jugendliche früh erreichen

Die Quartiersarbeit soll möglichst viele Menschen an ihrer Haustüre erreichen, die bereit sind, sich fürs Miteinander zu öffnen. Was sie nicht leisten könne, so Stöcker, sei allerdings, junge Menschen, die sich in Parallelwelten eingerichtet haben und gesellschaftlich auffällig werden, zu sozialisieren. Da seien dann Polizei und öffentliche Ordnung gefordert. Das Quartiersmanagement möchte deshalb Jugendliche im Quartier erreichen, bevor sie auf die schiefe Bahn kommen.