Das Pfingstwochenende steht vor der Tür und verspricht für die Region Sonnenschein und Wärme. Vor 20 Jahren bot sich ein anderes Bild: 1999 ereignete sich rund um die Pfingsttage ein Jahrhunderthochwasser gewaltigen Ausmaßes. Wenige Monate zuvor, im Februar, war Schwörstadt schon einmal mit Überflutungen konfrontiert. Wir haben in den (Wetter-) Archiven gekramt und mit einem Zeitzeugen gesprochen.
Viel Aufregung am Hochrhein
Das Pfingsthochwasser sorgte vom 12. bis 22. Mai 1999 für viel Aufregung am Hochrhein. In Schwörstadt fielen am 12. Mai innerhalb von 24 Stunden 76,2 Liter pro Quadratmeter (l/m²) Regen, rund 68 Prozent des normalen gesamten Mai-Niederschlags. Die großflächig gefallenen Regenmassen und die Schneeschmelze in den Alpen ließen den Bodensee auf den Höchstwert von 5,65 Meter ansteigen, das war 1,5 Meter über dem Normalwert. Der Hochrhein verwandelte sich bis Basel in einen reißenden Strom.
Keordwert von 11,20 Meter bei Hauenstein
Der Rheinpegel der Hochwasser-Vorhersagezentrale Hauenstein stieg auf den Rekordwert von 11,20 Meter an; normalerweise beträgt der Wasserstand dort 6,80 Meter. Mit diesem extremen Wasserstand führte der Rhein die für Fachleute nicht für möglich gehaltene Wassermenge von fünf Millionen Liter Wasser in der Sekunde; normal sind 1,5 Millionen Liter.
Wasser im Haus Salmegg abgepumpt
Im Badischen Rheinfelden musste im Haus Salmegg Wasser abgepumpt werden. Die Rheinbrücke wurde gesperrt. Die Schweizer Schwesterstadt traf es besonders hart. Der Rhein bahnte sich seinen Weg durch das zuvor evakuierte Hotel Schiff in die Altstadt. Nachdem bald zwei der Bögen der Alten Rheinbrücke unter Wasser waren, stieg die Flut in der Altstadt bis zu anderthalb Meter hoch. Schließlich wurden Vorbereitungen getroffen, die fast wie ein Damm wirkende Brücke zu sprengen, um größere Schäden durch weiteres Anstauen zu vermeiden. Der Pegel stieg aber zum Glück nicht weiter an. Rheinfelden entkam um Haaresbreite einer Sprengung der Rheinbrücke. Erst gegen Ende Mai normalisierte sich der Rheinpegel wieder.

Alarmstufe Rot im Kraftwerk
Christian Retz erinnert sich noch gut an die Pfingsttage vor 20 Jahren. Er arbeitet heute noch bei Energiedienst und war damals im alten Kraftwerk in der Abteilung mechanische Instandhaltung tätig. „Wir mussten im Laufe des Hochwassers das Kraftwerk außer Betrieb nehmen.“ Um das Stauwehr gegen die gewaltige Kraft des Wassers zu schützen, wurden die Wehrschützen ganz nach oben gefahren, damit das Wasser steigen konnte. „Mehr als zugucken konnten wir dann nicht“, so Retz. Die eigene Stromversorgung war unterbrochen. Zwar habe man bei Energiedienst die Wetterberichte dieser Tage genau verfolgt und mit Hochwasser gerechnet. „Dass es in diesem Umfang passieren würde, das war nicht abzusehen. Das Wasser kam einfach von überall her.“
Rhein reißt Verbidungsbrücke weg
Der Rhein riss die Verbindungsbrücke zwischen Rechen und Stauwehr weg. „Wir konnten nur noch über Leitern auf Schweizer Seite aufs Wehr“, erinnert sich Retz. Es dauerte Wochen, bis sich der Zustand für den Energieversorger wieder normalisierte. Nach dem der Pegel wieder gesunken war, hieß es für Retz und seine Kollegen aufräumen. „So ein Hochwasser bringt riesige Mengen Geschwemmsel mit sich, die wir wegräumen mussten.“
Zwar hatte Retz, heute 61 Jahre alt, im Laufe der folgenden Jahre immer wieder mit Hochwasser zu tun. „Aber in dieser Form habe ich das zum Glück nicht mehr erlebt.“
Zahlreiche Einsätze auf dem Dinkelberg
Der Starkregen am Mittwoch, 12. Mai, sorgte nicht nur für den über die Ufer tretenden Rhein, sondern brachte auch an den Hängen des Dinkelbergs zahlreiche Einsätze mit sich. Am Mittwoch und Donnerstag waren rund 130 Hilfskräfte von Feuerwehr, THW und Technischen Diensten im Dauereinsatz. Die Feuerwehr Schwörstadt half in Schweizer Rheinfelden aus, musste dafür aber über Bad Säckingen anreisen. Auch die Bäche konnten am Mittwoch die Wassermassen nicht mehr fassen. Dorf- und Mühlenbach in Degerfelden wurden zu reißenden Flüssen, in Nollingen und der Kernstadt liefen Abwasserschächte über. Die Abteilungen Karsau, Minseln und Adelhausen waren gefordert, von Geröll übersäte Straßen freizuräumen.
Bergrutsch in Degerfelden
In Degerfelden gab es einen Bergrutsch. Später rutschte auch ein Teil eines Hangs in Herten ab. In Grenzach-Wyhlen wurde am Donnerstag das Freibad vollkommen überflutet, das ausgerechnet an diesem Tag eigentlich öffnen sollte. Der Werkhof in Rheinfelden hatte 80 Tonnen Sand in 7000 Säcke gefüllt und Barrieren am Rheinufer gelegt. Für den Freitag war eine zweite Hochwasserwelle angekündigt, die aber glimpflicher ablief als befürchtet. Aus Sicherheitsgründen blieb die Rheinbrücke trotzdem über das ganze Pfingstwochenende gesperrt. Erst in der Nacht zum Pfingstmontag ging der Pegel zurück.
Katastrophenjahr 1999
Das Jahr 1999 bot am Hochrhein mehrere Extremwetterlagen. Es gab zwei Hochwasser, mit 1750 Litern pro Quadratmetern (Norm 1140 l/m²) den höchsten Jahresniederschlag seit Aufzeichnungsbeginn 1966 und an Weihnachten sorgte der Sturm „Lothar“ für große Schäden.
Am 20. Februar kam es zu einem regionalen Hochwasserereignis: Auf eine hohe Schneedecke fielen in Schwörstadt innerhalb 24 Stunden über 77 l/m² Regen. Schmelz- und Regenwasser konnten nicht in den gefrorenen Boden eindringen. Die B34 zwischen Schwörstadt und Rheinfelden war überflutet und zeitweise komplett gesperrt. Die Feuerwehr Schwörstadt konnte gerade noch rechtzeitig ein Überschwemmen des Umspannwerks verhindern. Aus dem Wald kamen Sturzbäche, Wiesen wurden zu Seen. Das Schwimmbad wurde überschwemmt und stark beschädigt.
Der Sturm „Lothar“ richtete am 2. Weihnachtsfeiertag mit Windgeschwindigkeiten bis 140 km/h weitläufig gewaltige Schäden an. Auch in Schwörstadt wurden Waldflächen zerstört.