Mit diesem Förderprogramm, das über drei Jahre geht, werden herausragende Schülerinnen und Schüler mit Einwanderungsgeschichte unterstützt. Insgesamt hatten sich bundesweit 1200 junge Menschen beworben. In Baden-Württemberg schafften es sieben Jungen und sieben Mädchen aus sieben verschiedenen Ländern, sich bei der Bewerbung im Schuljahr 2022/23 durchzusetzen. Unter ihnen ist Benginur Zor, die in Ankara aufgewachsen ist und seit 2019 mit ihrer Familie in Rheinfelden lebt. Die Familie hat sich inzwischen gut eingelebt und integriert, sagt Benginur Zor, die in die elfte Klasse des Kant-Gymnasiums in Weil am Rhein geht und dort 2024 ihr Abitur machen wird. Ihre Mutter arbeitet als Erzieherin, ihr Vater als Elektroniker, ihr jüngerer, 15-jähriger Bruder geht ebenfalls auf das Kant-Gymnasium.

Flucht aus der Türkei

Wie Benginur Zor erzählt, seien ihre Eltern aus der Türkei geflüchtet, zuerst nach Griechenland und dann nach Nordrhein-Westfalen, wo ein Cousin ihrer Mutter lebt. Sie und ihr Bruder, die bereits Pässe zur Ausreise hatten und ins Ausland durften, seien schon zuvor bei dem Cousin ihrer Mutter untergekommen. Ihre Eltern seien dann nachgekommen. Schließlich kam die Familie nach Rheinfelden, wo sie nun in einer eigenen gemieteten Wohnung lebt. Ihre Mutter habe darauf bestanden, dass sie und ihr Bruder gleich nach Ankunft einen Deutschkurs für Erwachsene besuchten, um die neue Sprache zu lernen. Inzwischen ist Benginur Zor im Familien- und Schulalltag dreisprachig unterwegs, spricht türkisch, deutsch und englisch. Ihr Bruder lernt am Kant auch französisch.

Viele Kontakte geknüpft

Zunächst besuchte sie die Schillerschule in Rheinfelden, war in einer Vorbereitungsklasse, bevor sie ans Kant-Gymnasium nach Weil wechselte. „Am Anfang war es in der Schule richtig schwer für mich, weil ich noch nicht so gut Deutsch konnte. Die Mitschülerinnen und Mitschüler war anfangs etwas distanziert“, sagt Benginur Zor. Inzwischen hat sie viele Kontakte geknüpft, viele Freundinnen und Freunde gewonnen. Sie ist Klassensprecherin, macht Vorschläge und überlegt in regelmäßigen Treffen, was man für die Schule machen könnte.

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Als Leistungsfächer hat sie Mathematik, Physik und Englisch belegt. Naturwissenschaften und der medizinische Bereich interessieren die 18-Jährige sehr. Sie erzählt, dass sie im letzten Jahr ein Praktikum in der Chemiefirma DSM in Sisseln absolviert und dort in verschiedenen Laboren mitgearbeitet hat. Das habe ihr sehr gefallen, sagt die Stipendiatin, die sich vorstellen kann, beruflich in die Medizin oder in die Forschung zu gehen. „Ich wollte immer Ärztin werden“, erzählt die Gymnasiastin, die erst mal ihr Abitur „mit einer guten Note“ machen will und dann überlegt, vielleicht Medizin zu studieren. Jedenfalls schwebt ihr eine Tätigkeit in der Medizinbranche oder im naturwissenschaftlichen Bereich vor. „Aber ich lasse mir noch Zeit, das zu entscheiden“, sagt Benginur Zor, die sehr viel Zeit aufs Lernen verwendet.

Zunächst einmal freut sie sich über das Stipendium, das sie am 21. Oktober bei der offiziellen Verleihung in Heilbronn entgegen genommen hat. Vor 20 Jahren wurde das Stipendienprogramm ins Leben gerufen, um die Integration von Jugendlichen mit Einwanderungsgeschichte zu fördern und ihnen eine Chance auf akademische Bildung und gesellschaftliches Mitgestalten zu ermöglichen.

Ideen zur besseren Gesellschaft

Nachdem sie von dem Stipendium erfahren habe, habe sie sich beworben, erzählt Benginur Zor. Nach der schriftlichen Bewerbung habe es ein Interview gegeben über Fragen und Themen, wie man sich für eine bessere Gesellschaft einsetzen wolle. Benginur Zor hat sich viele Gedanken darüber gemacht. „Meinungsfreiheit ist sehr wichtig für die Menschen und für eine bessere Gesellschaft“, sagt sie. Und dass friedliche Lösungen gefunden würden für die Kriege in der Ukraine und „überall auf der Welt“, sei eine wesentliche Aufgabe. „Ich möchte meine Ideen verwirklichen, neue Menschen kennen lernen, neue Freundschaften schließen, um etwas für eine bessere Welt zu unternehmen“, nimmt sich Benginur Zor vor.

Ende November gab es im Rahmen des Stipendiums ein weiteres Treffen in Heilbronn, bei dem Benginur Zor über ihre Rolle in der Gesellschaft, Familie und Schule gesprochen hat. Ein Problem, das sie an Schulen beobachtet hat und das sie „sehr aufregt“, ist Mobbing. „Es ist mir wichtig, etwas gegen Mobbing zu tun“, sagt die Gymnasiastin, die in ihrer Freizeit am liebsten etwas mit der Familie unternimmt, spazieren geht und englische, deutsche und türkische Bücher liest.

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