Rheinfelden – Als das Feuerwehrhaus an der Hardtstraße im Jahr 1908 bezogen wurde, war die Feuerwehr Rheinfelden noch eine Abteilung der Freiwilligen Feuerwehr Nollingen. Das Gebäude teilte sie sich mit dem Meldeamt, dem Sitzungszimmer, der Gemeindekasse, der Sparkasse, einer Wohnung jeweils für den Polizeidiener und den Schuldiener, dem Sanitätsraum, dem Krankenwagen und dem Leichenwagen. Sie selbst nutzte im Erdgeschoss die Räume mit den Bogentoren sowie den Schlauchturm.
Die Feuerwehr Rheinfelden war 1901 gegründet worden; 1907 hatte die Gemeinde Nollingen ein Spritzenhaus für den Ortsteil beschlossen. Den Bau des Gebäudes im selben Stil der Gründerzeit wie die Schillerschule führte der Bauunternehmer Anton Schröter aus, der zugleich der erste Rheinfelder Abteilungskommandant war; Architekt war der Rheinfelder Stadtbaumeister Ewald Steffen (1882 bis 1943).
„Man spürt noch immer den Geist von 1908, wenn man hierherkommt“, sagt Gerhard Salg. Der langjährige Rheinfelder Abteilungs- und Gesamtkommandant kennt das Gebäude seit dem Beginn seiner Feuerwehrkarriere im Jahr 1966. Auch wenn 1920 das Rathaus und 1965 das Rote Kreuz auszogen, blieb das Spritzenhaus in seiner Struktur bis in die 1980er Jahre unverändert. 1926 wurde lediglich der Leiterschuppen für die Schlauch- und Hydrantenwagen angebaut. Erst um 1960 herum bekamen die Feuerwehrmänner von der Industrie ausgemusterte Spinde geschenkt – zuvor hatten sie sich daheim umziehen müssen. Dabei hatte Rheinfeldens Oberbürgermeister Herbert King laut Salg schon im Jahr 1976 in der Hauptversammlung der Feuerwehr verkündet: „Eine neue Feuerwache muss kommen.“
Der heutige Kommandant David Sommer kennt das Gebäude seit März 2019, als er nach Rheinfelden kam. Er erkennt den historischen Wert des Gebäudes durchaus an und zeigt sich sehr beeindruckt vom ehrenamtlichen Engagement, das die Feuerwehrleute in spätere Umbauten gesteckt hätten. Aber aus heutiger Sicht stellt Sommer fest: „Das Gebäude kommt an seine Grenzen.“ Die Feuerwehr übernehme immer mehr Aufgaben und müsse dafür immer mehr Material vorhalten: „Dafür haben wir keine Lagerkapazität mehr.“ Sommer zeigt als anschauliches Beispiel den kleinen Raum auf dem Dachboden, in dem Uniformen, Schutzkleidung und Helme aller Rheinfelder Abteilungen aufbewahrt werden.
Auch den Sicherheitsvorschriften werde das Gebäude an der Hardtstraße nicht mehr gerecht. „Es kann nicht sein, dass die Kameraden über eine Straße rennen müssen, wenn sie zum Einsatz eilen“, sagt Sommer im Hinblick auf den Parkplatz auf der Ostseite der Hardtstraße. Auch heutige Hygienestandards, bei der die kontaminierte und die gereinigte Einsatzkleidung strikt räumlich voneinander getrennt werden sollen, seien im Gebäude nicht umzusetzen. Nicht einmal mehr eine Dusche habe das Feuerwehrhaus; bei großen Einsätzen stellten die Kameraden eine Zeltdusche beim Einsatzort auf.
1976, als OB King das neue Feuerwehrhaus verkündet, wird Salg Abteilungskommandant. An die unzumutbaren hygienischen Zustände erinnert er sich nicht nur persönlich: Als heutiger Archivar der Feuerwehr kann er sie auch mit Bildern belegen: Ein einziges Klo gab es bis in die 1980er Jahre, noch dazu ein ziemlich enges. 1978 gründete die Stadt tatsächlich einen Arbeitskreis Katastrophenschutz, der ein Konzept und mögliche Standorte eines Zentrums für Feuerwehr, Polizei, DRK, THW und DLRG erarbeiten sollte. Aber erst 1983 verschaffte sich der Gemeinderat einen persönlichen Eindruck vor Ort. Der Kommentar damals laut Salg: „Diese Besichtigung hätten wir schon viel früher machen sollen.“
„Die Gemeinderäte hatten ein schlechtes Gewissen“, fügt Salg hinzu. Versprochen wurde ein moderner Ausbau des Spritzenhauses, der den Ansprüchen der nächsten 15 bis 25¦Jahre genügen sollte. 1984 zogen die letzten Mieter aus den Wohnungen im Obergeschoss; der Umbau des Dachgeschosses erfolgte fast ausschließlich in Eigenleistung der Feuerwehrleute, laut Salg allen voran Jugendwart Detlef Strittmatter.
Ein Schmuckstück, aber zu eng
Im Jahr 1986 kaufte die Stadt das Gebäude für circa 1,5¦Millionen D-Mark von der Städtischen Wohnbau zurück und übergab es am 25.¦April feierlich der Feuerwehr. „Es ist ein Schmuckstück geworden“, sagt Salg. Die hölzernen Tore an der Ostseite sind noch immer die Originale von 1908.
Heute beherbergt das Haus eine Einsatzzentrale, eine Atemschutzwerkstatt, einen hauptamtlichen Gerätewart sowie laut Salg „erstmals eine Heizung und sanitäre Anlagen, die diese Bezeichnung auch verdienen“. Das Feuerwehrhaus an der Hardtstraße ist außerdem Lehr- und Ausbildungszentrum der Gesamtfeuerwehr. „Ich könnte tagelang über dieses Haus berichten“, sagt Salg: „Ich habe in ihm viel Freud und Leid erfahren.“ Der größte Wert des Hauses, betont der Altkommandant aber, „ging zweifelsohne von den Menschen aus, die hier für die Allgemeinheit dienten“. 867 Frauen und Männer haben hier laut Archivar ihren ehrenamtlichen Dienst verrichtet.