Schopfheim Nachdem das Fest zum 20-jährigen Bestehen im vergangenen Jahr dem Regen zum Opfer gefallen war, hatte die Landbauwerkstatt Mitarbeiter, Freunde, Kunden und Unterstützer nun für Freitag zur Feier der „Volljährigkeit“ eingeladen – allerdings nicht im Festzelt oder in einer Halle, sondern ganz passend in der freien Natur auf dem Platz, auf dem in einigen Jahren der neue Hof Dinkelberg entstehen soll. Der biodynamische Betrieb, bisher ein Nachbar des Pflüger-Heims, muss umziehen. Der Landkreis hat die Pachtflächen gekündigt, dort soll ein Neubaugebiet entstehen. Für den landwirtschaftlichen Vorzeigebetrieb fand man ganz in der Nähe des bisherigen Standortes im Gewann „Hintere Sengelen“ eine Alternative, und inzwischen wurde auch die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen.

Beim Jubiläumsfest auf der Weide würdigte Dinkelberg-Geschäftsführer Markus Hurter das immer größere Interesse der Stadt an dem Betrieb, der, anthroposophisch ausgerichtet, inzwischen mit mehr als 50 Mitarbeitern rund 150 Hektar Land nach biologisch-dynamischen Grundsätzen bewirtschaftet. 2004 gegründet, beginne das Unternehmen, das inzwischen über die „Biokiste“ und seine Marktstände rund 2000 Haushalte in der Region und auch in der Schweizer und französischen Nachbarschaft versorgt, „erwachsen“ zu werden. Man habe, so Hurter, anfangs viel ausprobiert, auch Geld in den Sand gesetzt, improvisiert und nach und nach immer mehr Verantwortung in der Gesellschaft übernommen. Die Landschaft pflegen, gesunde Lebensmittel erzeugen und soziale Aufgaben wahrnehmen – das seien die Eckpfeiler des Hofs Dinkelberg. Von Anfang an habe man den Hof als Aufgabe verstanden, um sowohl etwas für die Heilung der Erde, als auch für die Gesundung der Menschen zu tun. Unter diesem Vorzeichen biete der Betrieb unter anderem zahlreiche geschützte Arbeitsplätze zur sozialen Integration von Menschen mit Assistenzbedarf oder in Lebenskrisen. Hurter: „Wir wollen auf unserem Hof einen Platz schaffen und eine Gemeinschaft leben, wo Neues versucht wird, Vertrauen verbindet, wo mit viel Einsatz gearbeitet wird, wo auch einmal die Fetzen fliegen. Diesen Ort verstehen wir als Werkstatt.“ Daher habe man den Namen „Landbauwerkstatt Hof Dinkelberg“ gewählt.

„Landwirtschaft trifft auf soziales Engagement“, bestätigte Landrätin Marion Dammann und bezeichnete den Hof als „Erfolgsgeschichte“. Sie würdigte die Tatsache, dass sich der Betrieb auch dem Allgemeinwohl verpflichtet habe, sich um Inklusion und Qualifikation kümmere und ein echtes „Bürger-Unternehmen“ sei. Zudem werde durch die Arbeit des Hofs das Bewusstsein für Umwelt und Natur und eine nachhaltige und ökologische Lebensmittelproduktion geschärft. Er sei froh, dass man einen derartigen Betrieb auf der Gemarkung habe, meinte Bürgermeister Dirk Harscher. Bei dem „Herzensprojekt“ soziale Landwirtschaft gehe es nicht nur um Arbeit, sondern auch um Teilhabe und Lebensfreude. Es verdiene Unterstützung auf allen Ebenen: „Wir sind stolz, einen derartigen Nahversorger in Bioqualität zu haben“.

Jean-Michel Florin, Aufsichtsrat von Demeter International, zeigte in den Himmel, auf die Erde, die Wiese, den vorbeifliegenden Milan und die Sonne. Die biologische Landwirtschaft, so Florin, arbeite mit dem Ganzen, verstehe den Hof nicht als Fabrik, sondern als Organismus. Das Klimachaos spüre jeder Landwirt, die Vielfalt des Lebens schwinde. Florin: „Wir sind überall auf Kriegsfuß mit der Natur.“ Die biologisch-dynamische Landwirtschaft pflege den Dialog mit der Natur. Es seien „unzählige Menschen“, die den Hof tragen, erklärte abschließend Geschäftsführer Markus Hurter: die Kunden, die die Produkte erwerben, die Mitglieder des Trägervereines „Kambium“, über 100 Menschen, die den Hof finanziell unterstützen. Dieses Netzwerk gehöre zum Wesen des Hofes. Es sei auch maßgeblich für die weitere Entwicklung der Landbauwerkstatt. Hurter „Über zehn Millionen Euro für den Neubau sind nicht mit Radieschen und Salat zu erwirtschaften.“