Gerald Nill

Wieder ein Nasslager – und wieder gibt es Ungereimtheiten: Hatten Umweltschützer unlängst die Wassernutzung am Holz-Nasslager in Todtnau-Geschwend kritisiert, so tun sie selbiges nun beim schon länger existierenden Nasslager in Tegernau. Der Grund: Wasser, das zur Beregnung der Stämme verwendet wird, versickert nicht im Boden, sondern gelangt direkt in den Bach. Das kann, so die Umweltschützer, Folgen für die Umwelt haben. Das Landratsamt will nachbessern.

In Gummistiefeln watet Dieter Berger durch die Köhlgartenwiese in Tegernau bachaufwärts in Richtung Nasslagerplatz. Zunehmend treiben Schaumkronen an ihm vorbei. Schwarzer Schlamm hat auf den Steinen die Bachflora verklebt. Dann erreicht der Umweltschützer aus Zell-Riedichen die Einleitungsstelle und ist entsetzt. „Der Skandal ist hier: Es dürfte überhaupt kein Wasser von der Berieselung der Baumstämme in den Bach laufen“, behauptet er und zieht zum Beweis die Genehmigung der Staatsforstverwaltung für diesen Lagerplatz aus der Tasche. „Das ist ein klarer Fall für die Staatsanwaltschaft“, sagt er, und er zögere nicht Strafanzeige zu erstatten als „letzter Schritt“.

Wo das Wasser in die Kleine Wiese fließt, bildet sich Schaum.
Wo das Wasser in die Kleine Wiese fließt, bildet sich Schaum. | Bild: Gerald Nill

Zusammen mit dem BUND-Regionalvorstand Markus Wursthorn ist der Aktivist bereits in der Vorwoche beim neuen Nasslagerplatz Geschwend gewesen. Auf seine Hinweise hin wurde die Aufsichtsbehörde des Landratsamtes Lörrach aktiv, entzog dort der Forstbetriebsgemeinschaft die wasserrechtliche Genehmigung zum Betreiben des Lagers und machte Auflagen: den Bau einer Versickerungsmulde, damit belastetes Wasser nicht in den Prägbach läuft, Verbesserung eines Kalkfilters zur Neutralisierung des gerbsäurehaltigen Abwassers, Verringerung der Frischwasserentnahme und größere Abstände zu einem Bach. Die Wassersprenger in Geschwend waren tagelang abgestellt, wodurch sich der Lagerplatz, so die Umweltschützer, zu einer Brutstätte des Borkenkäfers verwandelte, was gerade vermieden werden sollte.

Jetzt also Tegernau. Hier betreibt der Staatsforst Forst BW den Lagerplatz, doch die Missstände seien praktisch die gleichen. „In einem Fauna-Flora-Habitat,“ stöhnt Dieter Berger, der fassungslos an der Stelle steht, wo das belastete Wasser als Bach in die Köhlgartenwiese läuft. In der Genehmigung, die er dabei hat, steht ausdrücklich: „Ablaufwasser darf nicht direkt in das Gewässer geleitet werden.“ Es sei vielmehr „breitflächig zu versickern“. Aber wie? Lehmiger Untergrund verhindere in Tegernau ein Versickern. Berger füllt zum Beweis eine „Rückstellprobe“ mit Abwasser und Schlamm in ein Gurkenglas. Jeder Privatmann werde nach Paragraph 324 wegen Gewässer- und Bodenverunreinigung sofort belangt.

Rieselndes Wasser enthält Gerb- und Schwebstoffe

Die giftigen Folgen der Holz-Berieselung seien bekannt. So führe laut Unterer Naturschutzbehörde die Auswaschung von Gerbstoffen an Nasslagerplätzen „zu einer hohen Konzentration toxischer Stoffe“. Aber auch die nichtgiftigen Schwebstoffe, die ins Gewässer geleitet werden, seien laut Umweltbehörde eine Gefahr für Jungfische und Fischeier, weil sie dem Bach den Sauerstoff entziehen. Ob für den Staatsforst Extrawürste gebraten werden, wollte Dieter Berger vom Kleinwiesentäler Bürgermeister Gerd Schönbett wissen. Dieser kümmere sich aber nicht um die Missstände, behauptet Berger. Auf die Vorwürfe angesprochen, verweist Schönbett auf die Fischereibehörde des Regierungspräsidiums in Bad Säckingen. Diese sei zuständig und kompetent. Die Fischereibehörde hatte bereits beim Nasslagerplatz Geschwend den Beschreibungen der Umweltschützer Rückendeckung gegeben. „Der Vertreter des Landratsamtes konnte Ihre Schilderung der Missstände in vollem Umfang bestätigen“, heißt es in einem internen Schreiben aus Bad Säckingen zum Lager in Geschwend, das dieser Zeitung vorliegt.

Dieter Berger wendet sich vom Fluss dem großen Holzlagerplatz zu. Zu gut 50 Prozent ist der Platz mit Fichtenholz belegt. Das Lager sei für Sturmholz gedacht, nicht für Käferholz, zitiert Berger aus einem Schreiben von Forst BW. Trotzdem lagere hier Käferholz. Mit einem Taschenmesser kratzt er am ersten Stamm an der Rinde und wird fündig. „Lebende Käferlarven“, zeigt er. Die dürfte es hier überhaupt nicht geben. Erst die jüngsten Lieferungen brächten entrindetes Holz, wie er es schon lange fordere. Aber Berger findet auch verpilztes und verfärbtes und damit minderwertiges Holz, was die teure und hochsubventionierte Aufbewahrung in einem Nasslager grundsätzlich in Frage stelle. Schließlich soll das Material hier für bessere Zeiten konserviert werden, wenn der Preis eines Tages wieder stimmt.

Zehn Liter Wasser pro Sekunde dürften der Köhlgartenwiese in Tegernau laut Genehmigung zur Berieselung entnommen werden. „Aber nicht jetzt im Sommer“, zitiert Berger aus dem Schreiben der Staatsforstverwaltung. Und legt noch nach: Landwirtschaftsminister Peter Hauk habe im Mai verfügt, dass aufgrund von Wasserknappheit überhaupt kein Wasser aus Flüssen und Bächen mehr entnommen werden dürfe. Markus Wursthorn vom BUND beklagt in einem Schreiben ans Landratsamt, dass vom Nasslagerplatz Tegernau die „schwarze Soße weiterhin unbehandelt und direkt in die Köhlgartenwiese eingeleitet wird“.

Versickerungsanlage soll Probleme lösen

Wursthorn will wissen, bis wann dem Forstbetrieb Hochrhein Frist gegeben werde, die Missstände zu beseitigen. Ansonsten sehe sich der BUND gezwungen, Strafanzeige gegen den Betreiber des Lagers zu erstatten. Das Landratsamt hat den Missstand inzwischen bestätigt: Die Situation sei bekannt, und es habe eine Begehung in Tegernau gegeben, schreibt Pressesprecher Torben Pahl auf Anfrage. „Auch hier wird nun eine Versickerungsanlage gebaut, die voraussichtlich bis Ende dieser Woche fertig ist.“