Schopfheim Wird die Stadt Schopfheim die erste Kommune im Landkreis Lörrach mit einem Naturbad? Die Stadtverwaltung gibt jedenfalls einem naturnahen Umbau des Freibads einer klassischen Sanierung den Vorzug. Diese Einschätzung beruht auf zwei Studien, die beide Sanierungsvarianten unter der Fragestellung beleuchtet haben: Was ist machbar bei einem Kostendeckel von sieben Millionen Euro netto? Bewertet wurden die Studien von einem externen Berater – Manfred Schnaible, ehemaliger Leiter der Bäder der Stadt Gaggenau.
In diesem Vergleich schneidet das Naturbad klar besser ab. Die Variante wäre günstiger (vier Millionen Euro zu sechs Millionen) – es wäre also auch Geld für das ebenfalls sanierungsbedürftige Schwimmbadgebäude übrig. Auch wären die Kosten für den laufenden Betrieb günstiger, es kann auf Chemie verzichtet werden und die Wasserfläche könnte sogar vergrößert werden – während bei der klassischen Sanierung des bestehenden Bades aus Kostengründen die Wasserfläche schrumpfen würde, drei Bahnen würden von 50¦auf 25 Meter reduziert.
- Wie werden die Bürger einbezogen? Eine Bürgerinformation im Vorfeld ist nicht vorgesehen. Das Vorgehen sieht so aus, dass jetzt am Montag, 14.¦Juli, zuerst der Gemeinderat (der in der Stadthalle tagt) die grundsätzliche Richtung beschließen soll – also klassische Sanierung oder Naturbad. Danach sollen genauere Pläne erarbeitet und erst anschließend soll „die Öffentlichkeit an der Ausgestaltung des Naturbads und der weiteren Planungen“ beteiligt werden. Allerdings: Wie üblich in einer Gemeinderatssitzung können Bürger am 14.¦Juli Fragen zu Beginn stellen.
- Was sind Naturbäder? Naturbäder sind Badegewässer, die nicht mit Chlor gereinigt werden, stattdessen wird auf Mineralien, Pflanzen und Mikroorganismen gesetzt. Auch wird das Wasser nicht technisch beheizt, sondern durch Sonneneinstrahlung erwärmt. Es braucht also dafür keine Technik und keinen Strom. Allerdings ist der Reinigungs- und Pflegeaufwand höher.
- Wären Pflanzen im Bad-Bereich? Nein. Die vom Büro Hardy Gutmann (Höchenschwand) vorgelegte Studie sieht vor, dass das Wasser in einem separaten Regenerationsbecken gereinigt wird.
- Welche Farbe hat das Wasser? Das Wasser im Freibad sieht blau aus. Das liegt daran, dass Wasser in wenigen Metern Tiefe alle Farben des Lichtes herausfiltert – bis auf Blau. Verstärkt wird dieser Effekt von der Farbe der Becken, oft haben sie einen blauen oder türkisen Grundton. Wie das Wasser in einem Naturbad erscheint, hängt also auch von der Farbe der Teichfolie ab. Für ein Naturbad werden, um den Naturcharakter zu unterstreichen, meist dunklere Töne/Grüntöne verwendet.
- Was ist mit der Hygiene/Reinigungsleistung? In der Ratsvorlage wird eingeräumt, dass es vorkommen könnte, dass eine „Klarheit des Wassers nicht immer für den gesamten Wasserkörper gegeben“ ist. Auch seien die „hygienisch relevanten Wasserwerte schwerer steuerbar.“ Es gebe das „mögliche Risiko“ einer zeitweisen Schließung.
- Was gibt es für Erfahrungen? Auch wenn im Landkreis Lörrach noch Naturbad-Ebbe herrscht: Neuland ist das mitnichten. In Riehen direkt vor den Toren Lörrachs etwa gibt es seit elf Jahren ein Naturbad, ein Außenbecken des Aqualon in Bad Säckingen ist ein Naturbad. Murg hat sogar schon seit 2009 ein Naturerlebnisbad. Ähnlich wie Schopfheim heute stand damals die Gemeinde Murg vor der Frage, ob es sein Rheinstrandbad saniert oder in ein Naturbad umbaut. Murg entschied sich für die Naturvariante und profitiert seitdem auch von einem regionalen Alleinstellungsmerkmal. Meist kommen um die 40.000¦Besucher, im Rekordjahr 2022 wurden 43.737¦Badegäste gezählt. Der Betrieb läuft problemlos. Die Gemeinde bestätigt auf ihrer Internetseite, dass sich die Betriebskosten für das Naturbad im Vergleich zu einem Bad mit konventioneller Filtertechnik erheblich reduzieren, „da die vorhandene Biologie ‚umsonst‘ arbeitet“. Allerdings: Die Teichfolie ist jetzt nach 16¦Jahren porös und musste geflickt werden. Das Naturbad in Riehen, gestaltet vom bekannten Architekturbüro Herzog und de Meuron, kommt im Schnitt auf deutlich über 60.000¦Badegäste pro Saison, etwa die Hälfte der Gäste sind von der deutschen Seite. Auch hier sind keine Probleme mit Blick auf den Betrieb bekannt.
Allerdings gibt es durchaus auch Naturschwimmbäder, bei denen es mit der natürlichen Reinigung hapert, weshalb die Bäder immer einmal wieder vorübergehend geschlossen werden müssen. Ein ganz bekannter Fall ist das Naturbad in Herrenberg im Landkreis Böblingen. Das Bad kam im Jahr 2024 zu der zweifelhaften Ehre, im vom Bund der Steuerzahler jährlich veröffentlichten Schwarzbuch aufzutauchen. Der Grund: Seit der Eröffnung im Jahr 2015 bis einschließlich 2023 musste das Hauptbecken an rund 150 Tagen spontan geschlossen werden. Die Ursache waren immer wieder Probleme mit der Wasserqualität, sei es wegen eines Pfützenkeims, wegen baulicher Mängel oder von Teichhühnern ausgeschiedener E-Coli-Bakterien. Der Steuerzahlerbund moniert Steuergeldverschwendung – das Bad hatte sechs Millionen Euro gekostet. Zwar lief die Saison 2024 wohl störungsfrei. Jetzt aber, in diesem Frühjahr, war das Bad schon wieder wegen eines Bakteriums vorübergehend dicht.
- Bewertung der Bäder im Internet? Das Naturbad in Riehen und das Naturerlebnisbad Murg (4,6 Sterne von fünf, mehr als 200 Bewertungen) erhalten in Google überwiegend positive Nutzerbewertungen. Zu Murg heißt es: „Gutes Naturschwimmbad ohne Chemikalien. Bei sehr warmen Außentemperaturen ist das Wasser angenehm erfrischend“, „Wunderschönes Naturbad/Freibad. Ich glaube, das Schönste, in dem ich je war“, „Super schön! Vor allem für Familien mit kleinen Kindern und für Menschen, die naturverbunden sind!“, „Tolles Naturfreibad. Sauberkeit wird großgeschrieben“. Negative Kommentare, bezogen auf Wasserqualität und Naturbad-Charakter? Fehlanzeige.
Ähnlich ist es beim Riehener Bad (4,5 Sterne von fünf, 628 Rezensionen). „Sehr gepflegte und schöne Badi“, „Sehr angenehmes Freibad, das mit seinem Naturkonzept überzeugt. Klares, ungechlortes Wasser, gefiltert über Schilfzonen mit einem Kieseluntergrund“, „Ein traumhaftes Naturschwimmbad mit super Atmosphäre. Das Schwimmgefühl ist wie in einem See“, „ein sehr kleines, aber dennoch feines Freibad. Besonders gut finde ich, dass es kein chlorverseuchtes Freibad ist“. Unzufriedene Kommentare sind in der klaren Minderheit und beziehen sich wie bei Murg auf andere Aspekte wie Badpersonal und Gastronomie.