In einem Prozess vor dem Amtsgericht Schopfheim musste sich eine 24-jährige Frau wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz verantworten. Der Angeklagten wurde vorgeworfen, die von ihr zu betreuenden Tiere einer Wisentherde in einem Gehege am Gersbacher Rinderlehrpfad in der Pflege und Prophylaxe vernachlässigt und unsachgemäß behandelt zu haben.
Zwei Tiere sterben
In der Folge seien eine Wisent-Mutterkuh nach einer Fehlgeburt und ein Jungbulle verendet. Zudem sollen sich auch die anderen Tiere in einem gesundheitlich sehr schlechten Zustand befunden haben. So sollen sie wegen unzureichender Wasser- und Futteraufnahme völlig abgemagert und wegen ständigen Durchfalls geschwächt gewesen sein.
Die 24-jährige Angeklagte ließ über ihren Verteidiger eine Erklärung verlesen, in der sie die Vorwürfe wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz vehement zurückweist. So habe sie 2022 die kleine Wisentherde mit fünf Tieren vom Vorbesitzer kostenlos übernommen, weil sie sich als ausgebildete Landwirtin diese Aufgabe zugetraut habe.
Der Vorwurf, die Tiere nicht mit Wasser versorgt zu haben, sei schon deshalb unzutreffend, weil sich die Tiere aus dem Wasser eines Bachlaufes am Rand des Geheges jederzeit hätten tränken können. Zudem sei der Grasstand auf dem Gelände als Futter für die Tiere immer ausreichend gewesen. Trotzdem habe sie Heu und anderes Kraftfutter zugefüttert. Auch habe sie in regelmäßigen Abständen den Tieren Wurmkuren verabreicht.
Tierarzt habe Behandlung abgelehnt
Bei einer Begehung im Juni 2023 hätten sie und ihr Partner beobachtet, dass die Beine eines Kalbs aus dem Leib der trächtigen Mutterkuh ragten. Daraufhin sei sofort der Tierarzt, der bisher die Wisente betreute, verständigt worden. Weil aber im Gehege kein Fangstand vorhanden war, in dem der Veterinär das Tier fixieren und so gefahrlos arbeiten konnte, habe dieser eine Behandlung abgelehnt.
Auch die Tierärztin, welche die 35 Milchkühe auf dem elterlichen Bauernhof der Angeklagten betreut, wurde nicht tätig: Sie kenne sich mit der Behandlung von Wisenten nicht aus.
Das sagt die Veterinärin
Die als Zeugin geladene Veterinärin des Landratsamtes (Sachgebiet Tierschutz) erklärte, dass sie vom Ordnungsamt der Stadt Schopfheim die Mitteilung über Tiere im erbärmlichen Zustand im Gersbacher Gehege bekommen habe.
Daraufhin habe sie mit der Angeklagten telefoniert und sie aufgefordert, die Tiere ordnungsgemäß zu versorgen. Bei einer Vorort-Kontrolle in Gersbach sei die Mutterkuh schon verendet gewesen. Es seien noch zwei erwachsene Wisente und ein Jungbulle auf der Weide gewesen. Nach Gesprächen mit der Angeklagten wurde das weitere Vorgehen festgelegt.
Der Vater der 24-Jährigen habe sich bereit erklärt, die Tiere ordnungsgemäß zu versorgen. Den Zustand der verbliebenen zwei erwachsenen Tiere beschrieb die Veterinärin als mäßig, den des Jungbullen als sehr schlecht. Er sei später verendet.
Das sagt der Vorbesitzer
Der als Zeuge geladene Vorbesitzer der Wisentherde sagte aus, dass er im April 2022 die Herde mit fünf Tieren der 24-jährigen Angeklagten in einwandfreiem Zustand kostenlos überlassen habe. Er sei der Meinung gewesen, dass die junge Frau als ausgebildete Landwirtin zusammen mit ihrem damaligen Partner dieser Aufgabe gewachsen sei.
In der Folgezeit habe er aber immer wieder Missstände feststellen können. Doch die junge Frau habe sich als beratungsresistent erwiesen. Leute hätten ihn auf den schlechten Zustand der Tiere angesprochen. Nach seiner Vermutung habe die Angeklagte den Wisenten die in gewissen Zeitabständen nötige Wurmkur nicht verabreicht.
Das habe er dem Ordnungsamt in Schopfheim mitgeteilt, das dann die Veterinärin des Landratsamtes verständigt habe. Der Angeklagten habe er mitgeteilt, dass er eine Rücknahmeschenkung der Tiere beantragen wolle.
Warum der Tierarzt ablehnte
Am zweiten Verhandlungstag war auch der Tierarzt geladen, der mit dem Vorbesitzer der Wisentherde einen Betreuungsvertrag abgeschlossen hatte. Er begründete, warum er die Behandlung der Mutterkuh, die eine Fehlgeburt hatte, aus tierärztlicher Sicht abgelehnt hatte. Aus Erfahrung wisse er, dass solch ein Tier nicht mehr überlebensfähig sei.
Deshalb habe er der Angeklagten und ihrem Partner empfohlen, einen Jäger zu verständigen, der das Tier von seinen Schmerzen erlösen sollte. Außerdem gab er an, dass eine Behandlung im Gehege ohne einen Fangstand für den Tierarzt lebensgefährlich sei.
So endet der Prozess
Nach der Beweisaufnahme sah die Staatsanwältin es als erwiesen an, dass die Angeklagte als ausgebildete Landwirtin den Zustand der Tiere rechtzeitig hätte erkennen müssen. Bei der Beurteilung des Falles müsse man also von Fahrlässigkeit ausgehen. Sie beantragte, das Verfahren gegen eine Geldauflage für die Angeklagte in Höhe von 1000 Euro einzustellen.
Der Verteidiger der Angeklagten plädierte jedoch, dass bei seiner Mandantin kein offensiver Nachweis einer Schuld erkennbar sei. Er erklärte sich nach Rücksprache mit der Angeklagten aber bereit, dem Vorschlag der Staatsanwältin zuzustimmen.