Eine geographisch etwas abgelegene, aber entwicklungs-starke Region ist auf die verkehrstechnische Erschließung angewiesen. Durch lange Jahrhunderte hinweg unterhielten berittene Klosterkuriere den Kontakt zur Außenwelt. Im nachklösterlichen 19. Jahrhundert riefen die Baumwollspinnerei und der sich gleichzeitig entfaltende Kurort die ersten Kutschen der Großherzoglich badischen Post für eine Verbindung nach Waldshut und 1872 die Deutsche Reichspost für den Personenverkehr nach Titisee auf den Plan.

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Etwas nahezu Sensationelles und höchst Modernes geschah dann in den ersten Jahren des vergangenen Jahrhunderts: Ende November 1904 nahmen Geschäfts- und Privatleute in der Domstadt den Behörden (die damalige Reichspost war ja nichts anderes) die Zügel aus der Hand und gründeten die berühmte Motorwagengesellschaft St. Blasien – eine massive und herausfordernde Konkurrenz zu den Pferdekutschen der staatlichen Post, die bald der Vergangenheit angehörten.

Zum Ende der Kraftpost gab es einen besonderen Bierkrug.
Zum Ende der Kraftpost gab es einen besonderen Bierkrug. | Bild: Thomas Mutter

Der Beförderungs- und Ausflugsverkehr mit den Motorwagen gedieh und blühte, im Ortskern etwa an der Stelle der historischen Litfaßsäule und der Ladesäulen für E-Autos entstand seinerzeit der „Autobahnhof“ für die Verbindungen nach Titisee (zum Bahnhof, Seebrugg wird erst später gebaut) und Waldshut.

Dieses „Bahnhöfle“ musste knapp zwei Jahrzehnte nach dem letzten Krieg der neuen und großzügigeren Straßenführung weichen. Bis zur Anlage des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) in den 1990er Jahren an der Auffahrt zum Kalvarienberg (oder an der sogenannten Meierhofkreuzung) verkehrten die Busse vom einstigen Postamt neben der Sparkasse aus. Auch dieser Abschnitt ist schon wieder drei Jahrzehnte alte Vergangenheit.

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Nichts ist von ewiger Dauer, die einst erfolgreiche Motorwagengesellschaft geriet in Schwierigkeiten und verkaufte zum 1. Juli 1921 ihren ganzen Betrieb für genau 1.388.568,30 Mark an die Deutsche Reichspost. Bei der scheinbar schwindelerregenden Summe des Verkaufspreises mögen die Wirtschaftsschwäche, der Währungsverfall und die Kaufkraft im Vollzugsjahr berücksichtigt werden. Die Post war somit wieder in ihr einstiges Geschäft eingestiegen, die vierbeinigen Pferdestärken wurden jedoch durch technisch überlegene ersetzt.

Personen- und Posttransport

Die gelben Busse der „Kraftpost“, wie der kombinierte Personen- und Posttransport griffig bezeichnet wurde, waren im wahrsten und besten Wortsinn der zusätzliche und zielfreudige Motor für die Erschließung der Landschaft und Region und der Verbindungen der Dörfer und Gemeinden miteinander. Dass der wenige Jahrzehnte später geradezu explodierende Privatbesitz von Autos vieles davon in Frage stellen und sogar rückgängig machen würde, konnte in den 1920er Jahren wohl niemand ahnen.

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Eine Folge der veränderten Wirtschaftsführung war die Liberalisierung des Personenbeförderungsverkehrs in den 1980er Jahren in verschiedenen Gesellschaftsformen bis zur 1989 gegründeten Südbaden Bus GmbH (SBG, Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn), deren Busse erst in unterschiedlichen Farbkombinationen durch die Lande fuhren, ehe sie 2008 einheitlich die als „verkehrsrot“ bezeichnete Lackierung erhielten.

Bis zum Hundertjährigen dieses jüngsten Kapitels muss noch gehörig Zeit vergehen, müssen noch unzählige Kilometer gefahren werden – und natürlich nach Dienstschluss noch mancher spätere Jubiläumsbierkrug geleert werden.