Herr Probst, welche Erfolge nehmen Sie aus Ihrer ersten Amtszeit mit?
Adrian Probst: Ich habe einen Erfolg fortgesetzt: Die konstruktive, sachliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat. Es gab nie Situationen, die von Misstrauen geprägt waren, sondern die Zusammenarbeit war immer an der Sache orientiert. Das war schon da, aber man muss so etwas auch erhalten und das empfinde ich schon als Erfolg. Zudem haben wir in den letzten acht Jahren viele größere Bauprojekte gemeistert, die eine städtebauliche Entwicklung aus einem Guss abbilden: Neubau Lidl, Feuerwehr, DRK, Sportgelände, Kolleg. Dadurch eröffnet sich Neues, zugleich erhält man den Kern und das Wesen der Stadt als regionales Unterzentrum.

Welche Akteure sind bei der Stadtentwicklung wichtig und warum?
Probst: Wichtig sind alle Bürger, Vereine, Behörden und Betriebe. Ganz aktuell beispielsweise die Familie Schmidt mit dem Projekt „Neue Mitte 1“. Oder das Kolleg mit vielen Grundstücken, die notwendig waren für die Feuerwehr und die Sportplatzumgestaltung. Ebenso die Firma Lidl mit dem Kaufpreis für das Areal am Kugelrain, aus dem heraus dann der Feuerwehrneubau ermöglicht wurde. Akteure also, die die Belange der Stadt sehen und verstanden haben, dass man einander braucht. Und so haben wir Verwaltung auch verstanden: Vielleicht mal einen halben Schritt ins Risiko gehen – da wird es einem mal mehr, mal weniger mulmig. Aber anders geht es unterm Strich halt nicht. Sonst bleibt man daran hängen, dass man nichts bewegt. Demokratie muss Ergebnisse zur aktuellen Lage liefern. Wenn sie das nicht hinkriegt, gibt es andere Systeme, die für manche reizvoll werden.
Wann wurde Ihnen mulmig zumute?
Probst: Bei der Sport- und Mehrzweckhalle zum Beispiel. Als der Aushub schon getan war und die Förderung des Bundes in sich einbrach – da habe ich mich schon gefragt: Wie erkläre ich, dass wir für zwei Millionen Euro ein Loch gegraben haben, aber niemals eine neue Sporthalle kommt, und die alte ist auch noch weg. Die Halle entsteht nun, aber im Falle eines Scheiterns wäre die Kommunikation äußerst schwierig geworden. Manchmal muss man Fakten schaffen. Im Kielwasser bewegt sich dann wiederum vieles in die richtige Richtung. Das ist eine wesentliche Lehre.
Wo sehen Sie ungenutzte Potenziale?
Probst: Das ist ein Schwarzwälder Problem insgesamt, dass man die selber oft gar nicht so sieht. Dass man eher das Licht unter den Scheffel stellt und sich nicht bewusst macht, welche Potenziale da sind. Man ist zufrieden mit dem, was man hat. Doch es gibt viele Potenziale, beispielsweise beim Thema Wohnen. Wir haben einen großen Mangel an Wohnraum in allen Kategorien. Und da hätten wir Potenzial auf privaten Flächen. Dazu braucht es aber Private – das Potenzial zu heben, ist für die nächsten acht Jahre ein wesentliches Ziel.
Was sind die größten Herausforderungen Ihrer nächsten Amtszeit?
Probst: Es sind vor allem zwei: Die großen Pflichtaufgaben der Kommune sind noch lange nicht abgearbeitet. Wir haben da vieles getan – mehr wäre nicht gut gewesen, denke ich. Aber es ist nach wie vor noch mehr als uns lieb ist übrig. Eine Schwierigkeit dabei ist die Finanzlage, die sich vermutlich in den nächsten Jahren auch nicht mehr so zurückdrehen lässt, wie sie in den Nuller- und Zehnerjahren war. Man muss mit weniger Geld größere Aufgaben bewältigen. Das andere ist eine gesamtgesellschaftliche und geopolitische Entwicklung, die sich letztlich auch kommunal bemerkbar macht. Wir wissen, dass hybride Bedrohungslagen wie Cyberangriffe und Stromausfälle wahrscheinlicher werden und das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit unseres Staatssystems bei einigen Menschen schwindet. Darauf muss sich eine Kommune vorbereiten.
Wie reagiert man auf den Klimawandel?
Probst: Präventiv, in dem wir versuchen, uns auf allen Ebenen ökologisch und technologisch so nachhaltig wie möglich aufzustellen. Das beginnt bei der LED-Straßenbeleuchtung, geht über das Thema Nahwärmenetze, Klimastandards beim Bauen – da machen wir eigentlich alles nach den aktuellen Regeln der Kunst, was machbar ist. Allerdings kommt man hier finanziell an Grenzen. Aber man muss sich auch auf die nicht vermeidbaren Folgen vorbereiten. Ein Thema, das ganz schnell zu einem konkreten wird und an dem man gemessen werden kann: Wie bereite ich mich auf Hochwasser vor? Welche touristischen Angebote schaffe ich, um bei Trockenheiten oder ausfallendem Winter Alternativen zu bieten?
Welche Alternativen wären das?
Probst: Mit Blick auf den Winter fahren wir eine Doppelstrategie. Die Einnahmen aus dem Schneetourismus sind für uns essenziell, und das bleiben sie auch die nächsten Jahre. Es geht ja kein Modell davon aus, dass ab dem nächsten Winter kein Schnee mehr liegt. Dieses Potenzial muss genutzt werden, weil die Wertschöpfung daraus einfach so groß ist, dass wir sie nicht substituieren können. Das heißt auch, gegebenenfalls noch einmal zu investieren – beispielsweise, um Lücken bei der Beschneiung zu schließen. Andererseits muss man sich für die weitere Zukunft rüsten und schneeunabhängige, wirtschaftlich tragfähige Angebote aufbauen: Mountainbiketrails, Tagungsmöglichkeiten. Wirtschaftlich tragfähig ist da das Zauberwort. Ich glaube ganz fest daran, dass kommunale Angebote nur dann richtig ziehen, wenn sie aus privater Trägerschaft stammen.
Wie füllt man die Kasse, wenn das Geld aus dem Wintersport ausbleibt?
Probst: Ich bin da zu 90 Prozent ihrer Meinung. Dass Wintersport keine Zukunft hat, ist schon seit mehr als 20 Jahren in der Diskussion – Wintersport gibt es immer noch im Schwarzwald. Früher war unvorstellbar, dass man sich für 50 Euro ein Skiticket am Feldberg kauft. Wer weiß: Vielleicht hat man in 30 Jahren nur noch 30 Skitage, aber die Gäste sind dann bereit, 100 Euro für ein Ticket zu bezahlen? Ich stochere da genauso im Nebel wie manche, die sich ganz sicher sind, dass beim Thema Wintersport im Schwarzwald alles tot ist. Einstellen jedoch muss man sich auf ein Szenario, bei dem die Wirtschaftlichkeit abnimmt. Man braucht einen Plan, um unabhängig davon seine Finanzen im Griff zu haben. Das bedeutet vor allem: Fokus auf die staatlichen Pflichtaufgaben im allgemeinen Haushalt – ohne Querfinanzierung aus dem volatiler werdenden Skitourismus.
Wie ist der Stand beim Radon-Bad?
Probst: Es gibt formal drei Interessenten. Konzepte wurden noch keine präsentiert – ein Interessent erarbeitet gerade eines, ein anderer will bald präsentieren. Ob es dann im Sommer eine Entscheidung geben wird oder erst im Herbst oder zum Ende des Jahres, kann ich nicht sagen. Wir nehmen uns die Zeit, um eine gute Lösung zu finden. Wenn nächste Woche jemand kommt und uns ein super Konzept vorlegt, dann kann eine Entscheidung auch schneller zustande kommen. Zur genauen Zeitschiene will ich also noch eher wenig sagen, da hier noch vieles im Unklaren ist. Allerdings meine ich auch, dass wir uns da nicht noch ein Jahr Zeit nehmen können. Der Haushalt 2026 wird mit 650.000 Euro an jährlichen Verlusten durch das Bad wie bisher nicht aufstellbar sein. Wir brauchen da eine Lösung.
Droht sonst die Schließung?
Probst: Im Zweifel auch eine Schließung, ja. Ich glaube aber, dass es privatwirtschaftliche Konzepte geben kann, die da etwas Gutes auf die Beine stellen.
Warum stehen Sie dem Biosphärengebiet Schwarzwald kritisch gegenüber?
Probst: Die Kritik liegt in mehreren Punkten: Grundsätzlich war das Biosphärengebiet als Bottom-Up-Projekt geplant: Eine Region macht sich auf, um die eigene Zukunft zu gestalten – Entwicklungsschübe bekommt, Potenziale hebt. De facto war das zwar Bottom-Up (von unten nach oben), aber Top-Down (von oben nach unten) spielt auch eine Rolle. Also kein basisdemokratisch gewähltes Konstrukt, sondern eine Einheit des Regierungspräsidiums. Zweiter Punkt: Der Glaube, mit 200.000 Euro Fördermitteln den ländlichen Raum nach vorne zu katapultieren, ist schon sehr ambitioniert. Es wurden aber die entsprechenden Erwartungen geweckt. Und diese Erwartungen konnten nicht erfüllt werden. Zudem haben wir hier in St. Blasien auch kaum Berührungspunkte mit dem klassischen Thema der Biosphäre – in der Stadt gibt es keinen einzigen Haupterwerbslandwirt, in Menzenschwand sind es nicht einmal eine Handvoll.
Aber gerade in Menzenschwand hat man jüngst aus dem Fördertopf profitiert.
Probst: Der Verein Winterhalter hat für den Themenweg darauf zugreifen können. Das muss positiv erwähnt werden, auch kulturelle Dinge werden jetzt gefördert. Ein guter Schritt, der in die Zukunft führen kann. Doch ganz nüchtern betrachtet: Was wird eingezahlt und was kriegt man wieder raus? Die Kommunen zahlen über 200.000 Euro ein und bekommen 200.000 Euro Fördermittel heraus – welcher Privatmann macht das? Es bleiben aber, ich komme zum Positiven, Aufgaben und Dinge übrig, die unterstützenswert und sinnvoll sind. Wir müssen sehen, wie viel das dann ist und ob es sich lohnt, so viel Verwaltung dafür vorzuhalten. Wenn man aber, um die 200.000 Euro auf die Fläche zu bringen, mit Personalkosten 800.000 Euro aufwenden muss, ist das ein Missverhältnis.
Ihnen werden gute Kontakte nach Stuttgart nachgesagt. Wohin wird Sie Ihre politische Karriere noch führen?
Probst: Das wird die Zeit zeigen. Ich wurde das auch schon vor acht Jahren im Wahlkampf immer gefragt. Da lag zwischen den Zeilen auch der Vorwurf oder die Meinung mit drin: Er macht das jetzt ein paar Jahre und dann nutzt er es als Sprungbrett und macht etwas anderes. Ich würde sagen: Das habe ich widerlegt. Was aber die nächsten 30 Jahre bis zur Rente bringen, weiß ich nicht. Entwicklungen in politischen Berufen hängen von vielen Faktoren ab – nicht zuletzt auch vom Willen des Wählers. Die zentralste Frage vor der Wahl für mich war, ob ich mir die anstehenden acht Jahre am Stück und mit vollem Einsatz vorstellen kann. Und das kann ich.