Martha Weishaar

In der Schrift „Jakob Zimmermann – ein bedeutender Radlberger“ von Autor Wolfgang Helm wird nicht nur Jakob Zimmermann posthum Ehre zuteil, auch für die Ewattinger Bevölkerung findet der Autor anerkennende Worte. Jakob Zimmermann wanderte im 19. Jahrhundert nach Österreich aus und gründete in Radlberg die Feuerwehr.

Nachforschungen in der Wutach-Gemeinde

Vor 25 Jahren recherchierte Wolfgang Helm anlässlich des Feuerwehrjubiläums seiner Heimatgemeinde St. Pölten in Österreich erstmals über Jakob Zimmermann. Die Persönlichkeit ließ ihn nicht mehr los. Nachdem er ein Seminar „Regional- und Heimatforschung“ belegt hatte, wurde Jakob Zimmermann „sein Projekt“. Der Österreicher intensivierte seine Nachforschungen und fasste deren Ergebnisse in einer bemerkenswerten Schrift zusammen. Die Vergangenheitssuche gestaltete sich indes schwierig, denn Jakob Zimmermanns Nachkommen hatten ihre Heimat längst verlassen, um ihr Glück in Amerika zu suchen.

Wolfgang Helm wollte es genau wissen und reiste im Juli vergangenen Jahres nach Ewattingen. Sowohl im Rathaus als auch im Pfarrbüro, bei den Wirtsleuten der „Burg“ und bei Zufallsbegegnungen mit etlichen Einwohnern fand er reichlich Unterstützung bei seinen Nachforschungen. Wolfgang Helm stellte bald fest, dass es in Ewattingen nicht nur auf dem Kriegerdenkmal „eine große Anzahl von Zimmermännern“ gibt.

Am Ende hatte der österreichische Heimatforscher Erfolg, fand hilfreiche neue Daten und Erkenntnisse über Jakob Zimmermann heraus. In seinem Büchlein schreibt Wolfgang Helm, „dass die Freundlichkeit und Offenheit, mit der uns dort die Bevölkerung begegnet ist, für meine Frau und mich ein unvergessliches Urlaubserlebnis darstellt“. Die herzlichen Begegnungen würdigt er explizit in seiner Abschlussarbeit.

Biografie eines Ewattingers

Jakob Zimmermann war 1859 als Sohn der ledigen Dienstmagd Kunigunde Zimmermann in Ewattingen geboren und drei Stunden nach seiner Geburt in der Galluskirche getauft worden. Er besuchte in Ewattingen von 1866 bis 1874 die Volksschule und leistete von 1879 bis 1882 im Infanterie-Regiment Nr. 114 seinen ordentlichen Militärdienst ab. Anschließend war er zwei Jahre lang der Reserve zugeteilt. Ab seinem 15. Lebensjahr war er bei Straßen- und Eisenbahnbauten beschäftigt. Im Verlauf der 1880er Jahre wanderte er nach Niederösterreich aus, wo er 1887 als Oberbauarbeiter und Partieführer beim Bau der Bahnlinie Krems-Herzogenburg Arbeit fand. Schon zwei Jahre später war er Vorarbeiter der Österreichischen Lokal-Eisenbahn-Gesellschaft.

Mit fachlicher Qualifikation und Weiterbildung brachte er es bis zum Bahnmeister in Herzogenburg. 1901 erhielt er die Österreichische Staatszugehörigkeit, im März 1902 den Heimatschein der Gemeinde Radlberg. 1892 heiratete Jakob Zimmermann die sechs Jahre ältere Witwe Theresia Donau, die einen Sohn mit in die Ehe brachte. Eine gemeinsame Tochter sowie zwei Söhne folgten.

Zwei Schicksalschläge in kurzer Zeit

Doch das Schicksal meinte es nicht nur gut mit dem Ewattinger. 1897 starb seine Frau drei Monate nach der Geburt des jüngsten Sohnes Otto an Lungenentzündung. Vier Monate später verstarb Tochter Johanna an Diphtherie. Jakob Zimmermann stand allein mit seinen beiden drei Jahre sowie drei Monate alten Söhnen. Die jüngere Schwester seiner verstorbenen Frau übernahm die Rolle der Mutter. Mit ihr hatte Jakob Zimmermann 1900 eine weitere Tochter, Angela. Geheiratet hat er Antonia Knorr gleichwohl nicht. Beide Söhne mussten in den Ersten Weltkrieg ziehen.

Sein ältester Sohn Meinrad starb 1919 in russischer Gefangenschaft. Der Jüngere, Otto, kehrte hoch dekoriert zurück und wanderte gemeinsam mit seiner Halbschwester Angela 1923 nach Amerika aus. 1928 zog es ihn nach Chile, wo er 1934 in Valparaiso eine Familie gründete. Otto Zimmermann repräsentierte dort seine österreichische Heimat als Honorarkonsul. 1967 starb er 70-jährig in Chile. Seine Halbschwester blieb in den USA, ihre drei Kinder lebten in Philadelphia.

Jakob Zimmermann war in Radlberg eine zeitlang geschäftstüchtiger Wirt eines florierenden Gasthauses. Er war aber auch für seine soziale Einstellung und Hilfsbereitschaft gegenüber in not geratenen Menschen bekannt. Unter anderem war er als Mitglied des Bezirksausschusses der Feuerwehren Mitinitiator für eine Stiftung, die infolge Unfall oder Krankheit notleidende Feuerwehrmänner unterstützte.

Gründung der Feuerwehr

Von Jakob Zimmermann muss ein hohes Maß an Ausstrahlung und Überzeugungskraft ausgegangen sein, fand Wolfgang Helm heraus. Er begründete 1893 die Freiwillige Feuerwehr Radlberg, der sofort 29 Männer beitraten. In Spitzenzeiten zählte man 68 aktive Mitglieder. Obschon er Zugezogener war, wurde er zu deren Hauptmann gewählt. Erst nachdem ihm ein Bein amputiert werden musste, gab er sein Amt nach 37 Jahren ab.

Gesellschaftlich stark engagiert

Als Hauptmann organisierte er Ausstattung, Gerätschaften, Fahrzeuge, Feuerwehrgebäude, begründete sogar eine Feuerwehrkapelle, veranstaltete Feuerwehrbälle und veranlasste die Gründung einer Sanitätsstaffel. 1926 wurde er zum Ehrenhauptmann ernannt, 1930 zum Ehrenmitglied des Bezirksverbandes. Der sozialdemokratisch gesinnte Zimmermann war aber auch als Gemeinderat, Vizebürgermeister, im Ortsschulrat sowie im Bezirksschulrat engagiert. 1934 verstarb der hoch angesehene nach der Amputation seines zweiten Beines in Radlberg. 280 Feuerwehrmänner gaben ihm das letzte Geleit, ebenso die Dorfgemeinschaft und viel Prominenz.