Herr Zamani, was schätzen Sie am Stühlinger Krankenhaus?
Hier herrscht eine gute Atmosphäre, der Mensch steht im Mittelpunkt. Man bekommt schneller Termine für Untersuchungen als in einer großen Klinik oder bei einem Facharzt. In einem großen Krankenhaus sind Patienten nur eine Nummer. Hier nehmen wir uns Zeit und bieten eine wohnortnahe Grundversorgung. Verwandte und Freunde können schnell auf einen Besuch vorbeikommen, das ist auch gut für die Patienten.
Gerade ältere Menschen brauchen diese ortsnahe Versorgung. Etwa 80 Prozent der Patienten brauchen sowieso keine High-Tech-Medizin, für die anderen stehen Hubschrauber und Krankentransporte zur Verfügung, um sie schnell in eine Fachklinik zu verlegen. Unser Krankenhaus sehe ich deshalb auch als Entlastung großer Kliniken, das wurde gerade in der Pandemie deutlich, als leichtere Fälle bei uns versorgt wurden.
Welche Auswirkungen hätte eine Schließung?
Die Rettungswache des DRK ist an das Krankenhaus angeschlossen, sie würde schließen. Und für die Ausbildung von Ärzten vor Ort hätte es negative Folgen. Von den zwischen Bonndorf bis Kadelburg niedergelassenen Hausärzten wurden 50 bis 60 Prozent hier mit ausgebildet.
Die Ausbildung ist sehr wichtig, denn viele bleiben dann in der Region. Das würde wegfallen, wenn das Aus käme. Von einer Großklinik lässt sich in unserer Region kein Arzt nieder, deshalb ist es so wichtig, dass dieses Haus erhalten bleibt. Wenn man sich fürs Hierbleiben entscheidet, ist das eine Herzenssache.
Was würde das für ihre Patienten bedeuten?
Das wäre eine Katastrophe. Innerhalb kürzester Zeit müssten sie sich einen neuen Hausarzt suchen, die meisten Praxen sind schon jetzt überlastet. Und ich müsste auch eine neue Arbeitsstelle finden.
Wie sehen Sie die Entwicklung der medizinischen Versorgung im Landkreis, wenn das Aus kommt?
Der Osten des Landkreises verwaist dann in Sachen medizinischer Grundversorgung. Manchmal habe ich das Gefühl, dass bei den Politikern der Landkreis Waldshut in Lauchringen aufhört. Und ich habe auch das Gefühl, dass die Politiker in Berlin und Stuttgart nicht wissen, wie die Menschen hier auf dem Land ticken.
Den Betreibern wird vorgeworfen, dass notwendige Sanierungen verschleppt wurden?
Es geht genau um diese Investitionen, vor denen man sich scheut. Das war schon so, als wir noch dem Bad Säckinger Krankenhaus angeschlossen waren. Wir waren schon damals die Stiefkinder. Nicht nachvollziehbar war zum Beispiel, dass in die Gynäkologie mit Entbindungsstation erst über eine Million investiert wurde, sie bald danach aber geschlossen wurde. Die Frauen kamen sehr gerne zur Entbindung hierher, weil es hier so menschlich zugeht.
Was erwarten Sie jetzt von den Betreibern?
Wir brauchen eine schnelle Entscheidung. Ein Krankenhaus wird von Krankenkassenbeiträgen und Steuergeldern finanziert. Da muss keine hohe Rentabilität stehen, der Mensch muss im Mittelpunkt sein. Und unsere Mitarbeiter haben Existenzängste, sie brauchen Klarheit, sonst sind sie weg. Die Schweiz würde sie mit offenen Armen empfangen.
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