Auf der Internetseite des Bodensee-Hegau-Klinikums steht immer noch: „Die überschaubare Größe unseres Hauses ermöglicht eine freundliche und familiäre Atmosphäre, in der sich Patienten, Besucher und Mitarbeiter rasch wohlfühlen.“ Nach Bekanntwerden eines Gutachtens droht nun allerdings die Schließung.

Landrat Kistler deutete in der jüngsten Kreistagssitzung allerdings eine Satelliten-Lösung für die kleine Klinik an. Wir fragten bei Andrea Kohlpaintner-Scherble, Betriebsratsvorsitzende des Loreto-Krankenhauses, und Susann Bächle, der Vorsitzenden des Freundeskreises nach, wie sie die aktuelle Lage einschätzen.

Was sagt die Betriebsratsvorsitzende?

Andrea Kohlpaintner-Scherble, Betriebsratsvorsitzende des Krankenhauses Loreto, berichtet, dass sie mit einer Abordnung von Mitarbeitern des Loreto Krankenhauses an der Kreistagssitzung teilnahm. Sie hatte den Eindruck, dass hier „wirklich an einer Lösung gearbeitet“ wird, um eine weitere ärztliche Versorgung für die Bevölkerung im nordöstlichen Bereich des Landkreises WT aufrecht zu erhalten.

„Es muss uns allen klar sein, dass das keine leichte Aufgabe werden wird, denn die finanziellen Mittel sind sehr beschränkt.“ Sie beschreibt die Lage für das Krankenhaus nach der Veröffentlichung des Strukturgutachtens als sehr angespannt.

„Wir wussten natürlich in welch schwieriger finanzieller Situation wir uns befanden. Die Wartezeit auf das endgültige Ergebnis war sehr belastend, da dies zu einer totalen Verunsicherung geführt hat. Jeder hatte Angst, seinen bestehenden Arbeitsplatz zu verlieren.“
Andrea Kohlpainter-Scherble

Landrat Kistler sagte in der Kreistagssitzung: „Eine gute Zentralversorgung braucht auch Satelliten in der Fläche“. Diese Option zur Schaffung eines Primärversorgungszentrums würde der Betriebsrätin sehr gut gefallen, denn Satelliten seien im gesamten System wichtig. „Wir hoffen sehr, dass bis zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen keine Versorgungslücke entsteht, und für alle Parteien eine tragbare Lösung gefunden wird.“

Klar ist für sie, dass die finanziellen Mittel natürlich hinten und vorne fehlen. „Die Anträge für die Fördergelder wurden in Zusammenarbeit mit der Stadt Stühlingen und der Geschäftsführung der Klinikum Hochrhein-GmbH bereits gestellt.“

Schon im Vorfeld gab es Gespräche mit allen politischen Gremien, der Betriebsrat wurde mit eingebunden. Andrea Kohlpaintner-Scherble macht allerdings auch deutlich, dass der Betriebsrat „in keiner Weise Einfluss auf die Schließung eines Betriebes“ habe.

Perspektiven für Mitarbeiter

Oberste Priorität für den Betriebsrat sei es, für die Mitarbeiter die bestmöglichsten Lösungen für einen Übergang an einen anderen Arbeitsplatz zu finden. Gespräche wurden schon vor längerer Zeit geführt und Optionen ausgelotet. Von der Geschäftsführung wurde zugesichert, dass jeder Mitarbeiter eine Fortführung seines Arbeitsvertrages im GLKN erhalten würde, sagt die Betriebsrätin.

„Hier kam uns überraschender Weise sehr entgegen, dass in einer Vereinbarung zwischen dem GLKN und der Klinikum Hochrhein GmbH eine Mitarbeiterinformation herausgegeben wurde, in der eine Perspektive aufgezeigt wurde, an beiden Standorten eine Anschlussbeschäftigung zu erhalten mit allen arbeitsvertraglichen Rahmenbedingungen. Hier ist uns allen ein riesiger Stein vom Herzen gefallen.“

Was sagt der Freundeskreis?

Susann Bächle, Vorsitzende des Freundeskreises Krankenhaus Loreto, Stühlingen, hatte von der Debatte im Kreistag einen ganz anderen Eindruck: „Ein Weiterführen des Krankenhauses Loreto wurde nie in Erwägung gezogen.“ Auch die Bürgermeister der Region plädierten zwar für den Erhalt, gleichzeitig erwähnten sie den begrenzten Handlungsspielraum des Landkreises Waldshut, da das Krankenhaus Stühlingen zum Klinikverbund in Konstanz gehöre und es aufgrund bundespolitischer Vorgaben zunehmend schwieriger werde, kleine Krankenhäuser zu betreiben.

Die Lücke in der stationären Versorgung wurde erkannt, doch sie werde billigend in Kauf genommen. Die finanzielle Seite dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dabei dürfe der Blick auf die ausreichende medizinische Grundversorgung im gesamten Landkreis nicht verloren gehen, sagt Susann Bächle: „Es gibt zahlreiche Gemeinden, für deren Bürger die Schließung gravierende Folgen hätte!“

Nach Veröffentlichung des Gutachtens hätten sich die Befürchtungen des Freundeskreises Krankenhaus Loreto bestätigt. „Die Lage wurde von Beginn an als aussichtslos dargestellt“, sagt Susann Bächle. Sie hält ein wettbewerbsorientiertes Gutachten der Beraterfirma Lohfert und Lohfert für die Bewertung für nicht angemessen.

„Es fehlen medizinische Erwägungen und eine Analyse des Bedarfs für Patienten.“
Susann Bächle

Die Chance, das Krankenhaus Loreto zu retten hält sie für gering, falls die politisch Verantwortlichen sich vorwiegend von betriebswirtschaftlichen Zahlen und Fakten leiten lassen. Eine weitere Zahl, die in der Diskussion um die Notwendigkeit des Standortes Stühlingen immer wieder auftaucht, ist die Erreichbarkeit zum nächsten Grundversorger.

Der Status quo werde mit 17,6 Minuten angegeben, bei einer Schließung des Stühlinger Krankenhauses spreche man von 23,1 Minuten. Bächle erklärt dazu, dass in diesem Fall 20 Prozent aller Bewohner des Landkreises länger als 30 Auto-Minuten benötigen, um ein Krankenhaus der Grundversorgung zu erreichen.

Kündigungswelle stoppen

Mit dem Antrag auf Förderung eines Projektes zum Entwurf und Aufbau eines Primärversorgungszentrums an das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg sei von der Politik ein erster kleiner Schritt getan, die medizinische Grundversorgung im östlichen Landkreis zu sichern.

„Dies ist aber keinesfalls ausreichend, um die Grundversorgung lückenlos aufrecht zu erhalten. Das Konzept und der Aufbau neuer Strukturen geschieht nicht von heute auf morgen“, kritisiert Susann Bächle und mahnt „sofortiges Handeln der politisch Verantwortlichen im Landkreis Waldshut“ an.

Es gelte die Immobilie sichern, es brauche zudem attraktive Vereinbarungen mit dem Personal, um die begonnene Kündigungswelle zu stoppen und es gelte, die medizinischen Versorgung bis zur Installation des Primärversorgungszentrums zu sichern.

Der Freundeskreis habe zu Jahresbeginn erste Schritte für den Erhalt der Klinik eingeleitet. Es gab Gespräche mit Politikern und es gab Kontakt mit Mitarbeitern des Krankenhauses, um ihnen aufzuzeigen, wie wichtig ihre Arbeit ist, um sie möglichst lange halten zu können. Eine Petition wird demnächst an Landrat Kistler übergeben. „Die Zahl der Unterschriften und Kommentare der Unterzeichner bestätigen, dass es mit dem Blick auf die Realität bezüglich einer ausreichenden medizinischen Grundversorgung, das Krankenhaus Loreto weiterhin braucht.“

Was sagt der Chefarzt?

Christian Saurer, Chefarzt für Innere Medizin am Krankenhaus Loreto in Stühlingen.
Christian Saurer, Chefarzt für Innere Medizin am Krankenhaus Loreto in Stühlingen. | Bild: Gerald Edinger

Christian Saurer (56), ist seit Februar 2010 Chefarzt der Inneren Abteilung am Loreto-Krankenhaus in Stühlingen. Der Internist spricht im Interview über die Zukunftschancen der Klinik und mögliche Alternativen. (Hinweis: Beim Klick auf die Frage öffnet sich die Antwort.)

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