Bis wann ist die Breitbandversorgung in Stühlingen abgeschlossen?
Wir sind fast fertig. Sieben Hausanschlüsse müssen noch durchgeblasen werden in Bettmaringen – das hängt vom Wetter ab. Im Rahmen des Landkreis-Backbones wird außerdem von Bettmaringen nach Birkendorf eine Verbindungsleitung gelegt. Angeschlossen ist Birkendorf bereits über Obermettingen.
Wie sieht es mit den Kosten aus für die Breitbandversorgung in Stühlingen?
Ich finde die Kosten nicht spannend. Die finanzielle Sichtweise wird heute ganz hoch gehandelt – man vergisst dabei die wichtigen Werte. Ich sage immer, eine Kommune, die den Breitbandausbau selber macht, ist vielleicht arm. Aber eine Kommune, die es nicht macht, ist armselig. Die Kosten liegen irgendwo bei 14 bis 15 Millionen Euro, so hat es Bürgermeister Joachim Burger kommuniziert.
Kann die Internetversorgung mit der Wasser- und Stromversorgung gleich gesetzt werden?
Das hat sich 2015 schon abgezeichnet, und die Erfahrung bestätigt: Das Vorhandensein eines Internetanschlusses wird zum Teil schon in den notariell beglaubigten Kaufverträgen eingetragen, wenn Immobilien und Grundstücke erworben werden. Wer von uns, der im normalen Leben steht, ist ohne Internet? Das ist so etwas von selbstverständlich, es geht einfach nicht mehr ohne. Das kann man gut oder schlecht finden, aber Tatsache ist, es geht nicht mehr ohne. 1890 wurde eine neue Wasserleitung nach Blumegg gelegt, das war damals ein existentielles Ziel und wurde sogar im Reiseführer explizit erwähnt. Und Glasfaser ist genauso. Mit den Worten „Vielen Dank für den Anschluss an die moderne Welt“ hat sich einer der Kunden zuletzt für den Glasfaseranschluss bei mir bedankt.

Wie sind Sie zum ZIS (Zukunftsfähige Infrastruktur Stühlingen) gekommen?
Als Bauingenieur hatte ich mich damals bei der Stadt Stühlingen beworben. Nach Hohentengen ist Stühlingen die erste Gemeinde im Landkreis, welche das Breitband per Glasfasernetz ausbaut. Neben dem Telefon-Kupferkabel oder Fernseh-Koaxialkabel ist Glasfaser die bessere Lösung. Das Glasfasernetz ist die einzige Technologie, bei der die Internetgeschwindigkeit und die Bandbreite dauerhaft konstant bleiben, egal, wie viele Personen gleichzeitig streamen, chatten oder große Daten versenden, die Verbindung bleibt schnell und stabil. Das Wunder der Glasfaser hat mich bereits damals fasziniert. Im alten Wasserrohr nach Blumegg von 1890 sind die Lehrrohr-Bündel eingezogen, und da drin läuft das Glasfaserkabel mit 288 Fasern zur Versorgung von Blumegg. Es ist schon toll, wenn man für modernste Kommunikation die Vorleistungen vergangener Generationen wieder neu nutzen kann.
Welche Stationen gab es für das Breitband in Stühlingen?
Etwa 2009 war Hohentengen Vorreiter im Landkreis Waldshut. Stühlingen hat sich intern seit 2009 mit dem Thema Breitbandentwicklung beschäftigt. Es wurden verschiedene Modelle angefragt und erörtert. Es gab Kontakt mit verschiedenen Partnern. Die ganzen Verhandlungen haben aber letztendlich dazu geführt, dass man keinen Partner gefunden hat.
Wie ging es dann weiter?
Die Bürgerinitiative Breitband Stühlingen wurde gebildet, welche das Modell „Eigener Glasfaserausbau“ favorisiert hat. Bettmaringen ist einen eigenen Weg gegangen. Es gab zum Teil noch alte Telefonleitungen mit Papierisolierungen, aus Reichspostzeiten – zum Teil ist das sehr archaisch, was da unterwegs ist. 2014 war die Bürgerinitiative so weit, das Konzept dem Gemeinderat vorzustellen. Die damalige Bürgermeisterin Isolde Schäfer und der Gemeinderat haben beschlossen, den Breitbandausbau selbst zu tätigen und haben den Eigenbetrieb ZIS gegründet. Da bin ich dazu gestoßen. Ich war vorher selbstständig als Bauingenieur im Eisenbahnbau.
Wie kommt man vom Eisenbahnbau zum Glasfasernetz?
Gegenüber allen Mitbewerbern war ich am nächsten dran. Ich hatte bereits Berührungspunkte mit Breitbandnetz und Kupfer, aber so richtig drin war ich nicht – es war für alle, die mitgemacht haben, neu. Erst wurde Reklame gemacht für das Netz bei den Bürgern. Ich habe an Bürgerversammlungen teilgenommen und das Projekt vorgestellt, dann wurden die ersten Verträge abgeschlossen. Damit erhielten wir eine Rückmeldung, ob das Glasfaser überhaupt gewünscht wird von den Bürgern. Gleichzeitig haben wir den Ortsteil gesucht, in dem das Potenzial durch die Rückmeldungen am Größten war. Dementsprechend war die Reihenfolge vom Ausbau.

Wo wurde begonnen?
Weizen zuerst, in Bettmaringen war der Druck am Geringsten, die waren versorgt, sind deshalb an den Schluss gerutscht. Der ganz große Vorteil war natürlich, dass wir mit Weizen belastbares Zahlenmaterial gehabt haben, was später zugrunde gelegt wurde. Ende April 2015 war die Anmeldefrist mit Frühbucherrabatt, was sich im Nachhinein als tolle Möglichkeit herausgestellt hat, schnell ein vernünftiges Potenzial erkennen zu können. Wir hatten dann von 1800 maximal möglichen bereits 1200 Anschlussverträge auf der Gesamtgemarkung, bereits vor Baubeginn – das ist richtig klasse. Das war auch das Signal zu sagen, jawohl, wir packen es an, es ist notwendig und sinnvoll, es wird nachgefragt. Den Rest des Jahres 2015 haben wir für das Stellen der Förderanträge verwendet. Das war eine relativ intensive Geschichte, weil sich die Förderkulissen derart geändert haben. Auch die zuständigen Stellen hatten sich noch nicht richtig gefunden. Erst das Regierungspräsidium, dann das Landesamt für Geografie und Landentwicklung, und dann sind wir letztendlich beim Innenministerium als zuständige Stelle gelandet. Es war ein langer und anstrengender Weg.
Und wann ging es dann mit den Bauarbeiten los?
2016 konnte man dann anfangen zu bauen. Am 27. Mai 2019 kam das erste Signal an, jetzt sind wir fast fertig, nur sieben Anschlüsse müssen noch durchgeblasen werden. Wir haben ein tolles Glasfasernetz, ein Bürgernetz, gebaut. Dadurch haben unsere Bürgerinnen und Bürger die Chance, im schnellen weltweiten Internet unterwegs zu sein. Jeder abgeschlossene Vertrag mit einem Betreiber trägt dazu bei, die immensen Kosten gegenzufinanzieren.