Ursula Ortlieb

In Birkendorf gibt es eine Gemeindewaage, die Cornelia Ziller seit 20 Jahren betreut. Sie hatte das Amt der Wägerin im Mai 2000 von ihrem langjährigen Vorgänger Leopold Blatter übernommen, der im Gemeindehaus gewohnt hat. Dort ist auch das Waagbüro untergebracht. Cornelia Ziller wohnt in direkter Nachbarschaft. Bei Terminabsprachen mit Kunden ist sie deshalb flexibel und richtet sich nach deren Wünschen, was manchmal auch am Samstag oder Sonntag und spät nachts sein kann.

Cornelia Ziller, betreut sei 20 Jahren als Waagmeisterin die öffentliche Waage in Birkendorf. „Es ist auch Idealismus ...
Cornelia Ziller, betreut sei 20 Jahren als Waagmeisterin die öffentliche Waage in Birkendorf. „Es ist auch Idealismus dabei“, sagt die Bäuerin, die ihren Hof in der Nachbarschaft des Gemeindehauses mit ihrem Ehemann Werner betreibt. | Bild: Ursula Ortlieb

Um amtliche Bescheinigungen über das Gewicht von Fahrzeugen und Ladungen ausstellen zu können, wird alle drei Jahre die Präzision der Waage durch das Eichamt geprüft. Es gibt nur noch wenige Landwirte im Dorf. Es werden auch nicht mehr wie früher hauptsächlich Rinder, Pferde und Schweine gewogen, sondern Fahrzeuge, Ladungen und nur manchmal noch Pferde. Immerhin wurden im Jahr 2020 noch 60 Wiegungen ins Protokollbuch eingetragen.

Cornelia Ziller macht die Arbeit als Wägerin Spaß. Da sie mit ihrem Ehemann Werner Landwirtschaft mit Bullenmast, Kleinvieh und Kartoffelanbau betreibt, ist ein netter Austausch mit Berufskollegen für sie oft interessant. Sie ist Bäuerin mit Leib und Seele und nebenbei vielseitig engagiert. So gehört sie schon in dritter Wahlperiode dem Ortschaftsrat Birkendorf an, betreut mit dem Büchereiteam seit 28 Jahren die Pfarrbücherei und war 20 Jahre Vorsitzende der KFD Birkendorf. „Die Betreuung der Waage mach ich für die Bauern gern. Aber auch Wohnmobile brauchen für Grenzüberfahrten ins Ausland den amtlichen Nachweis über das Gewicht ihrer Fahrzeuge, da eine Überladung, vor allem nach Österreich und in die Schweiz, sehr teuer werden kann.“

Bis 1969 war die Gemeindewaage gegenüber dem Gasthaus „Hirschen“, bevor sie zum Gemeindehaus verlegt wurde. Die ...
Bis 1969 war die Gemeindewaage gegenüber dem Gasthaus „Hirschen“, bevor sie zum Gemeindehaus verlegt wurde. Die „Hirschen“-Wirtin Anna Rebmann war damals die Wägerin. Auf dem Bild ist rechts das frühere Waaghäuschen, das als Gartenhäuschen in Privatbesitz überging. | Bild: Ursula Ortlieb (Repro)

In diesem Jahr wurden wegen Corona nur drei Wohnmobile gewogen, aber ein Anstieg war in den vergangenen Jahren deutlich zu verzeichnen. Zwei Wiegungen, Tara- und Brutto, kosten zehn Euro, die nach Abzug eines Obolus‘ für die Wägerin an die Gemeinde überwiesen wird. Die Gebühren sind nicht kostendeckend. Wegen des Defizits steht immer wieder einmal das Thema Stilllegung der Waage im Gemeinderat an. Cornelia Ziller würde das Angebot aber gerne aufrechterhalten. „Natürlich mache ich es auch aus Idealismus.“

Das Hagehole

Die Nutzung der Waage steht in Birkendorf alle zwei Jahre im Mittelpunkt des „Hageholens“. Vom Hof der Zillers dürfen jeweils die vier jüngsten Bullen (Hage) von rund 14 im Frühjahr für einen Sommer lang auf die Weide im Unterdorf. Diese Vier waren Anlass für die Idee von Manuel Dörflinger, mit dem Heimholen der „Hage“ (Bullen) ins Winterquartier ein großes Fest zu feiern. Das „Hagehole“ entwickelte sich nach dem großen Erfolg zu einem Publikumsmagneten. Cornelia und Werner Ziller gehören auch hier zu den Hauptakteuren als Bauern der Bullen. Beim öffentlichen Spektakel für das Schätz-Gewinnspiel werden die vier Bullen und ein zuvor ausgewählter Personenkreis gewogen. Den genauesten Schätzern winken attraktive Preise. 2020 musste auch das „Hagehole“ wegen der Corona-Pandemie ausfallen.

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Wenn auch an vielen Orten öffentliche Waagen wegen mangelnder Nutzung stillgelegt wurden und private Unternehmer die dadurch entstandene Lücke teilweise füllten, hofft Wägerin Ziller, das Angebot noch lange aufrecht erhalten zu können.