Derzeit wird über Impfungen viel diskutiert. Im Regelfall steht das Coronavirus im Mittelpunkt. Doch wie steht es mit der Grippe? Hat eine Impfung gegen Influenza Sinn? Gibt es genügend Impfstoff? Diese Zeitung fragte nach.
„Eigentlich sollte genügend Impfstoff vorhanden sein, wir werden aber bei der Belieferung schon seit vier Wochen immer wieder vertröstet“, sagte die Fachärztin für Allgemeinmedizin Barbara Bohl aus Grafenhausen. Es gehe dabei nicht um kleinere Mengen einer Nachbestellung, sondern um „Hunderte von Impfstoffen“. Die kleinere Menge, die vor einer Woche an die Praxisgemeinschaft Bohl ausgeliefert wurde, bezeichnete die Ärztin als „Tropfen auf den heißen Stein“.
Derartige Engpässe dürfe es gerade in der heutigen Zeit nicht geben. Es könne nicht sein, dass Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören, bei der Anfrage nach einem Impftermin immer wieder vertröstet werden müssen. „Die Gefahr einer Doppelinfektion ist bei der Corona-Pandemie besonders hoch“, hob Barbara Bohl hervor. Besonders dramatisch sei es, wenn Patienten mit über 80 Jahren weggeschickt und vertröstet werden müssten. Von den Lieferanten wurde eine größere Menge versprochen, die auch am Dienstag im Oberen Schlüchttal angekommen ist. Als Grund für die Verspätung wurde das Paul-Ehrlich-Institut genannt, das nach Bohls Worten einige Chargen nicht freigegeben habe. „Dies kann man glauben oder nicht“, meinte die Ärztin verärgert. Für die nicht kalkulierbare Belieferung mit dem wichtigen Grippeimpfstoff habe sie kein Verständnis. Zwischenzeitlich sei in der Praxis Bohl eine Mitarbeiterin nur mit Absagen oder Neuterminierungen in Sachen Impfungen beschäftigt.
Auch der Facharzt für Innere Medizin, Markus Bohl, hält die derzeitige Belieferungsform für nicht tragbar. Gefahren für Patienten aber bestünden nicht: „Wir liegen mit den Impfungen zeitmäßig noch im Rahmen“, erläuterte er angesichts der Tatsache, dass die Hauptwirkzeit des Grippeimpfstoffs etwa bei drei bis vier Monaten liegt. Kurzum: „Zu früh impfen, bringt keinen zusätzlichen Schutz.“ Wichtig wäre es, wenn sich Risikogruppen, also Menschen mit chronischen Erkrankungen sowie über 60-Jährige jedes Jahr impfen ließen, und nicht nur rund 30 Prozent. Die echte Grippe (Influenza) sei keine einfache Erkältung, sondern eine ernstzunehmende Erkrankung. In Deutschland sterben je nach Schwere der Grippewelle jedes Jahr nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bis zu 20.000 Menschen daran.
Schutz nur vor der echten Grippe
Die Grippeimpfung schützt jedoch nach den Worten von Markus Bohl nur vor Grippeviren und nicht generell vor anderen Erkältungskrankheiten wie Husten oder Schnupfen und ebenfalls nicht vor einer Erkrankung mit dem Coronavirus. Nach der Impfung dauert es zehn bis 14 Tage, bis der Körper ausreichend Schutz vor einer Ansteckung aufgebaut hat. Alle Risikogruppen sollten sich auch gegen Pneumokokken impfen lassen, so der Arzt. Diese Impfung wird umgangssprachlich auch Impfung gegen Lungenentzündung genannt. Pneumokokken sind Erreger, die unter den Bakterien am häufigsten eine Lungenentzündung auslösen können.
„Impfstoffe sind bereits seit Februar und März äußerst knapp“, weiß Apotheker Bernhard Straub von der Marienapotheke Ühlingen und Grafenhausen zu berichten. 26 Millionen Impfeinheiten wurden nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums produziert. Angesichts der erhöhten Nachfrage werde diese Anzahl nach Straubs Meinung aber nicht ausreichen. Hinzu kommen Ende November weitere sechs Millionen Einheiten, die vom Bundesministerium nachgeordert wurden. Ob es reichen werde, stehe noch in den Sternen. Er selber habe für seine Apotheken im Oberen Schlüchttal „einige Stückzahlen“ mehr bestellt, in der Hoffnung, dann wenigstens die Hälfte zu erhalten. Es sei aber erfreulich, so Straub, dass Anfang der Woche zumindest ein Teil der benötigten Impfdosen eingetroffen sei und ausgeliefert werden konnte.