Werner Huff

Genau genommen trägt es seinen Namen zu Unrecht, denn in seinen 155 Jahren ist es ihm nur etwas mehr als zwei Jahrzehnte treu geblieben: das Kornhaus in Waldshut. Wäre die Benutzung entscheidend, hätte man es 77 Jahre lang als Schulhaus bezeichnen müssen, während es in den zuletzt vergangenen 55 Jahren zum heutigen Kultur- und Vereinshaus wurde. Das sind die Eckdaten dieses das Stadtbild prägenden Gebäudes, zu dem am 22. Oktober 1862 der Grundstein gelegt wurde.

Für 42 000 Gulden wurde nicht nur das Kornhaus errichtet, sondern zusätzlich im zweiten Stock ein „Versammlungssaal für Gesangs-, Musik-, Turn- und Schützenfeste“, wie es damals hieß. Eine Stadthalle also. Am 22. Mai 1863 war Richtfest, in Betrieb genommen wurde das Kornhaus am 14. Oktober 1863. Seine Rolle als Markthalle blieb jedoch bescheiden, wichtiger war der Saal für öffentliche Anlässe. Ende 1880 bezog die Bürgerschule das Gebäude, in dem sie als Hochrheingymnasium bis 1958 blieb. Nach dem Zwischenspiel der Wäschefirma Schiesser, die von 1963 bis 1967 im Kornhaussaal einen Produktionsbetrieb unterhielt, begann im Kornhaus die heutige Ära als Kultur- und Vereinshaus. Stadtbücherei, Musikschule und erste Vereine nutzten das Gebäude, sollten jedoch später in das ehemalige BBZ umgesiedelt werden. Dazu passte der Ratsbeschluss von 1972, das Kornhaus abzureißen. Worauf man das Gebäude vergammeln ließ.

Doch aus der geplanten Umsiedlung der Kornhausnutzer ins BBZ wurde nichts. Weshalb der Gemeinderat die Kehrtwende einleitete, den Abrissbeschluss 1994 aufhob und in eine erste Sanierung des Gebäudes investierte. Und auch die im Kornhaus eingemieteten Vereine machten Geld für den Ausbau ihrer Räume locker.

155 Jahre nach Grundsteinlegung schrieb der Gemeinderat die Geschichte des Kornhauses vergangenen Monat fort, indem er die brandschutztechnische Sanierung genehmigte. Inklusive Aufzug in einem neuen Treppenhaus. Bis es steht, etwa 2020, müssen die Benutzer wie seit jeher noch Treppen steigen.