„Das hat mich schon emotional mitgenommen, wenn man sieht, wie sich die Jugendlichen für ihre Mitmenschen einsetzen“, sagt Ingrid Eble. Die Hauptamtsleiterin der Stadt Waldshut-Tiengen kommt gerade aus einer einstündigen Diskussion. Mit zehn Schülern und Schülerinnen diskutierte sie über das Thema Flucht und Integration.
Die Gesprächsrunde fand im Rahmen der zweiten Sitzung des sogenannten 8er-Rats statt, der am vergangenen Mittwoch in der Stadthalle Tiengen tagte. Rund 110 Achtklässler aus neun Schulen trafen hier auf Experten aus Politik, Kommunen und Wirtschaft, um mit ihnen über ausgewählte Themen wie Umwelt und Nachhaltigkeit oder digitale Plattformen zu diskutieren. Der 8er-Rat ist ein schulübergreifendes Pilotprojekt, initiiert von der Stadtverwaltung Waldshut-Tiengen. Das Ziel: Den Jugendlichen soll eine aktive Mitgestaltung an politischen und kommunalen Themen ermöglicht werden.
Jugendliche legen eigene Schwerpunkte
Es ist ein Heranrücken der Stadt an die Jugend, die Schüler durften in der ersten Sitzung ihre eigenen sieben Schwerpunkte festlegen. „Jedes Thema hat eine Berechtigung, weil es von den Jugendlichen kommt. Hier wird gelernt, dass man etwas erreichen kann, wenn man sich dafür einsetzt“, sagte Oberbürgermeister Philipp Frank, der mit sechs Stadträten die politische Expertise abdeckte. Die Schüler nahmen ihn beim Wort, von kindlicher Naivität war in den Diskussionen wenig zu spüren. In sieben Themen-Gruppen konfrontierten die Jugendliche die Experten wie Bernd Kramm als Leiter der Stadtgärtnerei, Holger Kostenbader, der Jugendsacharbeiter der Polizei, oder Harald Pietz, der das städtische Ordnungsamt leitet, mit ihren Fragen und Ideen.
„Das ist doch schlimm, jeden Menschen zu verurteilen, ohne ihn zu kennen“
Ingrid Eble und Holger Kostenbader gesellten sich in eine Gruppe mit 14 Achtklässlern, die von ihnen Lösungsansätze auf ihre Fragen zum Thema Flucht und Integration haben wollten. Es wurde deutlich, dass die Jugendlichen nicht weit entfernt sind von den politischen Geschehnissen in Deutschland. „Bei vielen Deutschen gibt es eine Vormeinung gegenüber Flüchtlingen, besonders seit den Vorfällen an Silvester in Köln. Das ist doch schlimm, jeden Menschen zu verurteilen, ohne ihn zu kennen“, sagte Jan von der Tiengener Realschule. Mevlana vom Gymnasium in Tiengen sah das ähnlich: „Genau, aber die Vorurteile bleiben doch bestehen, wenn nie ein Kontakt zustandekommt.“ Die Jugendlichen erklärten, dass es ihnen an Gelegenheit fehlt, einen Erstkontakt zu jugendlichen Flüchtlingen herzustellen. Der Plan der Gruppe ist es, Patenschaften für minderjährige Geflüchtete zu schaffen. Damit sollen eine Abschottung verhindert und Sprachbarrieren abgebaut werden.

Nächste Sitzung im Februar
Eine Idee, die bei Ingrid Eble Anklang fand: „Das Kinder- und Jugendreferat kann diesen Plan umsetzen. Wenn das erreicht wird, dann habt ihr echt etwas auf die Beine gestellt.“ Das soll der Zweck des 8er-Rats sein: Jugendliche schildern ihre Perspektive der Probleme, zusammen werden Lösungen erarbeitet und die Erwachsenen nehmen die Ideen in die dafür zuständigen Stellen mit. Daran glaubt auch Hanna Gamp vom Klettgau-Gymnasium: „Es hat den Anschein gemacht, dass die Experten etwas verändern wollen.“ Im Februar kommt der 8er-Rat wieder zusammen, dann sollen die angedachten Projekte in die Tat umgesetzt werden.
Die neun Teilnehmer
Entwickler des 8er-Rats ist Udo Wenzel, der als der Fachberater für Jugendbeteiligung durch die Sitzung führte. Am Projekt nehmen Achtklässler aus der Carl-Heinrich-Rösch-Schule, der Langenstein Schule, der Realschule, dem Klettgau-Gymnasium (alle in Tiengen), der Waldtor Schule, des Hochrhein-Gymnasiums, der Robert-Schuman-Realschule (alle in Waldshut), der Schule am Hochrhein in Lauchringen sowie der Grund- und Werkrealschule in Gurtweil teil.