Ein umfangreiches Geständnis und weitgehende Übereinstimmung zwischen den Aussagen des Angeklagten und den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft brachte der erste Verhandlungstag im Prozess um den Überfall auf eine Postbank-Filiale in Waldshut. Der angeklagte 57-Jährige hatte am 21. April die Bank in der Innenstadt überfallen. Er nannte vor dem Landgericht in Waldshut große finanzielle und persönliche Probleme als Tatmotiv. Außerdem beschrieben die drei damals in der Filiale anwesenden Bankangestellten den Tathergang.
Laut Anklage hatte der 57-Jährige Schulden in sechsstelliger Höhe. Ein großer Teil davon waren Steuerschulden des Handwerkers, der einen Ein-Mann-Betrieb führte. Im Jahr 2016 erlitt zudem seine Frau einen Schlaganfall, lag lange im künstlichen Koma und wurde so zum Pflegefall. "Ich konnte und kann kaum noch schlafen, immer wenn ich die Augen zumache, sehe ich sie vor mir", sagte der Mann. Zudem gab es immer wieder und in der Zeit vor der Tat verstärkt gesundheitliche Probleme bei seinem Sohn. Der Angeklagte verließ laut eigener Aussage vor der Tat kaum noch die Wohnung, seinen Betrieb ließ er schon seit Monaten ruhen. Geld habe er keines mehr gehabt, nur von seinem Stiefsohn oder der Mutter habe er noch etwas zugesteckt bekommen. Viel davon habe er in Alkohol investiert. Aus dieser Gemengelage heraus habe er sich zur Tat entschlossen, "ich habe einfach keinen anderen Ausweg gesehen."
Am Tattag vertrieb sich der Angeklagte nach eigener Aussage den Vormittag in der Innenstadt, trank dabei auch ein paar Biere. Beim Tatverlauf sind sich Anklage, Verteidigung und Zeugen weitgehend einig: Kurz nach 12 Uhr versuchte er die Bank zu betreten, die allerdings bereits Mittagspause hatte. Als die letzten Kunden durch die von außen nicht mehr zu öffnende Tür traten, schlüpfte der Täter in die Filiale. Alle drei Bankangestellten hielten ihn zuerst einfach für einen penetranten Kunden. "Ich brauche Geld", soll der Täter zuerst gesagt haben, die Frau am Schalter entgegnete nach ihrer Aussage "das gibt es wieder nach der Pause, um 14 Uhr." Erst langsam und nachdem er seine Waffe zeigte, wurde den Bankangestellten die Lage klar. Die täuschend echt aussehende Schreckschusspistole trug der Angeklagte nach eigenen Angaben übrigens nicht gezielt bei sich, viel mehr habe er sie immer dabei. Und auch die später als Drohung eingesetzten Handgranaten-Attrappen habe er stets mitgeführt. "Als Talisman, weil ich an dem Tag, als ich sie gekauft habe, viel Geld beim Spielen gewonnen habe", sagte der Angeklagte.
Schon kurz nach Beginn des Überfalls konnte eine Angestellte in einen Nebenraum fliehen und telefonisch die Polizei verständigen. Die anderen zwei Angestellten zeigten dem Täter, dass weder in der Kasse, noch im Tresorraum Geld lagerte. Schließlich veranlasste eine der Postbank-Mitarbeitern die Auszahlung von 20 000 Euro über einen Automat – "diese Summe dauert besonders lange", wie sie vor Gericht sagte. Dem Angeklagten kam diese Zeit "unendlich" vor, real waren es fünf Minuten. Die Polizei war in der Zwischenzeit schon vor Ort. Als das Geld da war, forderte der Täter die zwei Mitarbeiter auf zum eigenen Schutz, in den Tresorraum zu gehen.
Prozess könnte bald enden
Der 57-Jährige wollte derweil über eine Hintertür die Bank verlassen. Laut seiner Aussage, um aufzugeben, dabei habe er aber seine Schreckschusswaffe in der Hand gehalten. Eine Zeugin will gesehen haben, wie er aus dieser einen Schuss abfeuerte, was der Täter aber bestreitet und auch nicht Teil der Anklage ist. Die Polizei schoss laut Anklage elf Mal auf ihn, drei Mal wurde er getroffen. Er zog sich in die Bank zurück, dort wurde er gegen 14 Uhr von einem Sondereinsatzkommando festgenommen.
Als "außergewöhnlich ruhig" beschrieben die Bankangestellten den Täter. Er habe seine Waffe auch nicht direkt auf sie gerichtet, wenn, dann eher rumgefuchtelt. "Mir war alles egal", sagte der Angeklagte, dem wohl recht schnell klar war, dass sein Überfall scheitern wird. Er machte den Eindruck, dass die Situation um seine Frau ihn stark belastet. Er mache sich Vorwürfe, nicht richtig reagiert zu haben, als sie im Sessel neben ihm den Schlaganfall erlitt. "Dann denke ich mir, wenn ich alles richtig gemacht hätte, würde ich heute neben ihr sitzen und über meinen Beruf reden", sagte er. In der Zeit vor ihrer Krankheit habe sich sein unstetes, teils kriminelles und oft alkoholbelastetes Leben stabilisiert. Mit dem Umgang mit Geld habe er stets Probleme gehabt. Als Entschuldigung für seine Tat wollte der Täter die äußeren Umstände jedoch nicht sehen.
Weiterer Prozessverlauf
Ursprünglich waren fünf Verhandlungstage angesetzt, der vorsitzende Richter Martin Hauser zeigte sich gestern aber zuversichtlich, den Prozess abkürzen zu können. Am Freitag, 20. Oktober, um 9 Uhr wird weiterverhandelt. Hauser hofft dann, schon bei der dritten Verhandlung am 23. Oktober die Beweisaufnahme beenden zu können.