Nach 2008 und 2012 gibt es in diesem Jahr wieder eine Kulturwoche des Freundeskreises Jüdisches Leben in Waldshut-Tiengen. Partner der Veranstaltungsreihe sind die Stadt, das Landratsamt, die Stoll-Vita-Stiftung, die Kirchengemeinden, das katholische Bildungswerk Waldkirch und der Tanzsportclub Blau-Weiß Waldshut. Kulturamtsleiterin Kerstin Simon stellte das Programm der Kulturwoche vor, die vom 8. bis 18. November 14 Veranstaltungen bietet.
Erinnerung an Reichspogromnacht vor 80 Jahren
Hintergrund der Kulturwoche ist die Reichspogromnacht am 9. November 1938, also vor 80 Jahren. Damals wurden jüdische Wohnungen und Geschäfte gestürmt und demoliert und zahlreiche jüdische Mitbürger verschleppt. In Tiengen wurde der jüdische Friedhof verwüstet, die Einrichtung der jüdischen Synagoge zerstört und verbrannt. Eine Entwicklung, die mit dem Holocaust endete.
Verwüstungen auch in Tiengen
„Wir müssen die Erinnerung an jene Zeiten wachhalten, damit so was nie wieder passiert“, so Gebhard Kaiser, Vorsitzender des Freundeskreises. Er erinnerte auch daran, dass die jüdischen Gemeinden eine facettenreiche Kultur pflegten, die auch deutliche Spuren in der deutschen Gesellschaft hinterließ. In Tiengen gab es über Jahrhunderte eine jüdische Gemeinde. Zeitweise waren mehr als 15 Prozent der Bevölkerung Juden. 1940 wurden alle von den Nationalsozialisten deportiert und ihre Kultur wurde fast vollständig ausgelöscht.
Die Kulturwoche beginnt am 8. November mit einer Bilderausstellung im Landratsamt. Am 9. November folgt eine Gedenkfeier auf dem Synagogenplatz in Tiengen. Am 11. November steht der jüdische Friedhof im Mittelpunkt. Am gleichen Tag wird im Schlosskeller der Film „Im Himmel unter der Erde“ gezeigt. Am 12. November steht ein Konzertabend mit Werken von Felix Mendelssohn-Bartholdy in der Stadthalle auf dem Programm. Der 13. November ist der Tag der Schulen mit verschiedenen Angeboten. Am gleichen Tag präsentiert der Publizist und Geschichtenerzähler Roy Oppenheim in der Stoll-Vita-Stiftung jüdischen Humor.
Kochen, Musik und Führungen
Am 14. November bietet das Bildungswerk Waldkirch eine Fahrt nach Lengnau, dem Zentrum der Schweizer Juden an. Am 15. November wird in der Stoll-Vita-Stiftung koscher gekocht. Am 16. November wird aus Büchern rund um das Judentum vorgelesen. Am 17. November gibt es eine Stadtführung durch das jüdische Tiengen, eine Klezmer-Party im Kornhaus und ein Konzert im Schlosskeller mit dem Klezmerklarinettisten Helmut Eisel. Am Sonntag, 18. November, findet eine Stadtführungen zum Thema „Stolpersteine und Schicksale“ statt.
Zum Hintergrund
- Der Freundeskreis Jüdisches Leben hat etwa 15 Mitglieder und ist seit September 2017 eine Untergruppe der Bürgerzunft Tiengen. Ziel ist, das Andenken der ausgelöschten jüdischen Gemeinde Tiengen zu bewahren, die jüdische Geschichte zu erforschen und den Kontakt zu den Nachkommen zu pflegen.
- Angebote zum Tag der Schulen am 13. November: Filmvorführung „Das schweigende Klassenzimmer“ im Albrecht Kino Waldshut, geführte Besuche zur Bilderausstellung im Landratsamt, diverse Stadtführungen und Gespräche mit einem Waldshuter Zeitzeugen zur NS-Zeit.