Herr Dörflinger, wie sind Sie dazu gekommen als Nikolaus Familien zu besuchen?

Die Kolpingfamilie Tiengen entsendet jedes Jahr Nikoläuse an Familien. Als Mitglied wurde ich gefragt und in diesem Jahr mache ich das bereits zum vierten Mal. Ich bin da quasi reingeboren worden als Sohn des ehemaligen Bundesvorsitzenden der Kolpingfamilie, Thomas Dörflinger.

Was ist das Besondere an der Nikolaus-Aktion der Kolpingfamilie Tiengen?

Wir besuchen keine Vereinsfeste, sondern lediglich Familien aus Tiengen und Gurtweil, die sich bei uns melden. Und der große Unterschied zu vielen anderen Aktionen: Wir kommen nicht als Weihnachtsmann, sondern wirklich als heiliger Nikolaus, der Bischof von Myra. Ich bin verkleidet mit Bischofsgewand und Bischofsstab und trage eine Mitra auf dem Kopf, den Bischofshut. Bei uns hat der Besuch einen christlichen Hintergrund und keinen Kommerziellen wie beim Weihnachtsmann. Auch Knecht Ruprecht ist dabei.

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Wie läuft ein solcher Besuch denn ab?

Ich treffe mich mit den Eltern an der Tür, sie geben mir dann Zettel mit Infos zu den Kindern. Auf diesen steht zum Beispiel, dass die Kinder in diesem Jahr zu viel gestritten haben, nicht aufgeräumt haben oder aber auch, dass sie immer ganz lieb waren. Dann bekomme ich die Geschenke in meinen Kartoffelsack. Im Flur läuten wir dann die Glocke und dann wissen alle, dass es losgeht. „Gott grüß euch alle Groß und Klein, so gern komm ich zu euch herein“ sage ich dann zur Begrüßung, lese einen Text vor und die Kinder können dann vortreten, etwas vorführen und auch mal meinen Stab halten. Dann werden die Geschenke verteilt. Zum Schluss spreche ich den symbolischen Segen aus.

Wie reagieren die Kinder auf den Nikolaus?

Diejenigen, die noch dran glauben sind so ab drei Jahren. Diese haben dann auch Respekt. Die noch Jüngeren haben eher Angst, denn sie sehen nur meine Augen und den weißen Bart, der bis unter die Brust reicht.

Und wie kommt die dunkle Gestalt des Knecht Ruprecht bei den Kindern an?

Er sagt während des ganzen Abends kein einziges Wort. Der Satz „Knecht Ruprecht wird‘s zur Strafe wissen“, steht in meinem Text. Aber diesen lasse ich immer aus. Denn meistens haben die Kinder schon genügend Respekt oder Angst vor ihm mit seinem schwarzen Mönch-Gewand, der schwarzen ins Gesicht gezogenen Kapuze, dem grauen Bart und der Rute.

Was ist das Schöne daran, den Nikolaus zu spielen?

Die Augen von den Kindern, die das Respektvolle, aber vor allem auch die große Freude, ausdrücken. Die Kinder freuen sich sehr, wenn ich komme und, wenn sie die Geschenke auspacken. Ganz viele Kinder machen auch noch etwas für den Nikolaus, spielen ein Instrument vor, sagen Gedichte auf oder singen. Das finde ich sehr schön.

So sehen Nikolaus und Knecht Ruprecht aus, wenn sie von der Kolpingfamilie Tiengen unterwegs sind.
So sehen Nikolaus und Knecht Ruprecht aus, wenn sie von der Kolpingfamilie Tiengen unterwegs sind. | Bild: privat/Waldemar Herz

Wie hat sich das Schenken an Nikolaus in den vergangenen Jahren verändert?

Manche Kinder bekommen nur ein bis zwei Pakete von den Eltern oder auch nur ein paar Süßigkeiten. Bei anderen ist es aber schon wie an Weihnachten. Wir besuchten auch schon Familien, bei denen wir den Sack offen ins Haus tragen mussten, da wir ihn nicht mehr schließen konnten. Die Nikolaussäcke werden mit den Jahren immer größer. Ich finde, man sollte schon noch die eigentliche Bedeutung vom Nikolaustag wissen. Eine Legende besagt ja, dass der Bischof einer armen Familie geholfen hat. Aber ich mische mich nicht in die Geschenkpolitik von Familien ein.

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Jetzt sind Sie mit ihren 23 Jahren ja ein sehr junger Nikolaus. Ist das ungewöhnlich?

In meinem Freundeskreis habe ich selbst noch jemanden, der auch den Nikolaus spielt. Aber in der Kolpingfamilie bin ich der Einzige unter 30. Meist haben die Jüngeren nur den Ruprecht gespielt und der Nikolaus wurde von einem älteren Herren verkörpert.

Erinnern Sie sich noch an die Nikolausbesuche in Ihrer Kindheit?

Ja, zu uns kam der Nikolaus der Kolpingfamilie auch viele Jahre. Das war vor allem lustig, als er nur noch wegen meinem jüngeren Bruder kam und nicht mehr wegen mir. Während sich der Nikolaus dann mit meinem Bruder unterhalten hat, habe ich überlegt, wer unter der Verkleidung steckt. Ich kannte ja damals schon viele aus der Kolpingfamilie.

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Was sind die Voraussetzungen, um als Nikolaus Familien zu besuchen?

Die tiefe Stimme braucht man nicht unbedingt. Und der dicke Bauch gehört auch eher zum Weihnachtsmann als zum Nikolaus. Aber man sollte gut freisprechen und gut mit Kindern können.