Es ist dieser Moment, wenn man hinter Bühne steht und auf sein Stichwort wartet. Wenn das Herz den Kopf leerklopft und sich der gesamte Text einfach in Luft auflöst. Und es ist der Moment, wenn sich diese Tür öffnet und alles wieder da ist. Oder dieser gewisse Moment, wenn eine einzige Mimik oder Bewegung die Zuschauer herzlich auflachen lässt. Auf jeden Fall ist das Spiel auf der Bühne, in andere Rollen zu schlüpfen und Leute zu unterhalten, wohl das Schönste auf der Welt – zumindest für die Laienspieler die das tun und mit ganzer Leidenschaft.
Ein wichtiger Aspekt, einen Laienspieler in der Familie zu haben: Er oder sie tun es nicht alleine. Die Familie wird als Souffleur benötigt, als Requisitensammler, als Schneider oder als Handwerker für den Bühnenbau. Und steht der Auftritt kurz bevor, heißt es Beistand leisten und Daumen drücken. Toi, toi, toi.
Gaby Merk ist seit 30 Jahren Laienspielerin
Bei Gaby Merk aus Laufenburg und ihrem Mann Ernst ist das nicht anders. Seit rund 30 Jahren inzwischen steht sie für die Pfarrgemeinde Heilig Geist auf der Bühne. Und sie war seither nicht nur jedes Jahr dabei, sondern hat auch schon Regie geführt und die Bühne mitgebaut. Für Gaby Merk gilt: Ganz oder gar nicht.
„Ich schlüpfe gerne in die Rollen, wo ich jemand ganz anderes sein kann.“Gaby Merk
Sie entwickelt einen enormen Perfektionismus, denn um jemand anderes zu sein, gehören eben auch die richtige Kleidung dazu und die entsprechenden Utensilien auf die Bühne. Und darum wundert es nicht, dass ihr die Zuschauer auch die Männerrolle auf der Bühne vor einigen Jahren voll und ganz abgenommen haben. „Kein Mann konnte diese Rolle spielen“, hieß es sogar in Presse.
Gaby Merk kümmert sich in der Regel selbst um die Dinge, die sie auf der Bühne tragen wird und was sie benötigt. Bekannte, Verwandte und Freunde werden gefragt. Manchmal kommt ihr auch der Zufall zur Hilfe. Wie bei einem Sonntagsspaziergang durch ihren Heimatort. In einem Garten stand genau diese eine Gartenbank. Kurzerhand wurde geklingelt und gefragt. Und in der Regel ist es auch überhaupt kein Problem, dass die Sachen zur Verfügung gestellt werden.
Beim Lernen der Texte wird Gaby merk von ihrem Mann unterstützt.
„Will eine Passage einfach nicht sitzen, vereinbare ich mit meinem Mann ein Zeichen“, sagt Gaby Merk. Sie verrät, dass dieses Zeichen wird immer dann angewandt wird, wenn sie sich dieser Textzeile nähert, die sich einfach nicht in ihren Kopf brennen will. Dieses Zeichen wird vor der Aufführung auch an die Souffleuse weitergegeben, damit sie im Falle eines Falls, ebenfalls einsetzen kann.

Um in der Rolle souverän zu wirken, gehöre aber auch, dass die Chemie unter den übrigen Mitgliedern stimmt.
„Man darf keine Berührungsängste untereinander haben, sonst können zum Beispiel keine guten Kuss-Szenen gespielt werden.“Gaby Merk
Selbst eine Umarmung muss alles ausdrücken. „Auch wenn wir nur Laienspieler sind“. An sich selbst stellt Gaby Merk hohe Ansprüche. „Aber auch an meine Mitspieler“, gibt sie zu. So hat sie zwar keine Probleme, wenn der Text des Mitspielers nicht ganz sitzt. „Aber das Stichwort muss kommen.“
Georg Rind: Seit 35 Jahren auf der Bühne
Diesen Perfektionismus hat sich auch Georg Rind aus dem Bad Säckinger Stadtteil Wallbach angeeignet. „Denn nur so“, sagt er, „kann man auf der Bühne überzeugen.“ Bereits als Kind hat er Theateraufführungen besucht. „Da habe ich mir immer gedacht: Das möchte ich auch mal machen“, sagt er.
Inzwischen steht er seit 35 Jahren in Wallbach auf der Theaterbühne. Und während die Gruppe im Kern immer die gleiche ist, spielen die Mitglieder mal unter der Flagge der Feuerwehr, des Fußballvereins oder des Radsportvereins.
„Ich freue mich wenn ich den Leuten eine Freude machen kann.“Georg Rind
Das ist sein Antrieb, jedes Jahr aufs Neue das Textbuch in die Hand zu nehmen und seine Rolle zu lernen. Trotzdem grenzt Georg Rind klar ab. Obwohl er sich viel Zeit für seine Rolle nimmt, möchte er sich nicht zu viel Arbeit machen. Doch wenn es um seine Rolle geht, gibt er alles. Bereits beim Lernen der Rolle, formt sich eine Figur in seinem Kopf, wie sie später auf der Bühne stehen soll.
Seine besondere Spezialität sind Dialekte. Er stand bereits als Bayer oder Sachse auf der Bühne. Im jüngsten Stück in diesem Frühjahr für die Feuerwehr, hat sich Georg Rind die Rolle eines Schweizers auf den Leib gebastelt. Gar nicht so einfach. Immerhin muss er den Dialekt einen ganzen Theaterabend durchhalten, was eine Menge Konzentration, aber auch Können voraussetzt.

Bereits im Vorfeld kontaktiert er sämtliche Bekannte und Freunde aus der Schweiz, aus Bayern oder eben aus Sachsen. Sie müssen ihm typische Begriffe nennen und ihm verraten, wie er sie am besten anwendet. „Über Monate befasse ich mich jeden Tag damit“, erzählt Georg Rind.
„Vielleicht klappt es nicht immer auf der Bühne, aber ich ziehe es durch.“Georg Rind
Aber auch was die Kleidung angeht, weiß er ganz genau was er will. „Da lasse ich mir nicht reinreden“, sagt er bestimmt. Denn trotz der vielen Arbeit im Vorfeld: „Ich möchte vordergründig meinen Spaß“. Die größte Freude bereitet es ihm, wenn die Leute über ihn lachen. „Das macht mich glücklich und wiegt alle Arbeit im Vorfeld auf“.
Trotzdem kann er sich durchaus vorstellen, auch einmal eine ernste Rolle zu spielen. „Nur wird es ernste Stücke auf der Laienspielbühne nicht mehr geben“, ist Georg Rind der Meinung. In der Runde seiner Mitspieler bewegt sich Georg Rind locker und gelöst.

Doch kennt er die Bühne auch als Solist und hat größten Respekt davor. „Immerhin musste ich eine Nummer von rund 25 Minuten auf die Bühne bringen“, erzählt er. Dabei war er sein eigener Textschreiber und Regisseur. Vor einigen Jahren hat Georg Rind die Rolle des „Trottoirschminker“ kreiert. Diese Figur verkörperte einen Straßenfeger, der nicht nur mit schwingendem Reisigbesen in Wallbach und Bad Säckingen unterwegs war, sondern der auch überall seine Augen und Ohren hatte, was er dann seinen Zuschauern erzählte.
In dieser Rolle hat er zunächst die Wallbacher während der Fasnacht unterhalten. Danach wechselte er auf die große Narrenspiegelbühne der Narrenzunft Bad Säckingen.
„Bereits Monate vorher habe ich mich täglich mit dieser Rolle befasst und habe daran geschliffen.“Georg Rind
Natürlich wollte er auch da voll und ganz überzeugen. Denn die Zuschauer sollten den Straßenfeger sehen und nicht Georg Rind als Straßenfeger verkleidet. Vor zwei Jahren dann hat Georg Rind seine Figur in den Ruhestand geschickt. „Es war mir irgendwann zu viel Arbeit“, sagt er.
In einem ist sich Georg Rind sicher.: „Ich bin ein Mann der auf der Bühne stehen muss.“ Obwohl er viele Ideen hätte, auch die Rollen seiner Mitspieler gekonnt in Szene zu setzen, möchte er keine Regie führen. „Ich glaube, ich wäre ein schlechter Regisseur“, sagt er über sich selbst. Denn seiner Meinung nach würde er zu viel von seinen Mitspielern verlangen. „Weil ich das selbst auch von mir verlange“, sagt er.