Die jährliche Aufstellung des städtischen Haushalts gilt gemeinhin als Königsdisziplin des Gemeinderats. Doch bevor es in knapp zwei Wochen zu den letzten Korrekturen und Ergänzungen sowie den traditionellen Haushaltsreden kommt, hatten die Finanzexperten der Fraktionen im Verwaltungs- und Sozialausschuss das Wort.
Beratung mit Bedacht und Umsicht
Auch wenn viel vorgeschlagen, hinterfragt und diskutiert wurde, war doch rasch klar, dass die Stadträte mit Umsicht ans Werk gingen, das Geld keineswegs mit vollen Händen ausgeben wollten, sondern durchaus nach Einsparungen suchten. Kurzum, es wurde gefeilt und nicht gehobelt.
Tatsächlich mehr Geld wollten die Ausschuss-Mitglieder für die Ausstattung der Waldshut-Tiengener Ortsteile in die Hand nehmen. Und zwar für deren jährliche Budgets. Also jene Mittel, über die die Ortschaftsräte frei verfügen können.
SPD unterstützt CDU-Vorschlag
Den Vorschlag hierzu machte Markus Ebi von der CDU, Gerhard Vollmer signalisierte die Unterstützung der SPD. Die Budgets waren in den Jahren 2009 und 2010 um insgesamt 20 Prozent wegen der damals angespannten Haushaltslage gekürzt worden.
Nun, so Ebi, sei es an der Zeit, die Reduzierung wieder rückgängig zu machen. In Summe verursacht dies jährliche Kosten in Höhe von etwa 30 000 Euro.
Die Argumente des Kämmerers
Kämmerer Klaus Lang startete noch den Versuch, diese Ausgaben mit Verweis auf zusätzliche Investitionen in den Feldwegebau der Ortsteile einzufangen. Vergebens.
Auch wenn er vorrechnete, dass auf diesem Weg zwischen 2012 und 2017 zusätzlich etwa 530 000 Euro in die Ortsteile geflossen seien, bestand der Ausschuss auf einer Aufstockung der Verfügungsmittel für die Ortsteile.
Petra Thyen enthält sich er Stimme
Bei einer Enthaltung von Petra Thyen (Grüne) stimmte der Verwaltungs- und Sozialausschuss für eine Anhebung der Verfügungsmittel ab kommendem Jahr. Eine Entscheidung, die Peter Kaiser (CDU) als "klares politisches Zeichen der Stadt an die Ortsteile" verstanden wissen wollte.
Jetzt steht noch die Zustimmung des Gemeinderates aus. Diese könnte am Montag, 17. Dezember, fallen. Dann wohl wieder mit Mitgliedern der Fraktion der Freien Wähler. Denn deren Stuhl blieb am Montagabend frei. "Auch ein Statement", urteilte Oberbürgermeister Philipp Frank.
"Der Chef hat gesagt..."
In einem Gemeinderat gibt es ebensowenig wie im Deutschen Bundestag einen Fraktionszwang. Auch wenn bei ganz besonderen Abstimmung der Bundespolitiker dieser offiziell nicht bestehende Zwang von der jeweiligen Fraktionsleitung großzügig "aufgehoben" wird. Denn eigentlich sind Kommunal- wie auch Bundespolitiker einzig ihrem Gewissen verpflichtet. Indes gibt es insbesondere in Berlin natürlich so etwas wie Fraktionsdisziplin. Anders wäre ein Regieren gerade in Koalitionen oft wohl nur schwer möglich.
Wie eine Fraktionsdisziplin in einem Gemeinderat aussehen kann, erlebte der Verwaltungsausschuss bei seiner Sitzung am Montagabend in Tiengen. Bevor Petra Thyen, ordentliches Ausschuss-Mitglied der Grünen, bei der Abstimmung über eine mögliche Erhöhung der Budgets für die Ortsteile die Hand hob, bekam sie aus dem Hintergrund von Grünen-Fraktionschef Paul Albiez-Kaiser (er war an diesem Abend Gast) ganz offensichtlich, nennen wir es einmal wohlwollend, einen Rat. Lächelnd und mit den Worten "Mein Chef hat gesagt..." enthielt sich Petra Thyen der Stimme (alle anderen Ausschuss-Mitglieder stimmten mit Ja). Ob diese Enthaltung tatsächlich auch ihre persönliche Meinung war, bleibt bis auf weiteres ihr Geheimnis. Denn letztlich ist auch Petra Thyen nur ihrem Gewissen verantwortlich.