Herr Kasseckert, was gab den Anstoß für die Vereinsgründung?
Wir vier Fischereipächter der Steina sind verpflichtet, die Stadt Waldshut-Tiengen über Störungen im Wasser der Steina zu informieren. Die Betreiber des Steinbruchs haben tonnenweise Staub und Splitt, Steine und Bauschrott im Nordbruch am Ufer des Riedwiesenbachs oberhalb von Detzeln abgelagert, obwohl dort FFH-Schutzgebiet ist. Das Gelände dort gleicht einer Mondlandschaft. Regen schwemmte den Staub in die Steina. Er setzte sich am Grund fest und es kam zu einer Verkrustung, wodurch die jungen Forellen keine Nahrung und keine Verstecke mehr fanden. Der komplette Bestand an Bachforellen ist dadurch verschwunden. Die Stadt hat uns zwar die Pacht nachgelassen, aber sonst passierte seitens der Behörden zunächst nichts, so dass ich mit meinen Kumpels gesagt habe, wir gründen einen Verein, um uns in der Öffentlichkeit besser Gehör zu verschaffen und uns mit Fokus auf dem Steinatal, für Umwelt-, Natur- Klima- und Artenschutz und auch touristische Ziele stark zu machen.
Ist mittlerweile etwas in Ihrem Sinne passiert?
Ja, das Landratsamt hat fest versprochen, noch dieses Jahr eine Bürgerversammlung in Krenkingen zur Renaturierung des Nordbruchs zu veranstalten. Mittlerweile haben wir auch gute Kontakte zum Steinbruchbetreiber. Es geht nicht nur um den Nordbruch, sondern auch um die Renaturierung des Westbruchs, die der Steinbruchbetreiber nach Ende des Abbaus finanziell unterstützen will.
Ihr Verein sucht die Zusammenarbeit?
Ja, das ist uns ganz wichtig: Wir sind weder Konkurrenz zu bestehenden Umweltverbänden, noch wollen wir Streit, der nichts bringt. Wir wollen eine gute Zusammenarbeit mit allen für ein Ergebnis, von dem alle profitieren. Zum Beispiel im Falle des renaturierten Westbruchs könnte der Steinbruchbetreiber herausstellen, was er für die Ökologie tut, es wäre ein Imagegewinn für ihn und ein Beispiel für eine gelungene Verbindung zwischen Ökonomie und Ökologie.
Und für Waldshut-Tiengen wäre es eine weitere touristische Attraktion und ein Leuchtturmprojekt. Das Steinatal ist eines der schönsten Täler im Schwarzwald, es bietet vor den Toren Waldshut-Tiengen mit seinen Urwäldern, Canyons, eingeschnittenen Tälern viel spannende Natur – das muss man doch erhalten und dazu gehört eben auch, dass stillgelegte Steinbrüche renaturiert werden. Unsere einheimische Flora und Fauna ist erheblich bedroht, die Artenvielfalt ist gefährdet und braucht unseren Schutz.
Was ist allgemein ausgedrückt, Ziel des Vereins Erlebbare Umweltbildung?
Wir wollen den Natur- Umwelt- und Klimaschutz fördern und nachhaltiges Wissen an breite Bevölkerungsschichten vermitteln. Hierfür wollen wir konkrete Projekte im Landkreis Waldshut in Zusammenarbeit mit Behörden, Handel, Industrie, Handwerk, Schulen, Kitas, Kultur- und Tourismuseinrichtungen und Bewegungen wie Fridays for Future umsetzen. Im Mittelpunkt steht dabei das Steinatal, von dem man so viel lernen kann, deshalb sind wir seit 2017 unter anderem dabei, das Projekt Steinatal-Safari zu entwickeln.
Was steckt hinter der Steinatal-Safari?
Es handelt sich um eine Erlebnis- und Wissenstour mit zwölf Stationen, beginnend in Lauchringen bis über Krenkingen hinaus. Für alle Stationen bestehen Konzepte, einige sind auch schon verwirklicht. Die Stationen zeigen wie jeder Einzelne zum Natur-, Arten- und Klimaschutz beitragen kann. Bestehendes wird einbezogen wie Wasserfälle, Wildwasserbäche, das Tierheim, Auwälder, eine Fischzuchtanstalt, eine Imkerei, die Fockelten Teiche, der Krebsbach- Wasserfall und Renaturierungsflächen. Dies alles wie gesagt. in Zusammenarbeit mit Behörden und anderen Organisationen.

Ich sehe in Ihrer Ideensammlung, dass sie sich auch um regionale Lebensmittel kümmern wollen und ein Bähnli soll auch einmal durch Steintal fahren.
Ja, wir wollen in Detzeln als achte Station einen sprechenden Mehrprodukteautomat aufstellen, an dem man verschiedene regionale Lebensmittel wie Milch, Eier, Honig, Obst bekommt und der gleichzeitig informiert, wie der Kauf regionaler Produkte zum Klimaschutz beiträgt. Das Bähnli könnte Besucher auf vorhandenen Feldwegen durchs untere Steinatal fahren, angetrieben von innovativem Diesel-Treibstoff aus Wasserkraft.
Der Verein hat seinen Sitz in Detzeln, wo genau treffen sich die Mitglieder?
Wir haben in Detzeln zwei Treffpunkte, die gleichzeitig Stationen der Safari sind. Das Klassenzimmer am Bach ist ein Grundstück, das uns von privater Seite zur Verfügung gestellt wurde. Wir besprechen dort Themen und machen daraus Projekte. Es ist dort ideal für Veranstaltungen, man kann zelten, picknicken und jede Menge Untersuchungen machen, schwerpunktmäßig zu den Themen Wald-Wasser-Boden. Zum Beispiel unterirdische Netzwerke erkunden. Wenn man ein Loch in den Boden bohrt und ein Rohr hineinsteckt hört man was unten im Humusboden alles passiert, wie etwa die Regenwürmer miteinander kommunizieren. Das ist verrückt. Unser zweiter Treffpunkt ist bei den Fockelten-Teichen. Ich habe dort einen alten Bauwagen zur Fischerhütte mit Vorraum umgebaut. Ihr Name ist Villa Hechtsruh. Bis zu 20 Leute haben Platz. Sie dient uns als Ideenwerkstatt, wir grillen, chillen, essen Räucherfische und als Station wird einem dort das Thema Fische und Krebse näher gebracht. Unser dritter Treffpunkt ist in Tiengen in unserer Geschäftsstelle. Dort treffen sich derzeit auch die Fridays-for-Future-Leute, mit denen wir sehr eng zusammen arbeiten.
Ihr Verein ist mehrmals mit besonderen Angeboten an die Öffentlichkeit herangetreten – was war das genau?
Wir haben zusammen mit Fridays for Future dieses und vergangenes Jahr die Klimaschutztage organisiert. Im September dieses Jahr war das Ökomobil des Regierungspräsidiums in Detzeln und 2018 hatten wir in Zusammenarbeit mit dem Landesfischereiverband und dem BUND das Fischmobil im Steinatal. Der Kreisjagdverband Waldshut mit seinem Infomobil war auch schon da und hat Kinder über einheimische Tiere, über Forst und Jagd informiert. Wir haben mit Kindern bereits 120 Erlen im Fockelten-Bereich gesetzt und gegen Biberverbiss geschützt. Die Kinder waren bei allen Angeboten begeistert dabei, sie hatten eine Riesenfreude, draußen in der Natur was zu erleben und gemerkt, dass dies viel spannender ist, als Fernseher, Handy oder Spielkonsole. Und die Eltern haben sich gefreut, dass ihre Kinder draußen an der frischen Luft sind. Ich bin überzeugt, dass unsere Philosophie stimmt: Was wir anbieten, muss Spaß machen, dann erreicht man die Kinder. Die Schulen müssten meiner Ansicht nach viel mehr mit den Kindern raus in die Natur gehen, Theorie alleine reicht nicht.
Was können wir demnächst erwarten?
Wir werden die Steinatal-Safari weiter voran bringen und nächstes Jahr im Frühjahr wird das Fischmobil wieder ins Steinatal kommen. Außerdem wollen wir mit Hilfe des Landesfischereiverbandes die Bachforelle wieder in der Steina ansiedeln. Mit Unterstützung der Stadt haben wir Gewässerstreifen angeschaut und zusammen mit den Anrainern ein Protokoll erstellt, was wir machen müssen. Was auch in absehbarer Zeit kommt, ist ein Kurs, der zeigt, wie man sich bei Notfällen im Wald, zum Beispiel einem Brand, bei der Begegnung mit Wildtieren, einem Schlangenbiss oder wenn man sich verlaufen hat, verhält. Außerdem sind wir dabei, eine Vereinshomepage zu erstellen, voraussichtlich zum Jahresende wird sie fertig sein. Klimenz ist unser Maskottchen, ihm geht ein Licht auf, er weiß, was wir für Klima und Umwelt tun müssen.
Ihr Verein hat noch viel vor, brauchen Sie Unterstützung?
Ja, zunächst brauchen wir für ein gutes Startkapital starke Unterstützung durch Neumitglieder, 40 Euro ist der Jahresbeitrag. Außerdem hoffen wir auf Sponsoren, Spenden und die Unterstützung von Behörden. Wir könnten auch jemanden gebrauchen, der sich für uns um die sozialen Medien kümmert. Alleine können wir unsere Ziele nicht erreichen, es geht nur gemeinsam.