Der fast einjährige, 50 Kilo schwere Keiler Jonas wurde für eine Weile zum Publikumsliebling, als der Alb-Bote über seine ungewöhnliche Lebensgeschichte berichtet hatte. Denn der borstige Bursche war von einer menschlichen Ziehmutter aufgezogen worden, der Stühlingerin Veronika Köhntop.
Im Jahr zuvor war der mutterlose Frischling, ein bis zwei Wochen alt und 800 Gramm schwer, bei Stühlingen gefunden und zum Tierarzt gebracht worden. Weil Veronika Köhntop wenige Jahre zuvor schon einmal einen Keiler aufgezogen hatte, bat sie der Arzt, für den kleinen Kerl zu sorgen. Und der brauchte anfangs alle zwei Stunden sein Fläschchen mit Babynahrung, was für die Ziehmutter anstrengende Tage bedeutete, von morgens um 7 bis nachts um 1 Uhr. Dann schlummerte Jonas in einer Kiste unter Rotlicht.
Leben in der Wohnung und Gassi an der Leine
Er wurde größer und rannte nun in der Wohnung von Veronika Köhntopum hin und her und legte sich zum Schlafen auf das Sofa. Seine Lieblingsspeisen waren Nüsse, Obst, Fisch, Kekse und Eier, außerdem bekam er Kartoffeln oder Haferflocken mit Milch. Schließlich siedelte er in ein Gehege um und hielt sich nun meist draußen auf. Beim täglichen Spaziergang mit seinem Frauchen im Wald und über die Wiesen brauchte er keine Leine. Dass er trotz seines borstigen Äußeren ein sensibles Kerlchen war, zeigte sich, als Veronika Köhntop für drei Wochen in die Ferien fuhr. Drei Tage fraß Jonas nichts.
Schließlich kam aber der unvermeidliche Tag, an dem Jonas für sein weiteres Leben zu seinen Artgenossen ins Wildgehege in Waldshut gebracht wurde. „Man hängt doch an dem Tier, und der ganzen Familie fiel die Trennung schwer“, sagte damals Veronika Köhntop. Weshalb sie nicht noch einmal Pflegemutter spielen werde. Doch nun nahm sie sich sonntags oft die Zeit, ihren Pflegling im Wildgehege zu besuchen. Sie und der Wildgehege-Betreuer konnten ohne Weiteres das Gehege betreten und Jonas mit seinen Lieblingskeksen füttern und ihm den Nacken kraulen.