Die einen mögen sie und erhoffen sich nach ihrer Anlage wenig Pflegeaufwand, für andere sind sie unschöne graue Geröllwüsten, die von fehlendem Umweltbewusstsein zeugen: Schotter- und Kiesgärten spalten aber nicht nur die Gemüter, sie sind seit Jahren gesetzlich verboten.
Die Gesetzeslage gibt Kommunen spätestens seit der 2020 erfolgten Neufassung des Naturschutzgesetzes Möglichkeiten ein- und durchzugreifen.
Die Stadt Waldshut-Tiengen setzt dabei aber nicht auf Kontrolle und Sanktionen, sondern auf die Freiwilligkeit und Einsicht der Bürger in Verbindung mit Aufklärung. Dies bringt eine Aktion der Stadtgärtnerei am 19. und 20.¦September unter dem Motto „Grün statt Grau für unsere Stadt“ zum Ausdruck.
Bürger können sich demnächst kleine Tütchen mit Blumensamen abholen und bekommen Tipps von Mitarbeitern der Stadtgärtnerei zum Abbau von Schottergärten und zur fachgerechten Entsorgung des Schotters.

Gärtnermeister Jens Büchle erklärt und zeigt weiterhin, wie ein Garten angelegt und vorbereitet wird, in den im Frühjahr der Samen aus den Tütchen ausgesät werden kann. Eine bewährte Saatgut- Mischung unter anderem mit Kornblumen, Tagetes, Islandmohn und Ringelblumen ist laut Büchle in den Tütchen.
Mit der Aussage, dass man mit Schottergärten ein für allemal Unkraut und Arbeit los wäre, räumt der Gärtnermeister auf: „Die Folie oder das Unkrautvlies unter dem Schotter verhindert nicht, dass irgendwann trotzdem Unkraut kommt.“
Die Stadtverwaltung hofft auf rege Teilnahme. „Wir sollten gemeinsam versuchen, so viel Grün als möglich in unsere Stadt zu bringen und Schottergärten in blühende Blumenwiesen verwandeln, die Tieren Unterschlupf und Nahrung geben und kleine Bausteine für den Klimaschutz sind“, bekräftigt Petra Dorfmeister, erste Beigeordnete Waldshut-Tiengens.
Die Idee für die Aktion entstand im Zuge des Generationendialogs in der Waldshuter Stadthalle, bei dem Bürger auch Schottergärten als Thema ansprachen. Mit Silke Ostermann und Sabine Di Iorio werden an den beiden Samenausgabetagen auch Mitarbeiterinnen des städtischen Baurechtsamt vor Ort sein und Fragen beantworten.
Mittlerweile setzen sich viele Kommunen mit dem Reizthema Schottergärten auseinander. Ideen als Anreiz für den Abbau von Schottergärten werden auch anderswo umgesetzt bis hin zu mehr oder weniger restriktivem Vorgehen gegen die „Gärten des Grauens“ wie sie im Internet auch schon mal genannt werden.
Hier gibt es das Saatgut
Die Aktion in der Waldshuter Stadtgärtnerei findet am Donnerstag, 19. September, von 17 bis 20 Uhr und Freitag, 20. September, von 12 bis 15 Uhr statt. Es gibt kostenloses Saatgut und Informationen für den Umbau eines Schottergartens in eine Blumenwiese. Interessierte können ein Foto des eigenen Schottergartens mitbringen. Erfolgreiche Garten-Umgestalter (Bild-Nachweis) erhalten im Frühjahr ein kleines Geschenk.
Das sagen die Umweltverbände
Die Vorsitzenden des Nabu Waldshut-Tiengen und Umgebung und des BUND Waldshut-Tiengen betonen die negativen Auswirkungen von Schottergärten auf die Umwelt und das Kleinklima. Sie heben hervor, dass Schottergärten längst verboten seien und begrüßen Aktionen wie die kommende der Stadt.
„Schottergärten bedeuten unnötigen Lebensraumverlust für Insekten, Vögel, Amphibien, Reptilien, Igeln und andere Tiere. Mit naturnah gestalteten Gärten könnten wir dem Insekten- und Artensterben entgegenwirken“, sagt Yonca Thurner, Vorsitzende der BUND Waldshut-Tiengen. Sie hält es für richtig, erst einmal auf Information und Freiwilligkeit beim Rückbau von Schottergärten zu setzen, kann sich nach einer gewissen Übergangsfrist aber auch Bußgelder vorstellen.
Hauke Schneider (Nabu) nennt Schottergärten sterile, lebensfeindliche Flächen und kritisiert, dass meist Plastik im Untergrund verbaut werden würde, das zerfallen und Mikroplastik bilden würde. Schottergärten sind nach seiner Aussage nur anfangs pflegeleicht und steril: „Dann verkrauten sie und sind dann schwer wieder zurückzubauen“.
Beide Vorsitzenden heben außerdem die negativen Auswirkungen von Schottergärten auf das Kleinklima hervor. Die Steine würden sich extrem aufheizen und die Wärme speichern, so dass sie mit den Worten von Schneider, Wüstenklima erzeugen können.