Tübingen hat sie, Konstanz hat sie – nun könnte auch Waldshut-Tiengen sie bald bekommen: In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats stellten Freie Wähler und Grüne jeweils einen Antrag auf Einführung einer Verpackungssteuer für die Große Kreisstadt. Zuvor hatte sich bereits der Gurtweiler Ortschaftsrat für die Einführung einer solchen Sonderabgabe ausgesprochen.

Probleme durch Einwegmüll nehmen spürbar zu

Hintergrund für die Anträge ist die zunehmende Müllproblematik, die sich im gesamten Stadtgebiet bemerkbar mache, wie es Petra Thyen (Grüne) darstellte: „Verpackungsmüll von Take-away-Produkten ist in Waldshut-Tiengen ein sichtbares Problem. Die Nutzung ist unökologisch und ressourcenverschwendend.“

Auch Harald Würtenberger (FW) betont im Antrag seiner Fraktion, dass die Mitarbeiter des städtischen Baubetriebshofes „nahezu täglich“ den Müll der „Fastfood-Industrie“ einsammeln und auf Kosten der Stadt entsorgen müssten. Das sei nicht nur teuer und zeitaufwändig: „Dies entspricht in keiner Weise dem Verursacherprinzip, nach dem Müll zu entsorgen ist.“

Eine Steuer auf Einweggeschirr und -verpackungen, wie sie bereits in einigen anderen Städten eingeführt oder diskutiert wird, erscheine hier als geeignetes Mittel, Müll zu vermeiden. Darin sind sich Freie Wähler und Grüne in ihren Anträgen einig.

Sonderabgabe soll auch zum Umdenken animieren

Konkret sollen laut Vorstellung der Grünen Einwegartikel mit einer solchen Abgabe belegt werden, „die beim Verkauf von zum sofortigen Verzehr bestimmten Speisen und Getränken“ verwendet werden, wie sie Fast-Food-Restaurants und Imbisse anbieten. Der Verwaltung erteilen die Grünen den Auftrag, „zeitnah“ einen entsprechenden Satzungsentwurf vorzulegen.

Abgesehen davon fordert die Fraktion die Stadtverwaltung dazu auf, für die Gastronomie Anreize zum Umstieg auf Mehrweg-Artikel zu schaffen. Dies etwa durch die Unterstützung bei der Einrichtung eines flächendeckenden Pfand- und Rücknahmesystems, aber auch durch Sensibilisierung und Ermutigung der Verbraucher, auf wiederverwertbare Behältnisse umzusteigen.

Der Antrag der Freien Wähler wie auch des Gurtweiler Ortschaftsrats läuft inhaltlich auf dasselbe hinaus: Eine Verpackungssteuer nach Vorbild des Tübinger Modells soll dazu beitragen, das Müllproblem in Waldshut-Tiengen zu reduzieren. Die Stadt Tübingen ist Vorreiter in diesem Bereich.

Verpackungssteuer ist nicht unumstritten

Die Verpackungssteuer ist derzeit ein Thema, das in vielen Städten auf die Agenda der entscheidenden Gremien rückt, denn wild entsorgter Müll stellt eine zunehmende Herausforderung dar. Einweggeschirr und -besteck werden dabei als besonderer Faktor bei der Verschmutzung wahrgenommen. Diskutiert wird die Einführung einer solchen Abgabe derzeit auch in Schopfheim und Rheinfelden.

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Gleichwohl ist die Verpackungssteuer keineswegs unumstritten. Kritiker sehen in der zusätzlichen Abgabe eine Benachteiligung insbesondere von sozial schwächer gestellten Menschen. Denn die Steuer wird von den Anbietern der Take-away-Gerichte in der Regel auf die Produktpreise umgelegt, sodass diese teurer werden. Branchenverbände hingegen warnen vor allen Maßnahmen, die dazu beitragen könnten, die krisengeschüttelte Gastronomie weiter zu belasten.

Dem stehen die Vorteile gegenüber: Die Kommunen erzielen zusätzliche Einnahmen, anstatt für die Müllentsorgung bezahlen zu müssen. Im Fall von Tübingen konnten aus 700.000 Euro Kosten für die Entsorgung 800.000 Euro Mehreinnahmen gemacht werden. Dieses Geld kann für wichtige kommunale Aufgaben und Projekte genutzt werden.

Generell steht hinter der Verpackungssteuer aber die Hoffnung, ein generelles Umdenken bei den Bürgern herbeizuführen. Dies funktioniere in der Regel am effektivsten über den Geldbeutel, sagen Befürworter der Steuer.

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