Das musste man sich auf der Zunge zergehen lassen: die „Zuwegung zur Abtreppung“. Solche Glücksfälle der deutschen Sprache fallen selbst dem begnadetsten Satiriker nur alle Schaltjahre einmal ein. Nicht die geringste Mühe damit hatte im März vor 25 Jahren der aus Lörrach zur Gemeinderatssitzung in Waldshut angereiste Planer der Bahnsteige eines künftigen Bahnhalts beim Waldshuter Viehmarktplatz.
Ja – was lange währt, ist auch 25 Jahre später noch nicht gut. Denn der „Waldshut West“ genannte Mini-Bahnhalt mit zwei Bahnsteigen sollte schon längst gebaut sein, ist über das Planungsstadium aber auch heute immer noch nicht hinausgekommen. Vor allem Berufspendler mit dem Arbeitsplatz im benachbarten Landratsamt oder im Klinikum Hochrhein und in den Büros oder Geschäften der Innenstadt warten auch im Jahr 2021 weiterhin auf diese praktische Haltestelle.
Als deren Planer in der Gemeinderatssitzung 1996 den Entwurf präsentierte, zauberte er die rätselhaft schönen Umschreibungen für so banale Dinge wie Zugang und treppenartig aus dem Hut. Worauf die Ratsrunde nach anfänglicher Verwirrung („hä?“, „was ist los?“, „was meint der eigentlich?“) sich dazu entschloss, das unverhoffte Geschenk einer Kabarett-Einlage zu genießen. Gelächter und Witzchen lockerten die grauen Zellen, die kurz zuvor durch Architekten strapaziert worden waren, die der Ratsrunde Pläne für die Erweiterung des Gymnasiums in Tiengen erläutert hatten.
Doch erst der Mann vom Lörracher Planungsbüro zelebrierte mit „Zuwegung“ und „Abtreppung“ die hohe Schule planerischen Kauderwelschs. Womit nichts über die Qualität seiner Planung gesagt sein soll. Allerdings: Wenn die so gut ist wie der Unterhaltungswert der sprachlichen Präsentation, dann bekommt Waldshut einmal einen sehr schönen Bahnhalt beim Viehmarktplatz.
Bis dahin ist es allerdings noch eine Weile. Jetzt soll es mit dem Bahnhaltbau im Rahmen der zwischen 2025 und 2027 geplanten Elektrifizierung der Hochrheinstrecke endlich klappen. Dann fahren die Züge schneller, weitere Haltepunkte werden möglich.